rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Technische Produktion zu Livekonzerten nicht künstlerisch oder einer künstlerischen Darbietung ähnlich. Anforderungen an mit künstlerischer Darbietung i. S. d. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d und § 50a Abs. 4 Nr. 1 EStG 1998 „zusammenhängende Leistungen”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Unter einer „künstlerischen Darbietung” i. S. v. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1998 ist das Präsentieren eines eigenen oder fremden Werks zu verstehen, wobei der Darbietung als solcher –unabhängig vom Kunstwert des dargebotenen Werks– eine eigenschöpferische Leistung zugrunde liegen muss. Auch für eine der künstlerischen „ähnliche” Darbietung bedarf es jedenfalls einer gewissen eigenschöpferischen Leistung. Übernimmt ein Unternehmen die technische Ausgestaltung für Livekonzerte einer Musikgruppe, ist diese Tätigkeit weder künstlerisch noch einer künstlerischen Darbeitung ähnlich, wenn das Unternehmen hinsichtlich der konzertbegleitenden optischen und akustischen Effekte „Bühnenshow”) nicht frei in der Gestaltung, sondern unmittelbar an das von der Musikgruppe entwickelte Aufführungskonzept gebunden ist und damit lediglich die technische Umsetzung der von einem anderen eigenschöpferisch entwickelten Darbietung übernimmt. Die bloße technische Umsetzung reicht für sich allein jedoch nicht aus, um der Leistung einen eigenständigen künstlerischen Charakter zu verleihen.

2. Die Annahme von mit einer künstlerischen Darbietung i. S. v. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG „zusammenhängenden Leistungen” setzt neben dem sachlichen auch einen personellen Zusammenhang voraus. Danach müssen beide Leistungen von demselben Anbieter „aus einer Hand” erbracht werden; der personelle Zusammenhang ist nicht gegeben, wenn die Nebenleistung (hier: technische Produktion von Livekonzerten) nicht von den Musikern, sondern von einem gegenüber dem Künstlern (hier: Musikgruppe) „unabhängigen Dritten” erbracht wird. Es bleibt offen, ob die Identität der Anbieter von Haupt- und Nebenleistung sich allein nach formalrechtlichen Gesichtspunkten beurteilt oder ob und gegebenenfalls inwieweit sie sich darüber hinaus auch aus einer „wirtschaftlichen Betrachtungsweise” ergeben kann. Ein rechnerischer Zusammenhang, eine gemeinsame Abrechnung oder ein gesamtvertraglicher Zusammenhang zwischen Haupt- und Nebenleistung sind grundsätzlich kein geeignetes Kriterium für die Frage des „personellen Zusammenhangs”.

 

Normenkette

EStG 1998 § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d, § 50a Abs. 4 S. 1 Nr. 1; EStDV § 73e

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.11.2011; Aktenzeichen I R 65/10)

BFH (Urteil vom 16.11.2011; Aktenzeichen I R 65/10)

 

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, die für das zweite Quartal 1998 angemeldete und zwischenzeitlich abgeführte Körperschaftsteuer abweichend von der Steueranmeldung vom 10. Juli 1998 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01. Dezember 1998 in Höhe von 1.522.351,09 DM an die Klägerin zu erstatten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Beschluss:

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin eine an eine ausländische Gesellschaft gezahlte Leistungsvergütung dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung (nachstehend: „EStG a.F.”) zu unterwerfen hatte.

Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige, als Konzertveranstalter tätige Kapitalgesellschaft. Zwischen Mai und August 1998 veranstaltete sie in verschiedenen deutschen Städten insgesamt acht Konzerte der Rockmusikgruppe „B”. Zu diesem Zweck schloss die Klägerin einen Vertrag mit der Künstlergesellschaft der „B”, der … (nachfolgend: „RST”), einer in den U.S.A. ansässigen Gesellschaft, über den Auftritt der „B” ab. Des Weiteren schloss die Klägerin mit der ebenfalls in den U.S.A. ansässigen … (nachfolgend: „PP”) einen „Vertrag über die Bereitstellung von technischen Materialien und Dienstleistungen” ab, der die Verpflichtung der PP begründete, die für die Durchführung der Konzerte erforderlichen technischen Leistungen bereit zu stellen; dies betraf insbesondere den Bühnenaufbau, das Beleuchtungssystem, das Mikrophon- und Lautsprechersystem sowie zahlreiche musikbegleitende Lichteffekte und ein Feuerwerk.

Die von der Klägerin veranstalteten Konzerte waren der in Deutschland stattfindende Teil der weltweiten „B … Tour”. Zur Durchführung dieser Welttournee hatten zuvor RST und PP sowie eine aus mehreren Gesellschaften bestehende, nachstehend zusammenfassend als „TNA” bezeichnete Gruppe in einem am 20. Mai 1997 geschlossenen Vertra...

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