Entscheidungsstichwort (Thema)

Beendigung einer unsatzsteuerechtlichen Organschaft im Falle der Anordnung der Zwangsverwaltung eines Grundstücks

 

Leitsatz (redaktionell)

Übt ein Organträger neben der Verpachtung eines Grundstücks an die Organgesellschaft keine weitere Tätigkeit aus, wird mit der Anordnung der Zwangsverwaltung und der Zwangsversteigerung hinsichtlich des verpachteten Grundstücks die umsatzsteuerrechtliche Organschaft beendet. Da der Organträger bezüglich des der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundbesitzes nicht mehr in der Lage ist, unternehmerische Entscheidungen zu treffen, ist die organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmer des Organträgers dann jedenfalls nicht mehr gegeben.

 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; ZVG § 20 Abs. 1, § 146 Abs. 1, § 150 Abs. 2, § 152

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.01.2009; Aktenzeichen V R 67/07)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids vom 16. März 2004 wird die Umsatzsteuer für 1999 auf 0 DM festgesetzt.

2. Das beklagte Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, darf sie nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann das Finanzamt die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des festgesetzten Erstattungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist in erster Linie, ob eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft bei einem Verpachtungsunternehmen aufgrund der auf das verpachtete Grundstück bezogenen Anordnung der Zwangsverwaltung beendet wurde.

Der Kläger war in den 90er Jahren in unterschiedlicher Weise unternehmerisch tätig. Als Einzelunternehmer hatte er den Handel und Versand von Büchern betrieben; diesen Teil seiner unternehmerischen Betätigung hat er zum 30. September 1997 aufgegeben.

Im Jahr 1992 hat er das im Grundbuch von XY Nr. … verzeichnete und auf der Gemarkung Y belegene – vorliegend streitbefangene – Grundstück Flurst.-Nr. …/5 (Anschrift P. 17) mit einer Fläche von 3.270 qm erworben. Das Grundstück ist mit einer 1982 errichteten und 1990 durch einen Anbau erweiterten Industriehalle bebaut, die auch einen Bürotrakt umfasst. Die Gebäude weisen folgende Produktions- und andere Nutzflächen auf:

Halle Bauteil 1 (1982)

545,68 qm

Halle Bauteil 2 (1990)

422,11 qm

Bürotrakt (1982)

auf 2 Etagen mit insgesamt 7 Büroräumen, einem Besprechungsraum, Telefonzentrale, Archivflächen/Registratur und Sozialräumen

273.42 qm

gesamte Produktions-, Büro und andere Nutzflächen

1.241,21qm

Weitere Einzelheiten zur Lage des Grundstücks sowie Bauweise und Zustand der Baulichkeiten ergeben sich aus dem Verkehrswertgutachten des Dipl. Bau-Ing. (FH) R vom 09.04.1998, das als Anlage K 1 zur Klagebegründung vom 27.08.2003 mit Plänen und Berechnungen in Kopie vorgelegt worden ist und auf das verwiesen wird. Zur Finanzierung des Erwerbs der Immobilie hatte der Kläger im Jahr 1992 ein Darlehen in Höhe von 1,2 Mio. DM bei der Bank, (nachfolgend Bank) aufgenommen und der Darlehensgeberin zur Sicherung ihrer Ansprüche eine Grundschuld in dieser Höhe bestellt.

Der Kläger hat dieses Grundstück zunächst an fremde Unternehmen und es nach Kündigung dieser Mietverhältnisse ab dem 01. September 1994 auf unbestimmte Zeit insgesamt an die seinerzeit noch in Gründung befindliche Fa. Tech GmbH, (nachfolgend Tech GmbH) vermietet; die Miete wurde mit monatlich 10.000 DM zuzüglich Umsatzsteuer (i.H.v. 15 % = 1.500 DM) vereinbart. Die Tech GmbH war vom Kläger als Alleingesellschafter im September 2003 mit einem Stammkapital von 50.000 DM gegründet und am 24.10.1994 unter HRB xxx ins Handelsregister beim Amtsgericht (AG) Z eingetragen worden; einziger Geschäftsführer der Tech GmbH war von Beginn an der Kläger. Die GmbH unterhielt nur auf dem streitbefangenen Grundstück eine Betriebsstätte, auf dem sie produzierte und von dem aus sie ihr gesamtes Gewerbe betrieb. Das Mietverhältnis bestand bis im Sommer 1999.

Der Kläger war auch alleiniger (Gründungs-)Gesellschafter und Geschäftsführer der Ende des Jahres 1989 mit einem Stammkapital in Höhe von ebenfalls 50.000 DM errichteten A GmbH, deren Gegenstand verschiedene, in § 2 des Gesellschaftsvertrags näher bezeichnete Sparten der Unternehmensberatung umfasste und die unter HRB 700 im Handelsregister beim AG Z eingetragen ist. Mitte des Jahres 1996 zog auch diese GmbH in die Räumlichkeiten im Objekt P. 17 in XY um und nutzte von da an zwei Räume des Bürotrakts; eine vertragliche Vereinbarung wurde hierüber nicht geschlossen, Zahlungen für die Nutzungsüberlassung wurden seitens der A GmbH nicht geleistet.

In den Jahren bis Ende 1997 haben sich – mitbedingt durch die wirtschaftliche Entwicklung der Tech GmbH und der A GmbH – die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers verschlechtert und bei ihm...

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