Entscheidungsstichwort (Thema)

Beteiligung an der Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren. Einfuhrumsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vorschriftswidriges Verbringen ist nur ein Verbringen unter Verstoß gegen Beförderungspflichten oder Gestellungspflichten. Die Nennung nur dieser Verfehlungen in der Vorschrift ohne Kenntlichmachung als Beispielsfalle schließt es aus, dass auch andere und andersartige Verfehlungen ein vorschriftswidriges Verbringen im Sinne des Art. 202 Abs. 1 Unterabs. 1 ZK sein können.

2. Zollamtliche Überwachung tritt erst im Zeitpunkt des Verbringens der Ware ins Zollgebiet der Gemeinschaft ein. Handlungen vor Beginn der zollamtlichen Überwachung lösen keine Zollschuld nach Art. 203 ZK aus.

3. Maßgeblich für die Entstehung einer Zollschuld wegen Beteiligung an Entziehungshandlungen anderer Personen ist die Förderung der konkreten Entziehungshandlung und die hierauf bezogen konkrete Beteiligung. Eine bloß nachträgliche Beteiligung (hier durch pflichtwidrigen Gestellungsvermerk und rechtswidrige und pflichtwidrige Annahme einer unrichtigen Zollanmeldung) mag die bereits vollendete Entziehung verdecken, kann sie aber nicht mehr fördern.

4. Eine bereits durch Entziehung entstandene Abgabenschuld kann nicht durch Abgabe einer unrichtigen Zollanmeldung erneut entstehen.

 

Normenkette

ZK Art. 203 Abs. 3, Art. 202 Abs. 2b UAbs. 2, Abs. 1 UAbs. 1, Art. 37 Abs. 1; EWGV 2913/92 Art. 203 Abs. 3, Art. 202 Abs. 2b UAbs. 2, Art. 202 abs. 1 UAbs. 1, Art. 37 Abs. 1

 

Tenor

1. Der Steuerbescheid vom 31. August 1998 STB/1 … in der Fassung der Steueränderungsbescheide vom 29. September 1998 STÄ … und vom 3. März 1999 STÄ … sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 1999 RL148/98 B-F werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der dem Kläger zu erstattenden Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger wegen Beteiligung an der Entziehung von Waren aus der zollamtlichen Überwachung im externen gemeinschaftlichen Versandverfahren Schuldner der Einfuhrabgaben wurde.

Der Kläger war im Jahre 1995 bereits seit vielen Jahren als Abfertigungsbeamter Einfuhr beim Zollamt … (ZA) des beklagten Hauptzollamts (HZA) tätig. Er stand in Verbindung mit Herrn K. (K), der sich mit dem Import, Export und Handel von Fleischwaren befasste.

Am 12. Mai 1995 ließ K unter Vortage von Veterinärzeugnisses mit dem Vermerk „NON-EEC” bei einem Zollamt in Rotterdam das externe gemeinschaftliche Versandverfahren T 1 Nr. 2501050 für 315 Kartons Rinderzungen (5.181 kg brutto) und 1663 Kartons Rindfleisch (20.863 kg brutto) aus dem Freihafen Rotterdam eröffnen. Als Hauptverpflichteter trat K auf. Bestimmungsstelle sollte das ZA sein.

Die Sendung wurde der Bestimmungsstelle nicht gestellt, sondern nach M. transportiert und dort ohne zollamtliche Beteiligung entladen. Dem ZA wurde lediglich der Versandschein vorgelegt und dort am 15. Mai 1995 unter GB-Nr. registriert.

Am 26. Mai 1995 legte K beim ZA eine Zollanmeldung zur Abfertigung zum freien Verkehr vor, wonach er die Waren einheitlich als gefrorene Rinderzungen anmeldete.

Der Kläger nahm die Zollanmeldung trotz des „NON-EEC”-Vermerks in den Veterinärzeugnissen und der fehlenden Übereinstimmung der Warenbezeichnung mit den Vorpapieren an; auf dem Zusatzblatt zum Einheitspapier für die Überführung von Waren in den freien Verkehr stellte er unter Bezugnahme auf den GB-Beleg Nr. … fest, die Ware sei am 15. Mai 1995 gestellt und die Zollanmeldung am 26. Mai 1995 „O.B.” (ohne Befund) angenommen worden. Übereinstimmung mit dem Vorpapier – Versandschein T 1 – sei gegeben. Nach der im Zusatzblatt auf der Basis von Rinderzungen sodann vorgenommenen Abgabenberechnung fügte der Kläger seine Unterschrift an.

Nach Bekanntwerden dieser Vorgänge gelangte das HZA zu der Auffassung, der Kläger habe entgegen Art. 63 Zollkodex (ZK) sowie der Dienstvorschrift VSF Z 0701 Abs. 13 die Zollanmeldung angenommen, obwohl die Waren nicht gestellt worden seien und darüber hinaus fälschlicherweise die Übereinstimmung der angemeldeten Waren mit den in den Vorpapieren erfassten Waren bestätigt. Er habe deshalb die Zollanmeldung nicht annehmen dürfen. Aufgrund der Entladung der Waren in M. seien sie der zollamtlichen Überwachung entzogen worden, wodurch Abgabenschulden gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK entstanden seien. Der Kläger habe sich aufgrund der von ihm zu Unrecht abgegebenen Gestellungsbestätigung sowie der falschen Beurkundung der Warenübereinstimmung an der Entziehung der Waren aus der zollamtlichen Überwachung beteiligt. Er sei deshalb Abgabenschuldner nach Art. 203 Abs. 3 2. Anstrich ZK, § 1 Abschöpfungserhebungsgesetz und § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz geworden.

Mit Steuerbescheid vom 31. Au...

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