Rz. 290

Ein Gewinnabführungsvertrag ist nach § 291 Abs. 1 AktG ein Unternehmensvertrag, durch den sich eine AG oder eine KGaA dazu verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen, dessen Rechtsform nicht maßgeblich ist, abzuführen. Danach kann auch eine KGaA, trotz ihres "hybriden Charakters"[1], einen Gewinnabführungsvertrag abschließen und sich dazu verpflichten, ihren ganzen Gewinn an das herrschende Unternehmen abzuführen. Einen Gewinnabführungsvertrag kann auch eine SE abschließen, wenn sie Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland hat. Nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. c (ii) SE-VO gilt für solche Gesellschaften subsidiär das deutsche Aktienrecht. Da die SE-VO keine abweichenden Vorschriften enthält, ist § 291 AktG somit auch auf die SE anwendbar.

 

Rz. 291

Handelsrechtlich sind die Anforderungen an den herrschenden Gesellschafter als Partei des Unternehmensvertrags nach § 291 Abs. 1 AktG gering.[2] Es muss sich lediglich um ein "Unternehmen" i. S. d. §§ 15ff. AktG handeln. Das setzt voraus, dass der Gesellschafter außerhalb des beherrschten Unternehmens wirtschaftliche Interessen verfolgt, die nach Art und Intensität die ernste Besorgnis begründen, der Gesellschafter könne seinen Einfluss zum Nachteil der beherrschten Gesellschaft ausüben.[3] Ob dieser Unternehmensbegriff auch für andere Rechtsformen als die AG und KGaA gilt, ist bisher nicht entschieden. Da die Organschaft nach § 14 Abs. 1 S. 1 KStG voraussetzt, dass die Gewinnabführung an ein "gewerbliches Unternehmen" erfolgt, sind handels- und steuerrechtliche Voraussetzungen insoweit gleich. Probleme kann die Voraussetzung des "Unternehmens" bei Holdinggesellschaften, bei einer Komplementär-Gesellschaft einer GmbH & Co. KG sowie bei Besitzunternehmen bei Betriebsaufspaltung verursachen. Handelsrechtlich ist eine Holdinggesellschaft, auch wenn sie die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft aufweist, nicht unbedingt ein "Unternehmen". Möglich ist jedoch auch die Argumentation, dass eine Kapitalgesellschaft als Formkaufmann immer ein "Unternehmen" ist.[4] Zweifel an der Eigenschaft als Unternehmen bestehen insbesondere dann, wenn eine Holding lediglich verwaltende Tätigkeiten aufweist und nur über eine einzige Beteiligung verfügt. Verfügt die Holding dagegen über mehr als eine Beteiligung, wobei die Beteiligung keine Mehrheitsbeteiligung sein muss, erfüllt sie den "Unternehmensbegriff", da dann abstrakt die Möglichkeit besteht, dass sie die eine Gesellschaft zugunsten der anderen Gesellschaft benachteiligt. Steuerlich werden diese Begriffe unter dem Begriff der "geschäftsleitenden Holding" erfasst und ebenfalls mindestens 2 Beteiligungen vorausgesetzt. Auch insoweit stimmen daher gesellschafts- und steuerrechtliche Voraussetzungen überein.

 

Rz. 292

Problematisch kann der Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags durch eine Zwischenholding, eine Komplementär-GmbH oder ein Besitzunternehmen sein, wenn nur verwaltende Tätigkeiten ausgeübt und neben der Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft keine weiteren Beteiligungen gehalten werden. Ob in diesem Fall das Tatbestandsmerkmal des "Unternehmens" von der Zwischenholding erfüllt ist, kann zweifelhaft sein. M. E. ist auf den Zweck des Begriffs des "Unternehmens" in § 291 Abs. 1 AktG abzustellen, der mit dem Unternehmensbegriff in § 15 AktG identisch ist. Zweck des Unternehmensbegriffs, auf dem das Konzernrecht beruht, ist, die Anwendung der Konzernregelungen sicherzustellen, wenn die Möglichkeit besteht, dass eine Gesellschaft des Konzerns zugunsten einer anderen konzernangehörigen Gesellschaft benachteiligt wird. Eine Benachteiligung der abhängigen Gesellschaft sollen nur dann in Kauf genommen werden, wenn das "Gesamtunternehmen" hieraus entsprechende Vorteile zieht. Der handelsrechtliche Konzern- und damit auch der Unternehmensbegriff dürfen daher nicht zu eng gefasst werden.[5] Ein "Unternehmen" liegt daher nur dann nicht vor, wenn die etwaigen Vorteile aus der Benachteiligung der Gesellschaft außerhalb des Konzerns anfallen können, also etwa bei dem nicht unternehmerisch tätigen Alleingesellschafter. Daher kann ein Gewinnabführungsvertrag von einer Zwischenholding bereits dann abgeschlossen werden, wenn die Spitzenholding ein Unternehmen ist, weil sie etwa mehrere Beteiligungen hält und/oder die Leitungsmacht über die Zwischenholding ausübt.[6] Auch dann besteht die Möglichkeit, dass eine der Gesellschaften zulasten einer nahestehenden anderen Gesellschaft benachteiligt wird.

 

Rz. 293

Ein Gewinnabführungsvertrag, der von einem Rechtsträger als herrschendem Unternehmen abgeschlossen wird, der kein Unternehmen in dem geschilderten Sinn betreibt, ist nichtig. Steuerlich kann der Gewinnabführungsvertrag auch bei tatsächlicher Durchführung nicht nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam behandelt werden.[7]

 

Rz. 294

Der Gewinnabführungsvertrag ist unabdingbare Voraussetzung für die Organschaft. Er ist auch dann abzuschließen, wenn eine ausl. Gesellschaft beteiligt ist. Das kann aufseiten ...

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