Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer, Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Beträgt die Dauer eines Erbbaurechts in dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkt 50 Jahre oder mehr, so ist der Gesamtwert für den Grund und Boden einschließlich der Gebäude in vollem Umfang dem Erbbauberechtigten zuzurechnen; in einem solchen Falle kann auf Grund steuerlich-wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Gesamtwert weder ganz noch teilweise dem Eigentümer des Grund und Bodens zugerechnet werden.

 

Normenkette

BewG § 50 Abs. 2, § 68/1/2; BewDV § 46; BewG § 92; StAnpG § 11 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Gesamtwert eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstückes zum 1. Januar 1958 der Bgin., der Y-Bau-Gesellschaft mbH, zuzurechnen ist oder nicht.

Der Grund und Boden gehört den Eheleuten X, die ihn durch Kaufvertrag vom 8. Juni 1955 erworben haben. Er war ihnen deshalb auch steuerlich ab 1. Januar 1956 zugerechnet worden. Die Eheleute haben nach einem Erbbaurechtsvertrag vom 26. Oktober 1955 mit Wirkung vom 1. November 1955 der Bgin. ein Erbbaurecht für die Dauer von 99 Jahren an ihrem Grundstück bestellt. Das Erbbaurecht ist im Grundbuch eingetragen. Der Ehemann X ist Mitglied der Y-Gemeinschaft e. V., die nach einem besonders gestalteten Zuteilungssystem für ihre Mitglieder Eigenheime erstellt. Die Y-Gemeinschaft bedient sich der Bgin. als Bauträger. Auf Grund ihres Erbbaurechts hat die Bgin. im Jahre 1957 auf dem Erbbaugrundstück ein Einfamilienhaus errichtet. Vom Finanzamt ist nunmehr der Gesamtwert für den Grund und Boden einschließlich des Gebäudes zum 1. Januar 1958 im vollen Umfang der Bgin. zugerechnet worden.

Der ursprüngliche Erbbaurechtsvertrag vom 26. Oktober 1955 ist durch änderungsvertrag vom 13. Oktober 1958 dahin abgeändert worden, daß an Stelle der vorgesehenen Dauer von 99 Jahren der Vertrag nunmehr nur noch auf 40 Jahre Geltung haben sollte.

Außerdem hatte die Bgin. bereits in einem als Nutzungsvertrag bezeichneten notariellen Vertrage vom 26. Oktober 1955 das zu erstellende Wohnhaus den Eheleuten X zur Benutzung überlassen. Nach den getroffenen Vereinbarungen wurde für die Eheleute X ein dingliches Wohnrecht im Werte von 7.500 DM eingeräumt. In § 3 des Vertrages wurde bestimmt, daß der Bauwert des Gebäudes 39.000 DM beträgt und durch die Y-Zuteilung finanziert wird. Für diese Zuteilung sind von den Wohnberechtigten 40 Jahre lang 4 % vom 39.000 DM, d. h. monatlich - unter Einschluß der Versicherungsgebühr - 140 DM zu entrichten. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus:

2 % während der ersten 10 Jahre für die Gewährung des Wohnrechtes,

2 % während der folgenden 30 Jahre als Nutzungsgebühr, die auf den Kaufpreis angerechnet wird,

1 % während der 40 Jahre für laufende Abschreibung und

1 % während der 40 Jahre als Verzinsung. An Stelle einer derartigen ratenweisen Abzahlung des Zuteilungsbetrages sind die Eheleute X berechtigt, den Betrag von 39.000 DM zuzüglich der 7.500 DM für das Wohnrecht im ganzen unter Anrechnung der bereits nach § 3 des Nutzungsvertrages geleisteten Beträge zurückzuzahlen. In diesem Falle ist die Bgin. verpflichtet, die Löschung des Erbbaurechtes im Grundbuch sofort zu bewilligen.

Die Bgin. ist der Auffassung, daß das wirtschaftliche Eigentum an dem Gebäude, insbesondere unter Berücksichtigung des vorerwähnten Nutzungsvertrages, von Anfang an den Eheleuten X zuzurechnen sei. Der Ehemann X sei Mitglied der Y-Gemeinschaft e. V. geworden, um sich ein Kaufeigenheim nach der Y-Methode erstellen zu lassen. Dies sei nach der Zuteilung an ihn durch sie (die GmbH) als Bauträgerin des Vereins geschehen. Da das Bauwerk in Gemeinschaftsleistung der Mitglieder der Y-Gemeinschaft erstellt worden sei, hätten die Mitglieder der Gemeinschaft eine ausreichende Sicherheit erhalten müssen. Mit Rücksicht darauf, daß eine bloße Hypothekeneintragung eine solche Sicherheit nicht biete, sei die Eintragung des Erbbaurechtes für die GmbH erfolgt. Diese Eintragung bedeute aber nicht mehr als eine Sicherung der Y-Ansprüche gegen den Ehemann X, der der wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes sei.

