Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Erhält das Mitglied eines Einkaufsbundes dafür, daß es den Kaufpreis für den Warenbezug von den Lieferfirmen vorzeitig an den Einkaufsbund bezahlt, einen Zusatzskonto, so liegt ein Zahlungsabzug (Rabatt) vor.

 

Normenkette

UStG § 1 Ziff. 1, § 4 Ziff. 8, §§ 10, 5

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige - Stpfl. -), eine KG, betreibt ein Einzelhandelsgeschäft mit B-Waren. Der persönlich haftende Gesellschafter war Gesellschafter des Großeinkaufsverbandes der B-Warenhändler (GEB). Die Stpfl. hat 1955 mit dem GEB einen Vertrag abgeschlossen. In diesem Vertrag wurde der GEB von der Stpfl. beauftragt, mit den einschlägigen Lieferwerken Verträge abzuschließen, nach denen der GEB die Zentralregulierung und selbstschuldnerische Bürgschaft für sämtliche Warenbezüge der Stpfl. bei diesen Lieferwerken übernimmt. Die Stpfl. verpflichtete sich in dem Vertrag zur konditionsgemäßen Bezahlung aller Warenbezüge bei diesen Lieferwerken an den GEB. Die Konditionen waren damals 10 Tage oder 30 Tage oder 60 Tage nach Schluß der Lieferungsdekade. Meinungsverschiedenheiten mit den Lieferwerken waren von der Stpfl. selbst auszutragen. Der GEB verpflichtete sich, bei den Lieferwerken die Meistbegünstigung der Stpfl. zu erwirken und ihr einen von 1 % bis 2 % gestaffelten Zusatzskonto für die entweder nach 10 Tagen oder nach 30 Tagen an den GEB gezahlten Beträge zu gewähren. Solange die Zusatzskonti insgesamt nicht in Höhe der durchschnittlichen Dekadenregelung erreicht hatten, waren sie der Stpfl. auf ein Sonderkonto gutzuschreiben, das als Delkredererückstellung diente. Auf der anderen Seite schloß der GEB mit den Lieferwerken Verträge ab. Die Gesellschafter des GEB hatten nach diesem Vertrag die Bestellungen den Lieferwerken unmittelbar zu erteilen. Die Lieferwerke hatten die Rechnungen unmittelbar an den Besteller auszustellen und dem GEB eine Abschrift zu überlassen. Von diesem wurden für die Warenbezüge bei den Lieferwerken die zentrale Regulierung und das Delkredere übernommen. Das Lieferwerk hatte dafür dem GEB 2 % der Rechnungsbeträge zu vergüten. Die Rechnungen waren seitens des GEB dekadenweise zu den brancheüblichen Bedingungen zu bezahlen. Soweit durch den GEB Zahlungen geleistet wurden, ging der Anspruch des Lieferwerks an die Gesellschafter auf den GEB über. Außerdem hatte das Lieferwerk seinen Eigentumsvorbehalt an den GEB abzutreten.

Streitig ist, ob die Stpfl. mit den Beträgen, die sie von dem GEB als Zusatzskonto erhalten hat, umsatzsteuerpflichtig ist.

Die Stpfl. hielt eine Steuerpflicht nicht für gegeben. Bei der Betriebsprüfung im Jahre 1959 kam der Prüfer zu der Auffassung, daß die Stpfl. mit diesen Beträgen steuerpflichtig sei, weil sie durch die Einbringung ihres Warenbezugsvolumens den GEB in die Lage versetzt habe, die Geschäftsabwicklung in der vertragsmäßigen Weise durchzuführen und bei den Lieferwerken die 2%ige Vergütung zu erwirken. Das Finanzamt (FA) schloß sich dieser Auffassung an und berichtigte dementsprechend die Steuerfestsetzung.

