Leitsatz (amtlich)

1. Hat der Nachlasspfleger seinen Vergütungsfestsetzungsantrag nach dem 1.9.2009 gestellt, gelangt das neue Verfahrensrecht des FamFG zur Anwendung.

2. Ist ein Aktivnachlass vorhanden, auch wenn der Nachlass überschuldet ist, bestimmt sich die Vergütung des Nachlasspflegers nach seinen für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Nicht berücksichtigt werden kann dabei die übliche Vergütung, die der Nachlasspfleger außerhalb seiner pflegerischen Tätigkeit beansprucht.

3. Ist die Vergütung für den anwaltlichen Nachlasspfleger bereits i.H.v. 130 EUR netto pro Stunde festgesetzt, wird damit der besonderen Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte jedenfalls ausreichend Rechnung getragen. Eine noch höhere Festsetzung kommt nicht in Betracht.

 

Normenkette

FGG-Reformgesetz Art. 111 Abs. 1; BGB §§ 1835, 1835a, 1915; VBVG § 3

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 12.03.2010; Aktenzeichen 6 VI 254/07)

 

Tenor

Die Beschwerde der Nachlasspflegerin gegen den Beschluss des AG Frankfurt/O. vom 12.3.2010 - 6 VI 254/07 - wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 2.883,55 EUR.

 

Gründe

I. Am 15.10.2006 verstarb der Erblasser. Zum Nachlass gehören mehrere Grundstücke und Gesellschaftsanteile an zwei in Liquidation befindlichen Gesellschaften mit beschränkter Haftung.

Mit Beschluss vom 7.8.2007 bestellte das AG die Nachlasspflegerin, eine Fachanwältin für Erbrecht und Familienrecht, mit den Aufgabenbereichen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der unbekannten Erben. Die Nachlasspflegerin ermittelte zum Todestag des Erblassers Aktiva i.H.v. 303.627,26 EUR und Passiva i.H.v. 1.314.834,20 EUR. Alle Erben der ersten, zweiten und dritten Ordnung schlugen die Erbschaft wegen Überschuldung des Nachlasses aus.

Die Nachlasspflegerin beantragte mit Schriftsatz vom 21.9.2009 die Festsetzung ihrer Vergütung für den Zeitraum vom 26.3.2009 bis zum 18.9.2009. Dabei begehrte sie für einen Zeitaufwand von 53,85 Stunden - wie bei der Festsetzung für den davor liegenden Zeitraum - einen Stundensatz von 175 EUR zzgl. Umsatzsteuer.

Die Verfahrenspflegerin für die unbekannten Erben hat demgegenüber eine Stundenvergütung von 110 EUR netto für angemessen gehalten.

Das AG hat mit Beschluss vom 12.3.2010 die Vergütung der Nachlasspflegerin auf insgesamt 8.330,60 EUR brutto festgesetzt und weitergehende Vergütungsansprüche zurückgewiesen. Dabei hat es einen Stundensatz von 130 EUR netto für angemessen gehalten.

Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 16.3.2010, wendet sich die Nachlasspflegerin mit ihrer am 16.4.2010 bei Gericht eingegangenen Beschwerde, mit der sie weiterhin die Festsetzung ihrer Vergütung nach einem Stundensatz von 175 EUR begehrt.

Das AG hat mit Beschluss vom 17.5.2010 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist gem. § 61 Abs. 1 FamFG zulässig. Die Beschwer beträgt für die Nachlasspflegerin 2.883,55 EUR und übersteigt damit den Beschwerdewert von 600 EUR. Die Nachlasspflegerin hat die Monatsfrist des § 63 Abs. 1 FamFG eingehalten.

Für die Zulässigkeit und das Verfahren der Beschwerde gilt das FamFG. Das Verhältnis von altem und neuem Verfahrensrecht wird in Art. 111 Abs. 1 FGG-Reformgesetz geregelt. Dort bestimmt Satz 1, dass auf Verfahren, die vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden sind, oder deren Einleitung bis zu diese Zeitpunkt beantragt wurde, weiter die vor Inkrafttreten des FGG-Reformgesetzes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Abs. 2 stellt klar, dass jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ein selbständiges Verfahren i.S.v. Abs. 1 der Vorschrift ist. Jeder Festsetzungsantrag des Nachlasspflegers ist als ein solches selbständiges Verfahren anzusehen (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 22.2.2010, Rpfleger 2010, 325, zitiert nach Juris). Hier hat die Nachlasspflegerin den Vergütungsfestsetzungsantrag nach dem 1.9.2009 gestellt, so dass neues Recht zur Anwendung gelangt.

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Die Vergütung des Nachlasspflegers richtet sich gem. § 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich nach den für die Vormundschaft geltenden Vorschriften. Während ehrenamtliche Pfleger lediglich Aufwendungsersatz und Aufwandsentschädigung gemäß den §§ 1835, 1835a BGB erhalten, erhält der Nachlasspfleger eine Vergütung, wenn es sich um eine Berufspflegschaft handelt. So liegt der Fall hier, wie das Nachlassgericht in seinem Bestellungsbeschluss festgestellt hat.

Die Höhe der Vergütung bei berufsmäßiger Nachlasspflegschaft bestimmt sich danach, ob der Nachlass mittellos oder vermögend ist. Bei einem mittellosen Nachlass sind über die §§ 1915 Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 3 BGB die Stundensätze des § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) maßgeblich. Danach erhält der Nachlasspfleger bei mittellosem Nachlass eine Vergütung aus der Staatskasse, die maximal 33,50 EUR pro S...

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