Der Einspruch der Bgin. ist erfolglos geblieben. Das Finanzamt hat zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt, gemäß § 46 Abs. 2 BewDV sei der Gesamtwert des Erbbaugrundstückes (bestehend aus dem Werte des mit dem Erbbaurecht belasteten Grund und Bodens und dem Werte des darauf errichteten Gebäudes) im vollen Umfange dem Erbbauberechtigten zuzurechnen, wenn, wie im vorliegenden Falle, die Dauer des Erbbaurechtes am Bewertungsstichtage noch 50 Jahre oder mehr betrage. Die nachträgliche änderung und Begrenzung der Dauer des Erbbaurechtes auf 40 Jahre habe für den hier in Betracht kommenden Stichtag vom 1. Januar 1958 keine Bedeutung, da Vertragsänderungen steuerlich nur mit Wirkung für die Zukunft anzuerkennen seien. Eine andere Beurteilung der Rechtslage im Hinblick auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Steuerrechts komme nicht in Betracht, weil § 46 BewDV gerade der wirtschaftlichen Betrachtungsweise Rechnung trage und ihre Auswirkungen für die bewertungsrechtliche Behandlung von Erbbaurechten abschließend festgelegt habe.

Auf die Berufung der Bgin. hat das Finanzgericht die Einspruchsentscheidung des Finanzamts aufgehoben und den Gesamtwert des Erbbaugrundstückes voll den Eheleuten X zugerechnet. Das Finanzgericht vertritt im Gegensatz zum Finanzamt die Auffassung, daß § 11 StAnpG auch für Erbbaurechtsfälle gelte und nicht durch die Vorschrift des § 46 BewDV verdrängt werde. Aus der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs sei für den vorliegenden Fall nichts Gegenteiliges abzuleiten. Vielmehr sei in einigen Entscheidungen (vgl. Entscheidung des Reichsfinanzhofs III 35/42 vom 31. März 1942, RStBl 1942 S. 500, und Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 305/57 U vom 3. Juli 1959, BStBl 1959 III S. 344, Slg. Bd. 69 S. 213) geradezu auf das wirtschaftliche Eigentum abgestellt worden. Das gleiche müsse auch für den vorliegenden Fall gelten. Denn unter Berücksichtigung der im engen Zusammenhang stehenden Verträge über die Bestellung des Erbbaurechts und über die Nutzung des darauf errichteten Gebäudes ergebe sich hinsichtlich der tatsächlichen Sachherrschaft, daß der Ehemann X das Grundstück nicht weniger beherrsche als ein anderer Siedler nach Abschluß des Nutzungsvertrages, aber vor dem Eigentumsübergang. Trotz des allerdings ungewöhnlichen Weges, den die Beteiligten mit der Bestellung des Erbbaurechtes und dem Abschluß eines besonderen Nutzungsvertrages gegangen seien, hätten sie wirtschaftlich betrachtet das gleiche erreicht, als wenn die Baufinanzierung der Bgin. durch Hypotheken an dem Grundstück der Grundeigentümer gesichert worden wäre. Es komme hinzu, daß das Erbbaurecht der Bgin. durch das den Grundeigentümern von ihr eingeräumte dingliche Wohnrecht völlig ausgehöhlt sei. Unter diesen Umständen könne nur festgestellt werden, daß der Eigenbesitzwille der Grundeigentümer sich auch auf das Erbbaurecht bzw. auf das von dem Erbbaurecht erfaßte Grundstück mit dem darauf errichteten Gebäude erstrecke. Der das Grundstück und das Erbbaurecht umfassende Gesamtwert sei deshalb den Grundeigentümern zuzurechnen.

