rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldbescheid als Steuervergütungsbescheid; Inhalt eines Kindergeldaufhebungsbescheids; nachträgliches Bekanntwerden von Tatsachen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bescheide über die Festsetzung von Kindergeld nach den einkommensteuerrechtlichen Regelungen für die Zeit ab Januar 1996 sind Steuervergütungsbescheide, auf deren Erlasss und deren Aufhebung, soweit nicht in § 70 EStG etwas anderes geregelt ist, die Vorschriften der AO anzuwenden sind.

2. Nach § 70 Abs. 2 EStG ist die Kindergeldfestsetzung aufzuheben "soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten". Die Regelung erfasst nur "Änderungen" in den "Verhältnissen", die nach der "letzten Festsetzung" eingetreten sind.

3. Ein Verwaltungsakt (hier: Kindergeldaufhebungsbescheid), durch den ein anderer Verwaltungsakt aufgehoben oder geändert wird, muss den aufgehobenen oder geänderten Verwaltungsakt im Interesse der Rechtsklarheit bezeichnen.

4. Tatsachen, die bei Erlass des Bescheids aus den Akten ersichtlich sind, werden - auch wenn der Sachberarbeiter dieseTatsache sich nicht bewusst macht - nicht im Sinne von § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nachträglich bekannt gemacht, wenn sie oder ihre Bedeutung erst nachträglich bekannt werden (vgl. BFH-Urteil vom 6.12.1994 IX R 11/91, BStBl II 1995, 192).

 

Normenkette

EStG § 70 Abs. 2, § 31 S. 3, § 64 Abs. 2; AO 1977 § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 155 Abs. 6, 1, §§ 118, 157 Abs. 1

 

Tatbestand

Aus der mit Wirkung vom … Februar 1996 geschiedenen Ehe der Klägerin (KGA 39) sind eine am … Februar 1976 geborene Tochter und ein am … Dezember 1980 geborener Sohn hervorgegangen. Beide Kinder lebten nach der Trennung der Eheleute bei der Klägerin.

Die Klägerin bezog außer den Unterhaltsleistungen des (geschiedenen) Ehemannes seit Oktober 1995 und im gesamten Streitzeitraum Leistungen nach dem BAföG (KGA 34, 91 R), was sie seit dem 18. Dezember 1995 durch Vorlage der Bewilligungsbescheide nachgewiesen hatte (KGA 29, 34).

Der geschiedene Ehemann der Klägerin erklärte in notarieller Urkunde vom 7. Februar 1996 (KGA 58) u. a. der Tochter „einen monatlichen Unterhalt in Höhe von DM 760,00…. seit dem 1. März 1996 – zahlbar zu Händen der Klägerin – zu schulden”.

Der Beklagte hatte mit „Kindergeld-Bewilligungs-/Änderungsverfügung/Kassenanordnung” vom 31. Januar 1996 unter Anordnung einer Nachzahlung für die Tochter für Januar 1996 Kindergeld in gesetzlicher Höhe ab Februar 1996 festgesetzt (KGA 38).

Die Klägerin schrieb dem Beklagten unter dem 29. Mai 1996 (KGA 50) u. a. wie folgt:

„hiermit teile ich Ihnen mit, daß meine Tochter … die Schulausbildung mit dem Abitur abgeschlossen hat. Der Nachweis dafür kann noch nicht erbracht werden, da das Zeugnis erst Ende Juni ausgehändigt wird. Sobald mir das Zeugnis vorliegt, werde ich es Ihnen in Kopie übersenden.

… beabsichtigt zum Herbstsemester 96 ein Studium aufzunehmen, sofern sie einen Studienplatz bekommt. Auch hierüber kann zur Zeit noch kein Nachweis erbracht werden. Sobald die Einschreibung erfolgt ist und … die Mitteilung der Universität erhalten hat, werde ich Sie darüber unterrichten.

Bis dahin bitte ich um Weiterzahlung des Kindergeldes, da ich mir aus finanziellen Gründen keine Unterbrechung leisten kann.”

Der Beklagte schrieb der Klägerin unter dem 10. Juni 1996 (KGA 51) u. a.:

„nach Ihren Angaben beabsichtigte Ihr Kind, seine Ausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt fortzusetzen. Kindergeld bzw. Kindergeldzuschlag ist daher bis einschließlich Monat Oktober 1996 bewilligt worden.”

Mit gleichem Schreiben fordert der Beklagte die Klägerin auf, zur Prüfung der Voraussetzungen „über den genannten Monat hinaus” Nachweise zu erbringen und verfügte am 12. Juni 1996 (KGA 52) die Zahlung des Kindergeldes für die Tochter bis Oktober 1996.

Die Tochter zog aus dem Haushalt im Juni 1996 in eine „eigene” Wohnung um (KGA 87). Die Klägerin, die ausweislich der Akten (z. B. KGA 51) in der L.-Straße wohnt, gab in der „Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes”, die am 11. Oktober 1996 beim Beklagten einging (KGA 57), zu den Positionen

Mein Kind wohnt

□ in meinem Haushalt

□ in

an, daß die Tochter in der G.-H.-Straße wohnte und kreuzte das zweite Feld an. Zugleich legte sie das erwähnte (Unterhalts-)Schuldanerkenntnis ihres geschiedenen Ehemanns vom 9. Februar 1996 vor (KGA 58).

Der Beklagte verfügte daraufhin am 21. Oktober 1996 die Zahlung des Kindergeldes für die Tochter bis März 2001 (KGA 61).

Nachdem die Klägerin mit am 9. April 1999 eingegangener „Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes” erneut die Unterhaltszahlung des Vaters in Höhe von monatlich 660 DM bis voraussichtlich 2002 erklärt hatte (KGA 72) und weitere Nachweise erbracht hatte, forderte der Beklagte sie auf mitzuteilen, ob die Tochter noch in ihrem Haushalt lebe (KGA 75). Nachdem die Klägerin mit am 26. April 1999 eingegangenem Schreiben vom 23. April mitgeteilt hatte, daß die Tochter seit Juni 19...

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