Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Wird bei der Umtauschmüllerei dem vom Auftraggeber angelieferten Weizen hochwertiger ausländischer Weizen beigemengt, so ist deshalb der zurückgegebene Gegenstand (Weizenmehl) nicht aus einem Stoff (Weizen) hergestellt, der von anderer Art ist als der vom Auftraggeber hingegebene Stoff. Der Müller kann deshalb § 8 UStDB in Anspruch nehmen, wenn das Entgelt auch in diesem Falle nach Art eines Werklohnes unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffes und dem des überlassenen Gegenstandes berechnet wird.

 

Normenkette

UStDB §§ 8-9; UStG § 3/9; UStG § 3/12

 

Tatbestand

Der Bf. ist Inhaber eines Mühlenbetriebes; er betreibt Handels- und Kunden- (lohn-) Müllerei. Für den Veranlagungszeitraum 1956 ist streitig, ob auf einen Teil der Umsätze des Bf. § 8 UStDB anzuwenden ist. Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1957 hat der Bf. dem Prüfer erklärt, daß er infolge der schlechten Qualität der letztjährigen inländischen Weizenernte den in die Kundenmühle angelieferten Weizenmengen Auslandweizen beimenge; als Ausgleich sei die Umtauschquote geringer gewesen. Das Finanzamt sah daraufhin die Voraussetzungen des § 8 UStDB insoweit als nicht gegeben an.

In der Berufungsinstanz ist festgestellt worden, daß es sich bei dem ausländischen Qualitätsweizen um die Sorten Manitoba Nr. 3 und Hard Winter Nr. 2 gehandelt und der Hundertsatz der Bemahlung zwischen 29 und 30 % betragen hat.

Die Sprungberufung des Bf. blieb ohne Erfolg. Die Vorinstanz ist zu der Auffassung gelangt, daß mit der Beimengung ausländischen Qualitätsweizens als Gegenleistung ein aus andersartigem Stoff hergestellter Gegenstand zurückgegeben werde. Sie hat die streitigen Umsätze umsatzsteuerlich als Tausch (ß 9 UStDB) beurteilt mit der Folge, daß nicht nur der Werklohn, sondern der volle Wert der Lieferung zu versteuern sei. Ein Tausch liege auch dann vor, wenn der zurückgegebene Gegenstand aus einem Stoff hergestellt werde, der andersartig, z. B. höherwertig sei als der vom Auftraggeber hingegebene.

 

Entscheidungsgründe

Die gegen die Versagung der Versteuerung nach den Grundsätzen des § 8 UStDB gerichtete Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Die Anwendung des § 8 UStDB wäre dann nicht gerechtfertigt, wenn der zurückgegebene Gegenstand (Weizenmehl) aus einem Stoff (Weizen) hergestellt worden wäre, der von anderer Art war als der vom Auftraggeber hingegebene. Was unter einem "gleichartigen Gegenstand" im Sinne des § 8 UStDB zu verstehen ist, kann in den verschiedenen Wirtschaftszweigen durchaus verschieden beurteilt werden. Sicherlich würde ein Tausch vorliegen, wenn der Auftraggeber Roggen zur Mühle bringt und Weizenmehl zurückerhält. Man unterscheidet bei Getreide wohl die Brotgetreidearten Roggen und Weizen sowie die anderen Getreidearten Gerste, Hafer usw. (vgl. § 1 des Getreidegesetzes vom 4. November 1950, BGBl I S. 721, in der Fassung vom 24. November 1951, BGBl I S. 901), dem § 8 a. a. O. kann aber nicht entnommen werden, daß innerhalb der einzelnen Arten noch die besonderen Sorten oder Qualitätsmerkmale unterschieden werden müßten. Getreide kann je nach Anbaugebiet, Sorte, klimatischen Verhältnissen, Düngung und Erntewitterung von sehr verschiedener Qualität sein. Lohnmüllerei im Sinne des § 8 UStDB ist von je anerkannt worden, wenn der Erzeuger Getreide einer bestimmten Qualität anliefert und ein Mehl der gleichen Getreideart zurückerhält, das von verschiedenen Anlieferern stammt und ein übliches Mehl darstellt, wie es die betreffende Mühle aus dem gleichartigen Stoff herzustellen pflegt. Zwar ist in der für den streitigen Veranlagungszeitraum in Betracht kommenden Zehnten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz im Getreidewirtschaftsjahr 1956/57 vom 29. Juli 1956 (BGBl 1956 I S. 631) der Begriff "ausländischer Qualitätsweizen" enthalten. Dieser Begriff ist jedoch, worauf die Rb. hinweist, in der Regel für spätere Wirtschaftsjahre nicht mehr enthalten (vgl. Vierzehnte Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz im Getreidewirtschaftsjahr 1960/61 vom 13. Juni 1960, Bundesanzeiger 1960, Nr. 113). Es kann nicht angenommen werden, daß bei der andersartigen Zielsetzung der die Getreidebewirtschaftung betreffenden Gesetze und Verordnungen mit der Hervorhebung des "ausländischen Qualitätsweizens" eine besondere Getreideart auch für umsatzsteuerliche Zwecke festgelegt werden sollte. Die Vermahlungsanteile inländischen und ausländischen Weizens, der jeweils von ganz verschiedener Qualität sein kann, wird durch Rechtsverordnung des zuständigen Bundesministers geregelt. Sie wechseln je nach den inländischen Ernteergebnissen und den Bedürfnissen der deutschen Landwirtschaft (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 des Getreidegesetzes, wonach der Bundesminister bestimmen kann, in welchem Umfang die Mühlen inländischen und ausländischen Weizen zu Brotgetreide zu vermahlen haben). Wären jeweils Feststellungen über die Qualität der angelieferten Getreidesorten erforderlich, so wäre eine solche Auslegung des § 8 UStDB in diesem Wirtschaftszweig nicht mehr praktikabel. Im Urteilsfall V A 319/26 vom 8. Juni 1926 (RStBl 1926 S. 236), der die Wollspinnerei betraf, mögen andere Verhältnisse vorgelegen haben (vgl. aber auch das Urteil des Reichsfinanzhofs V A 182/25 vom 23. Oktober 1925, RStBl 1926 S. 14, Slg. Bd. 17 S. 228).

Es war weiterhin zu prüfen, ob im Streitfalle auch die Absicht der Parteien auf eine Arbeitsleistung gerichtet war und lediglich diese Leistung vergütet worden ist. In dieser Richtung ist nur festgestellt worden, daß der Bf. die Umtauschquote niedriger bemessen hat. Es ist aber nichts dafür dargetan, daß ein Tausch auf der Grundlage der derzeitigen Handelspreise zustande gekommen ist. Der Bf. hat vielmehr auch im Streitfalle nur die sogenannte Mahlmetze (Werklohn in Getreide) erhalten, deren Umfang sich auch dann, wenn nur inländisches Getreide vermahlen wird, nach der Qualität des angelieferten Getreides richten wird, ohne daß deshalb die Anwendbarkeit des § 8 UStDB bezweifelt würde. Der Bf. hat durch eine geringere Umtauschquote nur der geringeren Ergiebigkeit des feuchten Weizens aus dem Erntejahr 1956 Rechnung getragen, so daß sich im Ergebnis an der Höhe des Werklohns nichts geändert hat.

Die Vorentscheidung, die diese Rechtslage verkannt hat, war deshalb aufzuheben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410887

BStBl III 1963, 444

BFHE 1964, 342

BFHE 77, 342

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