Leitsatz (amtlich)

Nimmt ein Vater seinen Sohn unter unentgeltlicher überlassung eines Teils seines Kapitalkontos in sein Unternehmen auf, so gilt das bisherige Unternehmen als fortgeführt. Ein Unternehmerwechsel tritt nicht ein.

 

Normenkette

IHG §§ 6-7; IHDV § 5

 

Tatbestand

Der Streit geht um die Frage, ob die Beschwerdeführerin (Bfin.), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als ein am 1. Juli 1951 neu gegründeter Gewerbebetrieb nach § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft (IHG) mit 7 % zur Aufbringung herangezogen werden kann. Sie ist in folgender Weise entstanden:

Es bestand seit jeher das Unternehmen X, das durch Y als Einzelunternehmer ohne Eintragung im Handelsregister betrieben wurde. Durch Vertrag vom 30. Juni 1951 wurde zwischen Y (Vater) und dem fachlich vorgebildeten und im Betrieb tätigen Sohn eine Vereinbarung dahin getroffen, daß der Sohn in das Unternehmen des Vaters mit Wirkung vom 1. Juli 1951 eintreten sollte. Der bisherige Betrieb sollte mit allen Aktiven und Passiven in die so entstehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts übergehen unter Ausscheidung des einen wesentlichen Teil des Betriebsvermögens darstellenden Grundstücks, das im Eigentum des Vaters verblieb und gegen Erstattung der Abschreibungen und Reparaturen von der Gesellschaft genutzt werden sollte. Für den Sohn wurde im Wege der Schenkung zu Lasten des väterlichen Kapitalkontos eine Einlage von 10.000 DM gebildet. Die Vertretung des Sohnes ist auf die laufenden Geschäfte beschränkt. Nach Verzinsung der Kapitalanteile von Vater und Sohn soll der Gewinn im Verhältnis von 60 zu 40 % verteilt werden. Der Sohn muß seinen die vertraglich festgelegten Entnahmen übersteigenden Gewinnanteil im Geschäft belassen. Er ist bei Ausscheiden aus der Gesellschaft auf sein Guthaben in der Steuerbilanz beschränkt.

Die Bfin. reichte für die vorläufige Aufbringung der Investitionshilfe eine Erklärung ein, in der sie die Aufbringungspflicht auf 950 DM (abgerundet 900 DM) bezifferte. Das Finanzamt erkannte diese Berechnung nicht an, weil es in der Vertragsgestaltung vom 30. Juni 1951 eine Neugründung unter Einstellung des bisherigen Einzel-Gewerbebetriebs erblickte. Es legte gemäß § 7 Abs. 2 IHG einen Satz von 7 % des Ergebnisses 1951 zugrunde und gelangte so zu einer Aufbringungsleistung von 1.900 DM.

Gegen den Bescheid legte die Bfin. Einspruch und gegen die Zurückweisung Berufung ein. Das Finanzgericht hat den Bescheid bestätigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Im Kernpunkt ist streitig, ob durch die Vertragsgestaltung vom 30. Juni 1951 ein Unternehmerwechsel und damit eine Neugründung herbeigeführt worden ist, § 2 IHG in Verbindung mit § 5 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft (Erste IHDV). Das Gesetz spricht in § 2 von "Neugründung" eines Gewerbebetriebs. Der streitige Begriff "Unternehmerwechsel" ist durch die Erste IHDV (ß 5) geschaffen worden. Ob - wie die Rechtsbeschwerde meint - § 5 einen durch die Ermächtigung des § 38 IHG nicht gedeckten Gesetzesbefehl oder nur eine Auslegungsregel enthält, bedarf hier nicht der Prüfung. Denn ein Unternehmerwechsel liegt nicht vor.

Wirtschaftlich hat sich an dem vom Vater zunächst auch formal allein betriebenen Unternehmen nichts geändert. Es ist, um dem Sohn eine gesicherte Grundlage zu geben, in Vorwegnahme des künftigen Erbganges eine Aufspaltung des väterlichen Kapitalkontos erfolgt. Der neu geschaffene Anteil des Sohne beträgt mit 10.000 DM einen nicht erheblichen Bruchteil des in dem Betriebe steckenden Vermögens des Vaters.

Es ist richtig, daß sich das IHG hinsichtlich der Bestimmung der Aufbringungspflicht (ß 2) eng an die Grundsätze des Gewerbesteuerrechts anlehnt, indem es den Begriff "Gewerbebetrieb" aus dem Gewerbesteuergesetz übernimmt. Auch auf dem Gebiet der Gewerbesteuer gibt es keinen Grundsatz, der dazu zwingt, in der äußeren Gestaltung in jedem Falle gegenüber dem, was wirklich ist, einen Unternehmerwechsel zu erblicken. Es braucht hier nicht untersucht zu werden, welche Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sein müssen, damit bei Aufnahme einer weiteren Person in einen bestehenden Einzelbetrieb von einem Unternehmerwechsel, d. h. der Begründung eines neuen Unternehmens, unter Einstellung des bisherigen, gesprochen werden kann. Wo, wie vorliegend, im engsten Familienkreise ein Gewerbebetrieb ohne eine wesentliche Veränderung der bisherigen Grundlagen fortgeführt wird, vermag der Senat jedenfalls nicht anzuerkennen, daß der bisherige Betrieb als eingestellt, angesehen werden kann. Der Vater hat den wesentlichen Teil des Betriebskapitals sowie den dem Unternehmen dienenden Grundbesitz in seiner Hand behalten. Er hat lediglich dem Sohn vom künftigen Erbe einen Teil vorweg gewährt, ihm damit höhere Einnahme ermöglicht, ihn aber auf der anderen Seite von jeder bedeutsameren Willensgestaltung im Betriebe ferngehalten. Der Betrieb wird also unverändert fortgeführt.

Der erkennende Senat hat für die Gewährung der Bewertungsfreiheit nach § 7 a des Einkommensteuergesetzes 1949 bei unentgeltlicher Teilbetriebsübertragung im Sinne von § 5 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) die Unternehmer- und Unternehmensgleichheit auf § 5 Abs. 1 EStDV gestützt (Urteil des Bundesfinanzhofs I 17/52 U vom 6. Mai 1952, Slg. Bd. 56 S. 473, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1952 III S. 183). Gegen die übertragung dieser, die Unternehmergleichheit bejahenden Rechtsprechung auf das Recht der Investitionshilfe hat der Senat vorliegend keine Bedenken. In der Aufnahme des Sohnes liegt eine vorweggenommene Erbfolge, die an den Grundlagen des Betriebes nicht rührt, so daß in der Aufteilung des Kapitals weder eine Entnahme (des Schenkers), noch eine Wiedereinlage (durch den Beschenkten) gesehen werden kann (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 233/51 U vom 24. Oktober 1951, Slg. Bd. 56 S. 10, BStBl. 1952 III S. 5). Ein Unternehmerwechsel ist nicht eingetreten.

Auch die Verkehrsanschauung sieht in einer sich in Grenzen haltenden unentgeltlichen Mitbeteiligung eines im Betrieb schon tätigen Kindes keinen Unternehmerwechsel.

Von der Neugründung eines Betriebes kann keinesfalls gesprochen werden.

Die angegriffenen Entscheidungen werden daher aufgehoben. Die Sache geht an das Finanzamt zurück, das die Aufbringungsleistungen des Betriebes nach § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 IHG festzusetzen haben wird.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408005

BStBl III 1954, 323

BFHE 1955, 292

BFHE 59, 292

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