Tz. 325

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Gem § 291 Abs 1 AktG ist der GAV ein Unternehmensvertrag, durch den sich eine SE, eine AG bzw eine KGaA verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen (beliebiger Rechtsform) abzuführen. Während eine OG in der Rechtsform einer AG beim Abschluss eines Unternehmensvertrags zwingend die strengen Satzungsregelungen des AktG beachten muss, kann nach hM (Nachw s Priester, GmbHR 2020, 575) bei einer GmbH als OG mit einem Alleingesellschafter der Unternehmensvertrag durch entspr Bestimmungen in der Satzung ersetzt werden. Bei einer GmbH mit mehreren Gesellschaftern hingegen ist ein Unternehmensvertrag erforderlich. Für stliche Zwecke reichen bloße Satzungsregelungen keinesfalls aus. Auch für eine OG in der Rechtsform der GmbH fordert § 17 KStG zwingend den Abschluss eines GAV und dessen Durchführung (s § 17 KStG Tz 9ff). Auch ein Geschäftsführungsvertrag iSd § 291 Abs 1 S 2 AktG gilt als GAV (s Tz 313). In der Praxis wird der GAV häufig mit einem Beherrschungsvertrag verbunden, dessen es seit dem Wegfall des Erfordernisses der organisatorischen Eingliederung für ertragstliche Zwecke allerdings nicht mehr bedarf.

Seinem Wesen nach ist der GAV kein schuldrechtlicher Vertrag, sondern ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag mit satzungsgleicher Wirkung (s Urt des BGH v 14.12.1987, NJW 1988, 1326, und v 24.10.1988, BGHZ 105, 324; DB 1988, 2623). Weiter s Tz 345.

Wegen der Frage, ob und inwieweit ein GAV auslegungsfähig ist, s Tz 584. Diese Frage spielt insbes dann eine Rolle, wenn der Vertragswortlaut, zB durch ein schreibtechnisches Versehen, nicht die von den Vertragsparteien gewollte fünfjährige Mindestlaufzeit wiedergibt.

 

Tz. 326

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen kann ein GAV auch unter Überspringen von Beteiligungsstufen zB zwischen einer EG und der MG abgeschlossen werden. Dafür bedarf es der Zustimmung der TG, die wegen der finanziellen Eingliederung über die Mehrheit der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung der EG verfügen muss (s Tz 263ff); aA s Urt des LG Ddf v 13.01.2004 (DK 2004, 693).

Wegen der Frage, ob die Begr einer mittelbaren Organschaft zur Annahme einer vGA führt, s Tz 753.

 

Tz. 327

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Wegen der Frage, wie ein zwischen SchwGes abgeschlossener GAV zu behandeln ist, s Tz 314; dort auch wegen der Frage, ob mit einer Tochter-PersGes ein GAV abgeschlossen werden kann.

 

Tz. 328

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Hr-lich sind die Anforderungen des § 291 Abs 1 AktG an das herrschende Unternehmen als Partner eines GAV gering. Das AktG fordert lediglich die Unternehmenseigenschaft; vergleichbar fordert § 14 Abs 1 S 1 KStG ein gew Unternehmen. Ein GAV, der von einem herrschenden Unternehmen abgeschlossen worden ist, das nicht Unternehmen iSd § 291 Abs 1 AktG ist, ist nichtig (s Frotscher, in F/D, § 14 KStG Rn 293). Die hr-liche Problematik ähnelt den stlichen Problemen, die sich früher bei der inzwischen gestrichenen ges Organschaftsvoraussetzung der wirtsch Eingliederung ergeben haben. Nach verschiedentlich vertretener Auff fehlt es insbes bei einer Holdinggesellschaft, die nur verwaltende Tätigkeiten ausübt und nur eine einzige Beteiligung hält, an einer unternehmerischen Beteiligung. Problematisch kann bei Zugrundelegung dieser Auff der Abschluss eines GAV insbes bei einer Zwischenholding, einer Kpl-GmbH, einer GmbH & Co KG oder bei einem Besitzuntenehmen sein, wenn nur verwaltende Tätigkeiten ausgeübt und daneben keine weiteren Beteiligungen gehalten werden. Nach aA sind Handelsgesellschaften und Formkaufleute typisierend stets als Unternehmen idS anzusehen. Letztlich ist es Aufgabe des Registerrichters, die Unternehmereigenschaft zu prüfen.

 

Tz. 329

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Bei einer OG in der Rechtsform der SE, der AG und der KGaA muss der GAV, damit er nicht nichtig ist, einen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre vorsehen (s Tz 363). Bei einer chronisch defizitären Gesellschaft ist nach der Rspr des BGH (s Urt des BGH v 13.02.2006, BB 2006, 1128) auch ein Nullausgleich zulässig. Dazu auch s § 16 KStG Tz 20, 31.

 

Tz. 330

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die zivilrechtlichen Formvorschriften und Voraussetzungen für das Wirksamwerden eines GAV (dazu auch s Orth, in Oestreicher, NWB Vlg 2005, 129, 142ff und Mues, RNotZ 2005, 1, 14ff).

 

Übersicht über die hr-lichen Wirksamkeitsvoraussetzungen für den GAV[1]

AG oder KGaA als OG GmbH als OG
1. Nicht eingegliederte OG
  1. Erfordernis der Schriftform (s § 293 Abs 3 AktG).
  2. Bei der OG: Zustimmung ihrer Haupt- bzw GV mind mit ¾-Mehrheit (s § 293 Abs 1 AktG). Der GAV wird mit seiner Eintragung in das HReg der OG wirksam (s § 294 Abs 2 AktG).
  3. Beim OT[2]:

    1. AG oder KGaA als OT: Zustimmung ihrer Haupt- bzw Gesellschafterversammlung mit mind ¾-Mehrheit (s § 293 Abs 2 iVm Abs 1 S 2 und 3 AktG). Notarielle Beurkundung ist erforderlich.
    2. GmbH als OT: (s Beschl des BGH v 24.10.1988, BGHZ 105, 234; DB 1988, 2623): Zustimmung ihrer Ge...

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