Mit der Sprungberufung hatte die Stpfl. insofern Erfolg, als die Mehrumsätze der Höhe nach berichtigt wurden. Das Finanzgericht (FG) hielt jedoch nach Vernehmung des Betriebsprüfers und des Prokuristen des GEB die Steuerpflicht ebenfalls für gegeben. Es sah in der Erfüllung der dem GEB gegenüber eingegangenen Verpflichtungen durch die Stpfl. wirtschaftlich eine ins Gewicht fallende, selbständige, in hohem Maße das wirtschaftliche Interesse des GEB ausmachende und die von ihm verfolgten Zwecke fördernde Leistung im Sinne des § 1 Ziff. 1 UStG. Für die Erfüllung dieser Verpflichtungen sei der Stpfl. das umstrittene Entgelt zugeflossen, dessen Höhe einmal von der Schnelligkeit der Zahlung der Stpfl. und zum andern von der Höhe des Auftragsbestands abhänge. Von einem weitergeleiteten Preisnachlaß könne schon deshalb keine Rede sein, weil der GEB sowohl den Fabriken als auch den Anschlußhäusern gegenüber im eigenen Namen und für eigene Rechnung aufgetreten sei. Die Annahme eines durchlaufenden Postens habe das FA zu Recht verneint. Der Auffassung der Stpfl., die Entgelte seien nach § 4 Ziff. 8 UStG umsatzsteuerfrei, könne das FG nicht folgen. Es fehle im vorliegenden Fall an der für die Anwendung dieser Vorschrift vorausgesetzten Kreditgewährung der Stpfl. an den GEB. Der Gedanke an eine steuerfreie Gewinnausschüttung scheide ebenfalls aus, weil nicht die Stpfl., sondern der Komplementär der Stpfl. am GEB beteiligt gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Rb. der Stpfl., die gemäß § 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO als Revision zu behandeln ist. Sie wird auf Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts gestützt. Der zwischen der Stpfl. und dem GEB geschlossene Vertrag enthalte die Verpflichtung, 1/36 der Jahresgeldumsätze dem GEB zur Verfügung zu stellen. Es sei deshalb nicht richtig, wenn das FG ausführe, daß es an einer Kreditgewährung der Stpfl. fehle. Branchenüblich sei die Zahlung innerhalb 10 Tagen, 30 Tagen oder 60 Tagen. Die Fassung des Urteils lasse den Irrtum aufkommen, als sei das Versprechen auf schnelle Zahlung eine besondere Leistung. Im Protokoll über die mündliche Verhandlung fehle der ausdrücklich gemachte Hinweis, daß die gegenseitige Kreditgewährung des GEB und der Anschlußhäuser dem bankmäßigen Geschäft gleichzusetzen sei und daß die Anschlußhäuser nicht nur die Dekade beim GEB stehen ließen. Die schnelle Zahlungsweise innerhalb 10 oder 30 Tagen sei nur als Voraussetzung für die Rabattgewährung zu werten. Die gewährten Skonti seien Zahlungsrabatte und deshalb steuerfrei. Falls ein Leistungsaustausch festzustellen sei, ergebe sich die Steuerfreiheit aus § 4 Ziff. 8 UStG. Nach dem Urteil des BFH V 216/54 U vom 8. März 1956, BStBl 1956 III S. 158, Slg. Bd. 62 S. 427, sei die kontokorrentmäßige Belastung der Anschlußhäuser durch den GEB selbst dann als Kreditgewährung zu verstehen, wenn diese keine Guthaben hätten. Es könne kein Zweifel bestehen, daß der GEB sich als Finanzierungsinstitut betätigt habe. Mit der Bezahlung des Kaufpreises durch den GEB gehe die Forderung auf diesen über. Die Gewährung der Zusatzskonti sei ein Vorgang auf dem Boden der Begleichung der Geldschuld, die der Einzelhändler an den GEB habe. Dabei sei der Einzelhändler Schuldner, der GEB Gläubiger. Diesem Zahlungsvorgang entspreche ein Leistungsvorgang, bei dem der Einzelhändler Leistungsempfänger sei. Die Skonti könnten deshalb kein Leistungsentgelt für eine Leistung des Einzelhändlers sein. Sie seien eine Korrektur des Entgelts, das der Einzelhändler schulde. Die Erfüllung eingegangener Verpflichtungen stelle für sich allein keine Leistung im Sinne des § 1 Ziff. 1 UStG dar. Bei der Zahlung der Rechnung handle der GEB im fremden Namen und für fremde Rechnung. Den Kredit gewähre er im eigenen Namen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das FG hat in der Erfüllung der dem GEB gegenüber eingegangenen Verpflichtungen der Stpfl. und der Zahlung des Zusatzskontos für Zahlungseingänge innerhalb von 10 Tagen oder 30 Tagen durch den GEB einen Leistungsaustausch gesehen und deshalb die Steuerpflicht bejaht. Dabei hat es der Verpflichtung der Stpfl. zur konditionsgemäßen Bezahlung eine entscheidende Bedeutung beigemessen. Dieser Beurteilung kann nicht gefolgt werden. Der Begriff der Leistung ist zwar weit zu fassen. Eine Leistung ist jedoch nur dann steuerbar, wenn ihr eine Gegenleistung gegenübersteht. Umgekehrt kann ein Unternehmer mit einem von ihm vereinnahmten Betrag nur dann zur Umsatzsteuer herangezogen werden, wenn ihm dieser Betrag für eine Leistung, die er dem anderen gegenüber erbracht hat, zugeflossen ist. Leistung und Gegenleistung müssen in einem wechselseitigen ursächlichen Zusammenhang stehen (BFH-Urteil V 251/38 U vom 17. Dezember 1959, BStBl 1960 III S. 97, Slg. Bd. 70 S. 264). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Stpfl. hat sich in dem Vertrag mit dem GEB zur konditionsgemäßen Bezahlung aller Warenbezüge bei den einschlägigen Lieferfirmen an den GEB verpflichtet. Die Konditionen waren nach dem Vertrag 10, 30 oder 60 Tage nach Schluß der Lieferdekade. Hiernach war die Zahlung erst nach 60 Tagen fällig. Es stand der Stpfl. frei, schon nach 10 oder 30 Tagen zu zahlen, um dadurch in den Genuß der üblichen Skonti zu kommen. Machte sie hiervon Gebrauch, so stand ihr auch noch der in Streit befindliche Zusatzskonto zu. Zahlte sie später, so konnte sie den Zusatzskonto nicht beanspruchen. Hieraus ergibt sich, daß die Verpflichtung zur konditionsgemäßen Bezahlung in keinem wechselseitigen Verhältnis zum Erwerb des Zusatzskontos steht. Die Zahlung des Stpfl. war auch dann, wenn sie später als nach 30 Tagen bezahlte, noch konditionsgemäß, ohne daß sie einen Zusatzskonto erhielt. Es fehlt deshalb insoweit an einem Leistungsaustausch. Andere Verpflichtungen der Stpfl., die zur Gewährung des Zusatzskontos im Verhältnis eines Leistungsaustausches stehen würden, sind aus dem Vertrag nicht zu ersehen. Die Schnelligkeit der Zahlung und die Erreichung einer bestimmten Höhe des Auftragsbestands kommen dafür nicht in Betracht, da sich die Stpfl. dazu nicht verpflichtet hat und es sich dabei nur um die Voraussetzungen für die Gewährung des Zusatzskontos durch den GEB handelt.