Gegen dieses Urteil des Finanzgerichts hat der Vorsteher des Finanzamts Rb. erhoben, mit der er die fehlerhafte Anwendung des geltenden Rechts, insbesondere des § 11 Ziff. 4 StAnpG rügt. Dieser Vorschrift gegenüber stelle § 46 BewDV eine Spezialvorschrift dar. Im übrigen sei die Auslegung des zur Urteilsfindung herangezogenen Nutzungsvertrages unrichtig. Nach dem Inhalt seiner Bestimmungen sei die Verfügungsmacht über das von der Bgin. errichtete Gebäude vorerst nicht auf die Eheleute X übertragen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Zuzugeben ist, daß das wirtschaftliche Streben der Eheleute X auf den Erwerb eines Eigenheimes gerichtet war. Um dieses Ziel zu erreichen, insbesondere um die hierfür erforderlichen Kreditmittel zu erhalten, ist der Ehemann Mitglied der Y-Gemeinschaft e. V. geworden, von der er auch die Zuteilung erhalten hat. Wie schon die auch von der Bgin. gebrauchte Bezeichnung "Kaufeigenheim" erkennen läßt, erfolgt der Erwerb eines solchen Eigenheimes auf Grund eines Kaufvertrages, mit dessen Vollzug der Käufer das Eigentum an dem bereits fertig gestellten Einfamilienhaus erwirbt, während etwaige Kaufkredite durch Hypothekeneintragung sichergestellt werden. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da die Eheleute X käuflich nur den Grund und Boden für das darauf zu errichtende Einfamilienhaus erworben haben. Dessen ungeachtet hätte sich ein ähnliches wirtschaftliches Ergebnis wie beim Erwerb eines Kaufeigenheimes auch hier herbeiführen lassen, wenn die Eheleute X die Zuteilung der Y-Gemeinschaft in der Weise verwendet hätten, daß sie als Bauherren auf dem bereits erworbenen Grundstück ein Eigenheim für eigene Rechnung und Gefahr und ebenfalls unter hypothekarischer Sicherung des Geldgebers errichteten. Keiner dieser beiden Wege zur Schaffung eines Eigenheimes ist hier beschritten worden, weil nach den eigenen Angaben der Bgin. die hypothekarische Sicherstellung der Y-Gemeinschaft nicht genügt hätte. Letztere hat, offenbar um selbst eine ähnlich starke Rechtsstellung wie ein Grundstückseigentümer zu erlangen, die Eheleute X dazu veranlaßt, für die Bgin. als Bauträger ein Erbbaurecht eintragen zu lassen. Dies führte im Ergebnis dazu, daß die Bgin. zunächst in eigener Verantwortung das Bauwerk errichtete, damit aber auch das Gebäude selbst erwarb und den Eheleuten X nur auf Grund eines besonderen Nutzungsvertrages zum Wohnen überließ. Der endgültige Erwerb des neu errichteten Bauwerks durch die Eheleute X kann und soll dagegen erst nach Beendigung des Erbbaurechts erfolgen, die nach den vertraglichen Bestimmungen von der vorherigen Tilgung des Zuteilungsbetrages einschließlich des Wohnrechtswertes abhängt. Den verschiedenen Möglichkeiten der rechtlichen Gestaltung, wie sie im vorstehenden dargestellt sind, entsprechen grundsätzlich auch verschiedenartige wirtschaftliche Ergebnisse. Während nämlich beim Erwerb eines Kaufeigenheimes oder auch bei der Errichtung eines Neubaues auf dem eigenen Grund und Boden des Bauherrn der Grundstückseigentümer sofort mit dem Erwerb des Grundstücks bzw. mit der Errichtung des Baues Eigentümer des Gebäudes wird, tritt der Eigentumserwerb des Grundstückseigentümers, der seinen Grund und Boden einem Erbbauberechtigten zur Bebauung überlassen hat, hinsichtlich des in Ausübung dieses Rechtes errichteten Gebäudes erst nach Beendigung des Erbbaurechts ein. Das wirtschaftliche Ergebnis ist demnach im Falle der Bestellung eines Erbbaurechtes grundsätzlich ein anderes und nur bei vorzeitigem Erlöschen des Erbbaurechts wäre ggf. ein ähnlicher wirtschaftlicher Erfolg wie in den vorher genannten Fällen denkbar. Der Grundstückseigentümer, der trotz der sich aus der rechtlichen Natur des Erbbaurechts ergebenden Besonderheiten der Bebauung seines Grundstücks durch einen Erbbauberechtigten zustimmt, muß deshalb ebenso wie der Erbbauberechtigte selbst auch die andersartigen rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen einer solchen Gestaltung der Verhältnisse in Kauf nehmen.

