Tz. 77

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die Verschmelzung von gemeinnützigen eV wirft – in ähnlichem Ausmaß wie die Verschmelzung von gGmbH – gemeinnützigkeitsrechtliche Probleme auf.

Problem 1: Vereinbarkeit der Verschmelzung mit der satzungsmäßigen Vermögensbindung des Übertragers

Die – sich beim eV bereits aufgr des § 99 Abs 1 UmwG stellende – Frage, ob die Vereinbarkeit gegeben ist, ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie bei der gGmbH. Hierzu s Tz 35–37.

 

Tz. 78

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Problem 2: Vermögensübergang als Verstoß gegen § 58 Nr 2 AO

Der Vermögensübergang stellt uE keinen derartigen Verstoß dar. Denn nach § 55 Abs 1 Nr 4 S 2 AO ist der iRe "normalen" Auflösung erfolgende Übergang des Vermögens auf eine andere gemeinnützige Kö zulässig.

Die Einschränkung des § 58 Nr 2 AO, wonach eine gemeinnützige Kö einer anderen Kö ihre Mittel nur tw überlassen darf, kommt uE in den Fällen der lex-specialis-Vorschrift des § 55 Abs 1 Nr 4 S 2 AO nicht in Betracht. Dies gilt auch im Falle des Vermögensübergangs durch Gesamtrechtsnachfolge bei Verschmelzung, der uE nicht anders zu beurteilen ist als der Vermögensübergang durch Einzelrechtsnachfolge im Auflösungsfall.

 

Tz. 79

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Problem 3: Zulässigkeit der Gewährung von Mitgliedschaften oder Anteilen an die Mitglieder des Übertragers

  • Die Mitglieder des übertragenden gemeinnützigen eV werden durch die Verschmelzung (s §§ 2, 5 Abs 1 Nr 2, 20 Abs 1 Nr 3 UmwG), wenn

    • übernehmender bzw neuer Rechtsträger ebenfalls ein gemeinnütziger eV ist, zu Mitgliedern des übernehmenden bzw neuen gemeinnützigen eV,
    • übernehmende bzw neue Rechtsträgerin eine gGmbH ist (Mischverschmelzung), zu AE der übernehmenden bzw neuen gGmbH.

  • Die gemeinnützigkeitsrechtliche Zulässigkeit dieses Wechsels ist abhängig davon, ob der übernehmende bzw neue Rechtsträger ebenfalls ein gemeinnütziger eV oder eine gGmbH ist, da Mitglieder eines gemeinnützigen eV bei ihrem Ausscheiden aus dem Verein bzw bei dessen Auflösung keine Zuwendungen erhalten dürfen (s AEAO Nr 23 zu § 55 Abs 1 Nrn 2 und 4). Dies gilt auch für den Fall der Verschmelzung.
  • Der bei der Verschmelzung unter gemeinnützigen eV eintretende Wechsel der Mitgliedschaftsrechte ist uE gemeinnützigkeitsrechtlich zulässig, weil sowohl die bisherigen als auch die neuen Mitgliedschaftsrechte keine Vermögenswerte verkörpern und damit wirtsch wertlos sind.
  • Dagegen treten im Fall der Mischverschmelzung an die Stelle der bisherigen Mitgliedschaftsrechte die Kap-Anteile an der übernehmenden bzw neuen gGmbH, die grds einen Gewinn-und Vermögensanspruch beinhalten (s §§ 29, 72 GmbHG) und damit einen – uU erheblichen – wirtsch Wert verkörpern. Dieses Auswechseln der wirtsch wertlosen Mitgliedschaftsrechte gegen werthaltige Kap-Anteile stellt einen Verstoß gegen § 55 Abs 1 Nr 2 AO und gegen den Grundsatz der Vermögensbindung (s § 55 Abs 1 Nr 4 AO) dar, der zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen müsste.
  • Es bestehen jedoch – wie in den Fällen der gGmbH als Übertragerin – Korrekturmöglichkeiten zum Erhalt der StBefreiung:

    • Verzicht auf die Anteile bzw deren Abtretung oder Schenkung durch die Mitglieder des übertragenden gemeinnützigen eV; dies kommt allerdings nur bei der Verschmelzung durch Aufnahme in Betracht,
    • Regelung im Gesellschaftsvertrag der übernehmenden bzw neuen gGmbH, dass die AE sowohl bei ihrem Ausscheiden als bei Auflösung oder Zweckwegfall der GmbH kein Vermögen erhalten (s Tz 43).

Werden bei der Mischverschmelzung Kap-Anteile gewährt, ohne dass die vorgenannten Korrekturmöglichkeiten genutzt werden, löst dies den rückwirkenden Wegfall der StBefreiung des übertragenden eV aus (s Tz 45).

 

Tz. 80

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Problem 4: Abfindungen gem §§ 2931 UmwG

Derartige Abfindungen sind für die Verschmelzung eines gemeinnützigen eV durch § 104 a UmwG ausgeschlossen (s Neumayer/Schulz, DStR 1996, 872 sowie S/H/S, Rn 1 zu § 104a UmwG). Hierzu folgende Abbildung:

Dieser ges Ausschluss nur für gemeinnützige eV, nicht aber auch für gGmbH ist uE zutr. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Verschmelzung von gGmbH in den Fällen, in denen die AE satzungsmäßig einen Anspruch auf ihre eingezahlten Kap-Anteile – und ggf auch auf ihre geleisteten Sacheinlagen – haben, beim Ausscheiden der AE anlässlich der Verschmelzung auch eine Abfindung zulässig ist; aA s Katschinski (Die Verschmelzung von Vereinen, Beck-Vlg, 111), der § 104 a UmwG analog auch auf die gGmbH für anwendbar hält (uE aus den vorgenannten Gründen unzutr).

 

Tz. 81

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Problem 5: Satzungsänderungen hinsichtlich der Zwecke und Zweckverwirklichungsmaßnahmen

Bei der Verschmelzung durch Aufnahme (s § 2 Nr 1 UmwG) ist die Frage derartiger Satzungsänderungen von dem übernehmenden gemeinnützigen eV bzw der übernehmenden gGmbH zu prüfen (s Tz 46). Die Abbildung verdeutlich dies:

Bei der Verschmelzung durch Neugründung ist eine Satzungsänderung idR nicht erforderlich (hierzu sowie zur Frage der Einschaltung des für den neuen gemeinnützigen eV bzw die neue gGmbH zus...

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