Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Berücksichtigung verlorener Gesellschafterdarlehen als Anschaffungskosten nach Wegfall des Eigenkapitalersatzrechts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach Inkrafttreten des MoMiG sind verlorene Gesellschafterdarlehen nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung i. S. d. § 17 EStG zu berücksichtigen.

2. Der Auffassung des BFH, dass bis zur Veröffentlichung seines Urteils vom 11.7.2017 (Az.: IX R 36/15) die frühere steuerrechtliche Rechtslage aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin anzuwenden sei, ist nicht zu folgen.

3. Der BFH ist mit seinem Urteil vom 11.7.2017 (Az.: IX R 36/15) nicht von einer langjährigen ständigen Rechtsprechung abgewichen. Vielmehr unterscheiden sich die gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Rechtslage vor und nach Inkrafttreten des MoMiG wesentlich. Insbesondere sind die Vorschriften des Eigenkapitalersatzrechts gänzlich weggefallen, wodurch die bisherige steuerliche Rechtsprechung, die an das Eigenkapitalersatzrecht angeknüpft hatte, von selbst obsolet wurde.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 4; GmbHG § 32a; MoMiG; InsO § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135; AO § 176; GG Art. 20 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.12.2019; Aktenzeichen IX R 1/19)

BFH (Urteil vom 10.12.2019; Aktenzeichen IX R 1/19)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Krisenbestimmtheit eines Gesellschafterdarlehens bei Insolvenz der GmbH (Streitjahr: 2014, mutmaßlicher Kriseneintritt: Dezember 2012).

I.

Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der C. GmbH und veräußerte ihre Anteile mit notariellem Vertrag vom 15.08.2014. Ein Kaufpreis wurde letztlich weder vereinbart noch entrichtet (FG-A Bl. 79 zu Nr. 1) im Hinblick auf die Überschuldung der veräußerten Gesellschaft. Ein am 06.11.2014 beim Insolvenzgericht durch einen (fremden dritten) Gläubiger gestellter Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der C. GmbH wurde mit Beschluss vom 17.04.2015 mangels Masse abgewiesen.

Die Klägerin hatte der GmbH schon im Jahr 2008 Darlehen in erheblicher Höhe gegeben. Details der Darlehensgewährung und deren Hintergründe sind im Einzelnen zwischen den Beteiligten streitig.

II.

Mit ESt-Bescheid für 2014 vom 09.06.2017 hat das beklagte Finanzamt – FA – den Verlust des Stammkapitals unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens mindernd berücksichtigt (60 % von 50.000 EUR = 30.000 EUR), nicht jedoch den Verlust der gewährten Darlehen.

Der Einspruch vom 28.06.2017 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 14.11.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Das Darlehen sei weder in der Krise gewährt worden noch krisenbestimmt gewesen. Es sei zwar bei Eintritt der Krise stehengelassen worden, zu diesem Zeitpunkt habe sein Teilwert jedoch bereits 0 EUR betragen.

III.

Mit ihrer Klage vom 24.11.2017 machen die Kläger geltend, es sei krisenbestimmt gewesen und im Übrigen habe es bei Eintritt der Krise noch vollen Wert gehabt. Die Krise habe im Dezember 2012 begonnen, die Insolvenzlage sei jedoch erst im Sommer 2014 eingetreten. Dazwischen sei der Wert des Darlehens sukzessive gesunken.

Die Kläger beantragen (FG-A Bl. 77),

den ESt-Bescheid 2014 vom 09.06.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.11.2017 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb als Veräußerungsverlust der Ehefrau statt 30.000 EUR nunmehr 319.689 EUR zugrunde gelegt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA wiederholt und vertieft die Erwägungen aus seiner Einspruchsentscheidung. IV.

Die ESt-Akten Bd. 6, angelegt 2014, des beklagten FA für die Kläger sowie die Bilanzakte Bd. 1 ab 2008 des FA D. für die GmbH lagen vor.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Im Streitjahr stellten verlorene Gesellschafterdarlehen keine nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung (§ 17 EStG) mehr dar, weil entgegen der Ansicht des Bundesfinanzhofs – BFH – das alte Recht nicht übergangsweise anzuwenden war. Es bedarf daher keiner Aufklärung und Feststellung, ob die Darlehen von vornherein krisenbestimmt waren, ggf. wann die Krise genau eingetreten ist und welchen Teilwert die Darlehensforderungen bei Kriseneintritt hatten.

I.1.

Der Senat hat in seinem Urteil vom 18.04.2018 3 K 3138/15, EFG 2018, 1366, Juris Rn. 86-91, 93, 117-140, Revision anhängig beim BFH (IX R 13/18), u. a. ausgeführt:

„Nach Inkrafttreten des MoMiG sind verlorene Gesellschafterdarlehen nicht mehr als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Der Senat schließt sich insoweit dem BFH an (Urteil vom 11.07.2017 IX R 36/15, DStR 2017, 2098, Juris Rn. 14 ff, insbesondere Rn. 39).

Denn Grundlage für die frühere steuerrechtliche Rechtsprechung war das sog. Eigenkapitalersatzrecht (v...

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