Das Erbbaurecht, auf Grund dessen das Einfamilienhaus auf dem Grund und Boden der Eheleute X errichtet worden ist, stellt nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften an sich nur ein beschränktes dingliches Recht dar. Unter Berücksichtigung der mit einem solchen Recht verbundenen weitreichenden Nutzungsbefugnisse und seiner den Grundstücken im einzelnen stark angenäherten rechtlichen Ausgestaltung ist aber das Erbbaurecht zutreffend und mit Recht als ein juristisches Grundstück bezeichnet worden (vgl. Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., Anm. 2 zu § 11 der Erbbaurechtsverordnung). Diese Charakterisierung erscheint sowohl nach der formalen Rechtsgestaltung, die die Eintragung des Rechts auf eigenem Grundbuchblatt vorsieht, als auch im Hinblick auf die materielle Rechtslage berechtigt, die es gestattet, das Erbbaurecht grundsätzlich in derselben Weise wie das Grundstück selbst zu belasten.

Dementsprechend ist auch die bewertungsrechtliche Behandlung der Erbbaurechte derjenigen von Grundstücken im wesentlichen gleichgestellt. Das Erbbaurecht, das in gleicher Weise wie das belastete Grundstück selbst als ein besonderes, selbständiges Wirtschaftsgut anzusehen ist, gilt ebenso wie die sonstigen grundstücksgleichen Rechte nach § 50 Abs. 2 BewG als Grundstück. Allerdings besteht bei seiner Bewertung insofern eine Besonderheit, als gemäß § 46 Abs. 1 BewDV ein Gesamtwert für den Grund und Boden und das auf Grund des Erbbaurechts errichtete Gebäude zu ermitteln und festzustellen ist, obwohl nach § 2 Abs. 2 BewG mehrere Wirtschaftsgüter als eine wirtschaftliche Einheit grundsätzlich nur dann in Betracht kommen sollen, wenn sie demselben Eigentümer gehören. Dies ist in Ansehung des Grund und Bodens und der darauf auf Grund des Erbbaurechts errichteten Gebäude nicht der Fall. § 46 BewDV, der insoweit in gewisser Weise von § 2 Abs. 2 BewG abweicht, sieht deshalb eine Verteilung des für das Erbbaugrundstück festgestellten Gesamtwertes auf den Grundeigentümer und den Erbbauberechtigten vor. Das Finanzgericht will von dieser Regelung abgehen und statt dessen den § 11 Ziff. 4 StAnpG zur Anwendung bringen. Es hat sich zur Unterstützung seiner Rechtsansicht auf mehrere Urteile des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs bezogen. Die vom Finanzgericht angeführten Urteile betreffen jedoch nicht die hier zu entscheidende Frage. In dem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Falle III 305/57 U vom 3. Juli 1959 a. a. O. war überhaupt kein Erbbaurecht bestellt worden. Es handelte sich vielmehr lediglich darum, ob im Falle des Abschlusses eines Träger-Siedler-Vertrages wirtschaftliches Eigentum des Siedlers schon für einen vor dem formalen Eigentumserwerb liegenden Zeitpunkt angenommen werden kann. Das Urteil des Reichsfinanzhofs III 35/42 vom 31. März 1942 a. a. O. hat im wesentlichen die gleiche Frage der Vorverlegung des wirtschaftlichen Erwerbs einer dinglichen Rechtsstellung vor dem formalen Rechtserwerb im Hinblick auf das Erbbaurecht erörtert und dabei die Möglichkeit bejaht, daß der Erbbauberechtigte schon vor der Eintragung seines Rechts im Grundbuch als wirtschaftlicher Inhaber dieses Rechts und damit auch als wirtschaftlicher Eigentümer der von ihm errichteten Baulichkeiten anzusehen ist. Wie aber der Gesamtwert des Erbbaugrundstücks, bestehend aus dem Wert des Grund und Bodens und dem Wert des darauf errichteten Gebäudebestandes, zwischen Grundeigentümer und Erbbauberechtigten zu verteilen ist, läßt sich dieser Entscheidung nicht entnehmen.

