Gesetzestext

 

(1) 1Hat der Schuldner den Prüfungstermin versäumt, so hat ihm das Insolvenzgericht auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. 2§ 51 Abs. 2, § 85 Abs. 2, §§ 233 bis 236 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(2) 1Die den Antrag auf Wiedereinsetzung betreffenden Schriftsätze sind dem Gläubiger zuzustellen, dessen Forderung nachträglich bestritten werden soll. 2Das Bestreiten in diesen Schriftsätzen steht, wenn die Wiedereinsetzung erteilt wird, dem Bestreiten im Prüfungstermin gleich.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Gemäß § 201 Abs. 2 kann nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus der Eintragung einer Forderung in die Tabelle die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner persönlich wie aus einem vollstreckbaren Urteil betrieben werden. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Schuldner diese Forderung im Prüfungstermin nicht bestritten hat. Dies würde zu unbilligen Härten führen, wenn der Schuldner den Prüfungstermin schuldlos versäumt hat und deshalb daran gehindert war, die Forderung zu bestreiten.

 

Rn 2

§ 186 Abs. 1 Satz 1 gibt dem Schuldner vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, über das Insolvenzgericht eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erlangen, falls er den Prüfungstermin unverschuldet versäumt hat. Hierdurch wird dem Anspruch des Schuldners auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) Rechnung getragen.[1]

 

Rn 3

Besondere Relevanz hat die Wiedereinsetzung bei Forderungen, denen eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung zugrunde liegt. Ein versäumtes Bestreiten ohne Möglichkeit der Wiedereinsetzung würde hier dazu führen, dass diese Forderung von der Restschuldbefreiung endgültig nicht umfasst wird, § 302 Nr. 1.

 

Rn 4

Die Vorschrift gilt nach ganz h.M. nicht, wenn der Schuldner im Verfahren anwesend war, aber der Forderung nicht widersprochen hat.[2] Hierfür spricht zunächst der Wortlaut der Norm. Er bezieht sich nur auf den Fall, dass der Termin als solcher versäumt worden ist. Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift auf andere Fälle, in denen der (anwesende) Schuldner – etwa aufgrund eines Rechtsirrtums – der Forderung nicht widersprochen hat, ist nicht geboten.[3] Sie ist auch nicht durch Art. 103 GG veranlasst. Der Nichtanwesenheit im Termin gleichzustellen ist aber der Fall, dass der anwesende Schuldner prozessunfähig war.[4]

 

Rn 5

§ 186 gilt analog auch für ein Versäumnis des Schuldners im schriftlichen Verfahren, wenn der Schuldner die vom Gericht im schriftlichen Verfahren gesetzte Ausschlussfrist versäumt hat.[5]

 

Rn 6

Die Vorschrift gilt demgegenüber nicht analog für Versäumnisse der anderen Beteiligten.[6] Ihnen ist wegen der in § 186 enthaltenen Sonderregelung auch der Rückgriff auf § 233 ZPO über § 3 InsO verwehrt.[7]

[1] MünchKomm-Schumacher, § 186 Rn. 1; HambKomm-Preß, § 186 Rn. 1.
[2] AG Göttingen ZInsO 2004, 516; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 186 Rn. 1; Nerlich/Römermann-Becker, § 186 Rn. 1; FK-Kießner, § 186 Rn. 4; HambKomm-Preß, § 186 Rn. 3; Braun-Specovius, § 186 Rn. 3.
[4] Nerlich/Römermann-Becker, § 186 Rn. 1 (Schuldner müsse aufgrund physischer oder psychischer Konstitution unfähig sein, sachgerecht zu agieren).
[5] MünchKomm-Schumacher, § 186 Rn. 1; Andres/Leithaus, § 186 Rn. 2; FK-Kießner, § 186 Rn. 4; Kübler/Prütting-Pape, § 186 Rn. 2.
[6] Nerlich/Römermann-Becker, § 186 Rn. 3; Andres/Leithaus, § 186 Rn. 2.
[7] Nerlich/Römermann-Becker, § 186 Rn. 3; Andres/Leithaus, § 186 Rn. 2.

2. Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 186 Abs. 1 Satz 2)

 

Rn 7

Die Wiedereinsetzung ist dem Schuldner nach § 186 Abs. 1 Satz 2 zu gewähren, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen von § 51 Abs. 2 ZPO, § 85 Abs. 2 ZPO und §§ 233236 ZPO erfüllt sind. Es handelt sich hierbei um eine Rechtsgrundverweisung.[8]

 

Rn 8

Danach kommt eine Wiedereinsetzung dann in Betracht (Wiedereinsetzungsgrund), wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

Der Insolvenzschuldner bzw. sein Vertreter (§ 51 Abs. 2 ZPO) oder Bevollmächtigter (vgl. § 85 Abs. 2 ZPO) dürfen die Säumnis hinsichtlich der Teilnahme am Prüfungstermin nicht verschuldet haben (§ 233 ZPO). Maßgeblich ist also, ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit anzunehmen ist.[9] Es muss sich jeweils um ein eigenes Verschulden der genannten Personen handeln. Ein Verschulden (nur) des Büropersonals genügt nicht.[10] Es darf aber kein Verschulden bei der Büroorganisation vorliegen. An einem Verschulden des Schuldners kann es z.B. dann fehlen, wenn das Gericht nicht gem. § 175 Abs. 2 belehrt hat und der Schuldner deshalb nicht am Prüfungstermin teilgenommen hat.[11] Entgegen früherem Recht[12] muss kein "unabwendbarer Zufall" vorgelegen haben.[13]
Die Versäumung des Prüfungstermins muss ursächlich auf die Hinderungsgründe zurückzuführen sein.

Darüber hinaus bestehen folgende formelle Voraussetzungen:

Die Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall der Verhinderung bzw. des Unverschuldens[14] beantragt werden (§ 234 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO). Bei Versäumung dieser Frist ist wiederum ein Antrag auf Wiedereinsetzung möglich.[15]
Von dem Ende der versäumten Frist an, also dem Prüfungstermin oder...

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