Rn 11

Es sind oft größere Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb, die in einem Insolvenzplanverfahren saniert werden sollen. Dabei sind in der Insolvenzpraxis erhebliche Schwierigkeiten entstanden, wenn der Verwalter nach einem rechtkräftig gerichtlich bestätigten Insolvenzplan über seine Fortführung des mittleren bis größeren Unternehmens noch umfassend gegenüber Insolvenzgericht und Gläubigerversammlung Rechnung legen soll. Diese Schwierigkeiten verstärken sich, wenn sich das Insolvenzgericht auch noch veranlasst sieht, wegen Umfang und Komplexität der Rechnungslegung aufgrund der Betriebsfortführung die gerichtliche Prüfung der Schlussrechnung auf einen externen Sachverständigen zu übertragen. Angesichts Qualifikation und Vergütung dieser durch das Insolvenzgericht häufig herangezogenen so genannten Schlussrechnungsprüfer sind je nach Umfang des Verfahrens und Auslastung des Prüfers weitere Zeitverzögerungen von mehreren Monaten bis weit über ein Jahr keine Seltenheit.

 

Rn 12

Die damit zwangsläufig einhergehende erhebliche Verzögerung der Aufhebung des Verfahrens und damit der Rückübertragung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Schuldner birgt erhebliches Gefährdungspotential für den gerade durch den Insolvenzplan angestrebten Sanierungserfolg. So ist eine einvernehmlich beschlossene Finanzierung der Fortführung des sanierten Unternehmens in Gefahr, weil neue Kredite zur Vermeidung einer Qualifikation als Masseverbindlichkeit in der Folgezeit meist erst nach Aufhebung des Verfahrens ausgezahlt werden. Dies kann zu erheblichen Liquiditätsengpässen bzw. erneut zu einer gerade überwunden geglaubten Zahlungsunfähigkeit führen. Auch strukturelle Veränderungen im Kreise der Anteilseigner können oft erst mit Aufhebung des Verfahrens umgesetzt werden, so dass auch daran anknüpfende Maßnahmen zur Stärkung des Eigenkapitals aufgeschoben werden müssen, was zu einer erheblichen Schwächung der Finanzkraft des gerade zu sanierenden Unternehmens beiträgt. Nicht zuletzt kann auch ein Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens unabhängig von einer Überwachung gefasst werden, um die aus dem Handelsregister ersichtliche Auflösung der Kapitalgesellschaft und die damit verbundenen Schwierigkeiten am Markt und bei der Bonitätsbeurteilung zu beseitigen. Ohne die beschlossene Fortsetzung und die damit verbundene Aktualisierung des Handelsregisters ist es meist unmöglich, Leasing- bzw. Finanzierungsverträge abzuschließen, weil eine Bonitätsprüfung allein wegen der Auflösung immer Schwierigkeiten und erheblichen Erklärungsbedarf zur Folge hat.

 

Rn 13

Angesichts dieser Schwierigkeiten wurde zunehmend die Frage gestellt, ob die Rechnungslegungspflichten in § 66 für die an der Beschlussfassung für einen Insolvenzplanbeteiligten dispositiv sind.[23]

 

Rn 14

Durch das ESUG wurde nun korrespondierend zur Ergänzung des § 217 Satz 1 um Regelungen zur Verfahrensabwicklung ausdrücklich klargestellt, dass in einem Insolvenzplan abweichende Regelungen auch zur Rechnungslegung getroffen werden können. Abgewichen werden kann nach systematischer Stellung der gesetzlichen Ergänzung in Satz 2 nur von den Anforderungen des Abs. 1.

 

Rn 15

Dies bedeutet, dass beispielsweise von einer Rechnungslegung durch den Insolvenzverwalter abgewichen werden kann und diese z. B. dem Schuldner oder Dritten übertragen werden kann. Allerdings dürfte eine Übertragung auf bislang am Verfahren nicht beteiligte Dritte, etwa Wirtschafts- oder potentielle Schlussrechnungsprüfer wenig effektiv sein, weil diese sich zunächst in den Verfahrensablauf und die Vielzahl der dort entstandenen Vorgänge einarbeiten müssten und dadurch erhebliche Zeit benötigt wird und somit erhebliche Kosten verursacht werden dürften. Des Weiteren kann mit der Neuregelung ganz auf eine Rechnungslegung (intern und extern) verzichtet werden. Handelt es sich allerdings wie meist um ein buchführungspflichtiges Unternehmen, suspendiert eine solche Insolvenzplanregelung den Schuldner nicht von seinen handelsrechtlichen Verpflichtungen, sondern nur den Insolvenzverwalter von seiner internen Rechnungslegungspflicht. Denkbar ist auch eine verkürzte bzw. vereinfachte interne Rechnungslegung. Der Insolvenzplan kann weiter vorsehen, dass sich die Schlussrechnung wegen einer ausführlichen und aktuellen externen Rechnungslegung des Insolvenzverwalters erübrigt, die sich aus einer zeitnahen und ausreichend aussagekräftigen Finanzbuchhaltung ergibt, die im Schuldnerunternehmen unter der Aufsicht des Insolvenzverwalters geführt wurde und den wirtschaftlichen und tatsächlichen Verlauf des Insolvenzverfahrens ordnungsgemäß abbildet. Dies gilt umso mehr, wenn Finanzbuchhaltung und darauf aufbauende Abschlüsse einer externen (Sonder-) Prüfung durch Wirtschaftsprüfer unterliegen, falls das Schuldnerunternehmen aufgrund seiner Größe nicht ohnehin kraft Gesetzes gem. §§ 316, 267 HGB prüfungspflichtig ist. Auch Mischformen der Abweichung von der gesetzli...

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