Der wirtschaftliche Sinn des Zusatzskontos ergibt sich aus dem Vertragszusammenhang. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Zahlungen der Stpfl. an den GEB als Begleichung der Kaufpreisforderungen aus den Lieferungen der B-Waren oder eines sonstigen Anspruchs der GEB gegen die Stpfl. anzusehen sind. In beiden Fällen wird eine Geldschuld bezahlt und der Zusatzskonto für die vorzeitige Zahlung dieser Schuld gewährt. Die Bewilligung eines Zahlungsabzugs an der Schuld durch den Gläubiger, weil der Schuldner vor der Fälligkeit bezahlt, stellt aber wirtschaftlich einen Preisnachlaß dar. Es liegt deshalb ein echter Skonto vor. Diese Beurteilung entspricht nicht nur der Bezeichnung im Vertrag als Zusatzskonto, sondern auch dem Zweck der Zentralregulierung, den Einkauf der B-Waren durch die Gesellschafter der GEB zu verbilligen. Als zusätzlicher Skonto ist dieser Betrag deshalb anzusehen, weil er neben dem üblichen Skonto gegeben wird. Daß zur Bezahlung des Sonderskontos zum Teil die Vergütungen verwendet werden, die die Lieferwerke an die GEB für die zentrale Regulierung und die übernahme des Delkredere entrichten, steht der Annahme einer Zahlungskürzung nicht entgegen.

Eine Steuerbefreiung nach § 4 Ziff. 8 UStG hat das FG zu Recht abgelehnt. Auch wenn in der Belassung der auf dem Sonderkonto der Stpfl. bei der GEB gutgeschriebenen Beträge eine Kreditgewährung zu sehen ist, fehlt es an der inneren Verknüpfung zwischen dieser Kreditgewährung und der Zahlung des Zusatzskontos. Soweit der GEB der Stpfl. Kredit gewährt, kann diese Kreditgewährung nicht Gegenleistung für den Zusatzskonto sein. Die Annahme eines durchlaufenden Postens haben die Stpfl. und das FA selbst nicht in Erwägung gezogen.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 471

BFHE 1966, 553

BFHE 85, 553

StRK, UStG:1/1 R 401

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