Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsrahmen nach § 351 Abs. 1 AO und Korrekturrahmen nach § 177 AO bei Ergehen von mehreren Änderungsbescheiden unter Berücksichtigung von jeweils mehreren, teilweise verjährten Feststellungsbescheiden. Einkommensteuer 1985

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wurden mehrere Feststellungsbescheide in einem Einkommensteuer-Änderungsbescheid ausgewertet, stellt dieser kein Bündel von zusammengefassten Folgeänderungsbescheiden dar. Dementsprechend bestimmt sich der Änderungsrahmen des § 351 Abs. 1 AO nach der Höhe der in dem Änderungsbescheid insgesamt festgesetzten Einkommensteuer und nicht nur nach der Höhe der auf die gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen anteilig entfallenden Einkommensteuer.

2. Wird ein bereits mehrfach geänderter Änderungsbescheid erneut geändert und hiergegen Klage erhoben, wird die Anfechtungsbeschränkung des § 351 Abs. 1 AO, die vom vorletzten Änderungsbescheid ausgeht, nicht dadurch beseitigt, dass die damalige Änderung unzulässig war (hier: wegen Festsetzungsverjährung).

3. Zur Korrektur von materiellen Fehlern bzw. zum Korrekturrahmen nach § 177 AO, wenn in mehreren Änderungsbescheiden jeweils mehrere Feststellungsbescheide, für die zum Teil bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist, ausgewertet worden sind.

 

Normenkette

AO § 351 Abs. 1, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 S. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 177 Abs. 1-3, § 171 Abs. 10, § 367 Abs. 2; FGO § 40 Abs. 2, § 42

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.02.2007; Aktenzeichen I R 51/04)

BFH (Beschluss vom 08.02.2007; Aktenzeichen I R 51/04)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die für eine Vielzahl von inländischen und ausländischen Personengesellschaften, an denen der Kläger im Streitjahr 1985 unmittelbar oder mittelbar beteiligt war, ergangenen Bescheide über die gesonderte und einheitlich Feststellung der Einkünfte, deren Änderung oder Aufhebung (im Folgenden einheitlich „Feststellungsbescheide” genannt) bei der Einkommensteuerfestsetzung 1985 hinsichtlich der auf den Kläger entfallenden Einkünfteanteile zutreffend ausgewertet wurden.

1) Der Kläger war 1985 u.a. an folgenden Personengesellschaften und Untergesellschaften unmittelbar oder mittelbar beteiligt:

  1. (WGW)
  2. (KVG) mit den Untergesellschaften (RiSy), (KG) und K (KBauprodukte)
  3. (KRC)
  4. (KFG USA)
  5. (Dispo Fonds)
  6. (Gypsum)
  7. (IFA)
  8. (KE Österreich)
  9. (KE UdSSR)
  10. (SFF USA).

Die für diese Gesellschaften ergangenen Feststellungsbescheide wurden als Grundlagenbescheide vom beklagten Finanzamt (FA) bei der Veranlagung zur Einkommensteuer (ESt) 1985 in der ursprünglichen Steuerfestsetzung und in verschiedenen nachfolgenden ESt- Änderungsbescheiden (Folgebescheiden) ausgewertet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 21. Februar 2000 und 16. Februar 2004 mit Darstellung der Beteiligungsverhältnisse, der für die einzelnen Gesellschaften ergangenen Feststellungsbescheide und der gegen den Kläger erlassenen ESt-Folgebescheide verwiesen.

Die letzte bestandskräftige Auswertung findet sich im Folgebescheid vom 5. Februar 1992. Der Bescheid setzt ESt i.H.v. 1.585.148 DM gegen den Kläger fest.

Nach Eingang von Mitteilungen der Betriebsfinanzämter der Gesellschaften über verschiedene zwischenzeitlich vorliegende Feststellungsbescheide mit den Kläger belastenden oder begünstigenden Feststellungen von Einkünfteanteilen änderte das FA den Folgebescheid vom 5. Februar 1992 mit Bescheid vom 28. Dezember 1995 entsprechend ab und ermäßigte die ESt auf 1.223.490,40 DM.

Im hiergegen eingelegten Einspruch wies der Kläger darauf hin, dass bei der Umsetzung der Feststellungsbescheide bezüglich der WGW und der KFG USA der zwischenzeitliche Eintritt der Festsetzungsverjährung (Ablauf der Umsetzungsfrist von damals einem Jahr nach § 171 Abs. 10 AbgabenordnungAO –) übersehen worden sei. Zugleich begrenzte er den Einspruch, indem er ausdrücklich nur die genannten beiden ihn belastenden Umsetzungen, nicht auch die übrigen, insbesondere die ihn begünstigenden Änderungen im angefochtenen Bescheid angriff (vgl. die vom Kläger mehrfach vorgelegte tabellarische Übersicht).

Im Einspruchsverfahren wies das FA den Kläger mit Schreiben vom 13. März 1996 „auf die Möglichkeit der Verböserung nach § 367 II AO” hin.

In der Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 1997 bestätigte das FA den Eintritt der Festsetzungsverjährung und damit die Rechtswidrigkeit des Änderungsbescheids vom 28. Dezember 1995 nicht nur bezüglich der WGW und der KFG USA, sondern bezüglich aller im angefochtenen Änderungsbescheid ausgewerteten Grundlagenbescheide. Aufgrund der Teilanfechtung des Bescheids bzw. aufgrund der dadurch im Übrigen eingetretenen (Teil-)Bestandskraft sah sich das FA indessen daran gehindert, den Bescheid insgesamt aufzuheben. Es änderte aber auch bezüglich der den Kläger begünstigenden, nicht angegriffenen Auswertungen der Grundlagenbescheide den Bescheid vom 28. Dezember ...

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