Tz. 13

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

a) S 1: Erfordernis der Verfassungsmäßigkeit und der Völkerverständigung

Mit § 51 Abs 3 AO wird in dessen S 1 ges ausdrücklich klargestellt, dass eine Kö nur dann als st-begünstigt anerkannt werden kann, wenn sie nach ihrer Satzung und bei ihrer tats Geschäftsführung keine Bestrebungen nach § 4 BVerfSchG verfolgt.

Diese ges Regelung soll insbes diejenigen Kö von der Anerkennung als gemeinnützig ausschließen, deren Zweck oder Tätigkeit namentlich

  • gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung (s § 4 Abs 1 Buchst c und Abs 2 BVerfSchG v 20.12.1990, BGBl I, 2954, zuletzt geändert durch SatDSiG v 23.11.2007, BGBl I 2007, 2590) oder
  • gegen den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes (s § 4 Abs 1 Buchst a und b BVerfSchG) gerichtet ist oder
  • Einrichtungen des Bundes oder der Länder in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen geeignet ist (s § 4 Abs 1 Buchst b BVerfSchG).

Hierzu s BT-Drs 16/10189, 109, 16/11108, 55, sowie AEAO Nr 8–12 zu § 51 Abs 3.

Im Übrigen muss sich auch die tats Geschäftsführung nach § 63 AO iRd verfassungsmäßigen Ordnung halten, da die Rechtsordnung als selbstverständlich das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen voraussetzt. Die verfassungsmäßige Ordnung wird bereits durch die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen (s BFH-Urt v 29.08.1984, BStBl II 1985, 106). Nach dem AEAO Nr 5 zu § 63 verstößt hingegen gewaltfreier Widerstand, zB Sitzblockaden, gegen geplante Maßnahmen des Staates grds nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Bei Kö, die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes für den zu beurteilenden VZ ausdrücklich als extremistische Organisation eingestuft werden, ist widerlegbar davon auszugehen, dass die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit nicht erfüllt sind. Die Fin-Beh hat Tatsachen, die den Verdacht eines Verstoßes gegen die oa Voraussetzungen begründen, der Verfassungsschutz-Beh mitzuteilen. Vom BFH wurde dies im Urt v 14.03.2018, BStBl II 2018, 422, ausdrücklich bestätigt und die Gemeinnützigkeit eines im Verfassungsschutzbericht des Bundes erwähnten islamischen Vereins verneint.

Vereinigungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, sind gem Art 9 Abs 2 GG verboten. Für den Begriff der Vereinigung iSd Art 9 Abs 2 GG spielt deren Rechtsform keine Rolle. Hierunter fallen neben den rechtsfähigen und nichtrechtsfähigen Vereinen auch "kaufmännische Unternehmen", also insbes auch Kap-Ges.

Unter das Verbot des Art 9 Abs 2 GG fallen auch Vereinigungen,

  • deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafges zuwiderlaufen oder
  • die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten.

Das Verbot wird erst wirksam, wenn es durch eine Auflösungs-Vfg der hierfür zuständigen Stelle konkretisiert worden ist (zB s § 3 Abs 1 VereinsG).

Zu den Voraussetzungen für ein Verbot einer Vereinigung gem Art 9 Abs 2 GG bereits ausführlich s Beschl des BVerwG v 21.04.1995 zur "Wiking-Jugend" (NJW 1995, 2505).

Mit der zusätzlichen Aufnahme des Tatbestands des Zuwiderlaufens gegen den Gedanken der Völkerverständigung sollen zB ausländerextremistische Spendensammelvereine von der Zuerkennung der St-Begünstigung ausgeschlossen werden (s BT-Drs 16/10189, 109, 16/11108, 55). Auch für Kö, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, gilt im Übrigen das Verbot des Art 9 Abs 2 GG.

Gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet sich eine Kö, wenn sie

  • auf eine Störung des Friedens unter den Völkern und Staaten zielt oder
  • sich gegen solche allgemeinen Regeln des Völkerrechts wendet, deren Ablehnung zu einer ernsthaften Störung des Zusammenlebens der Staaten und Völker führt oder
  • insbes von bestimmten rassischen Anschauungen ausgeht.

Ob die Ausschlusskriterien – Verfolgung von Bestrebungen iSd § 4 BVerfSchG bzw Zuwiderlaufen gegen den Gedanken der Völkerverständigung – auf die konkrete Kö zutreffen, kann sich nicht nur aus der Satzung und der tats Geschäftsführung, sondern insbes auch aus dem tats Verhalten ihrer Mitglieder ergeben (s BT-Drs 16/10189, 109, 16/11108, 55).

 

Tz. 14

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

b) S 2: Benennung im Verfassungsschutzbericht

§ 51 Abs 3 S 2 AO dient der Verfahrensvereinfachung. Grds ist von den Fin-Beh in eigener Zuständigkeit zu beurteilen, ob eine Kö Bestrebungen iSd § 4 BVerfSchG fördert oder dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandelt. Zur Verfahrensvereinfachung bestimmt § 51 Abs 3 S 2 AO aber, dass die Aufnahme einer Kö in einen Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes die – widerlegbare – Vermutung begründet, diese Kö erfülle nicht die Voraussetzungen des § 51 Abs 3 S 1 AO (s BT-Drs 16/11108, 55).

Vom BFH wurden im Sachverhalt des Urt v 11.04.2012 (BStBl II 2013, 146), hier: ein islamisch-salafistischer Verein, die Voraussetzungen für die Aberkennung der Gemeinnützigkeit wegen extremistischer Bestrebungen verneint. Nach Auff des BFH geht dem Tatbestand des § 51 Abs 3 S 2 AO voraus, dass die betreffende Kö in einem Verfassungsschutzberich...

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