Insoweit ist den Rechtsausführungen des Finanzamts der Vorzug zu geben. Zunächst einmal muß bezweifelt werden, ob in einem Falle wie dem vorliegenden überhaupt von einer wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Grundeigentümers über das von dem Erbbauberechtigten errichtete Gebäude gesprochen werden kann, solange der Wert der Gebäudesubstanz noch allein dem Erbbauberechtigten zufällt, was jedenfalls für den hier in Betracht kommenden Stichtag der Fall ist. Im übrigen trifft es zu, wenn das Finanzamt ausführt, die gesetzliche Regelung des § 46 BewDV beruhe auf der wirtschaftlichen Betrachtungsweise und wolle insbesondere bei der Zurechnung den besonderen wirtschaftlichen Gegebenheiten im Falle der Bestellung von Erbbaurechten Rechnung tragen. Dies hat bereits der Reichsfinanzhof in der Entscheidung III 152/42 vom 25. Februar 1943 (RStBl 1943 S. 285) gesagt. Er hat dort ausgeführt, § 46 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz spreche ausdrücklich von "Zuzurechnen"; was Zurechnung steuerlich bedeute, ergebe sich aus den Grundsätzen des § 11 StAnpG. Es sei also nach steuerlich-wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu prüfen, welchen Beteiligten Grund und Boden nebst den erbbaurechtlich darauf errichteten Gebäuden jeweils anteilsmäßig gehörten. Diese Prüfung wolle der § 46 den Steuerbehörden dadurch erleichtern, daß er für bestimmte Zeitpunkte, an denen jeweils mit der größeren Annäherung an das Erlöschen des Erbbaurechts und die Rückkehr des Grund und Bodens in die alleinige Verfügungsgewalt des bürgerlich-rechtlichen Eigentümers eine wirksame Verschiebung der Wertanteile anzunehmen sei, genau festsetze, nach welchen Vomhundertsätzen der Gesamtwert auf die beiden Beteiligten verteilt werden solle. Diese Auffassung, daß die Regelung des § 46 BewDV an sich nichts anderes als der Ausdruck einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise des Verordnungsgebers sei, ist schon deshalb einleuchtend, weil auch die Zusammenfassung des Grund und Bodens mit dem vom Erbbauberechtigten darauf errichteten Gebäude ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit der Rechtsinhaber nur unter dem Gesichtspunkt einer wirtschaftlichen Betrachtung der durch die Bestellung des Erbbaurechts entstandenen Gesamtsituation des Grundstücks verstanden werden kann. Im übrigen ist auch der Satz 2 des Abs. 3 a. a. O. ein weiterer Beweis für die besondere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gestaltung insofern, als er für die Zurechnung des Gebäudewertes nicht allein das formale Recht des Erbbauberechtigten entscheidend sein läßt, sondern den Gesamtinhalt der bisherigen Vereinbarungen insbesondere dann berücksichtigt, wenn beim Erlöschen des Erbbaurechts vom Eigentümer des Grund und Bodens keine dem Wert des Gebäudes entsprechende Entschädigung zu leisten ist. In Anbetracht dieser für den Komplex der Erbbaurechte umfassenden Gesamtregelung der Zurechnungsverhältnisse auf wirtschaftlicher Grundlage muß angenommen werden, daß die in § 46 Abs. 2 und 3 BewDV enthaltene Regelung der Zurechnung als Spezialbestimmung für Erbbaurechte insoweit der Vorschrift des § 11 Ziff. 4 StAnpG vorgeht und sie ersetzen soll. Eine derartige Auffassung ist auch mit dem Inhalt des StAnpG durchaus vereinbar, da nach § 11 StAnpG die darin enthaltenen Zurechnungsvorschriften nur dann gelten sollen, wenn und soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine solche anderweitige Bestimmung enthält aber der § 46 BewDV zumindest im Verhältnis zum § 11 Ziff. 4 StAnpG. Im übrigen liegt es auf der Hand, daß von einer treuhänderischen Ausübung des Erbbaurechts durch die Bgin. nicht die Rede sein kann, weil sie mit der Ausübung des Erbbaurechts ihre eigenen Sicherungszwecke verfolgt.

Die Vorentscheidung war daher wegen Rechtsirrtums aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Da am Bewertungsstichtag (1. Januar 1958) das Erbbaurecht noch für einen längeren Zeitraum als 50 Jahre bestellt war - die spätere Beschränkung des Erbbaurechts auf einen Zeitraum von 40 Jahren wirkt nach den zutreffenden Ausführungen der Einspruchsentscheidung nicht auf den Stichtag zurück -, war gemäß § 46 Abs. 2 BewDV der Gesamtwert des Erbbaugrundstücks der Bgin. allein und in vollem Umfang zuzurechnen. Dies gilt in gleicher Weise für den Wert des Grund und Bodens wie für den Wert des auf dem Erbbaugrundstück errichteten Gebäudes, das nur bei einer verkürzten Dauer des Erbbaurechts von weniger als 50 Jahren unter den besonderen Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 Satz 2 BewDV teilweise auch dem Grundstückseigentümer zugerechnet werden könnte. Im Streitfall scheidet eine solche Möglichkeit aus.

Der Rb. war deshalb in vollem Umfang stattzugeben und unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Einspruchsentscheidung wieder herzustellen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410680

BStBl III 1963, 202

BFHE 1963, 551

BFHE 76, 551

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