Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchgangszimmer als Arbeitszimmer

 

Leitsatz (NV)

Der steuerlichen Anerkennung eines Raumes als Arbeitszimmer steht nicht von vornherein entgegen, daß es sich um ein Durchgangszimmer zum Schlafzimmer handelt.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Lehrer. Sie machten im Streitjahr 1984 jeweils Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im selbstgenutzten Einfamilienhaus als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen insbesondere mit der Begründung nicht an, daß eine erhebliche private Mitbenutzung darin zu sehen sei, daß es sich bei dem Raum um ein Durchgangszimmer zum Schlafzimmer des Klägers handele.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen erhobene Klage ab und führte aus: Die für die steuerliche Anerkennung eines Arbeitszimmers erforderliche Trennung von den privat genutzten Räumen sei nicht gegeben, wenn das Arbeitszimmer durchquert werden müsse, um in andere privat genutzte Räume der Wohnung zu gelangen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 18. Oktober 1983 VI R 180/82, BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110). Die im Streitfall vorhandene Möglichkeit, das Schlafzimmer über den Balkon zu erreichen, ändere an dieser Beurteilung nichts. Unerheblich sei auch, wie häufig das Arbeitszimmer täglich als Durchgangszimmer zum Schlafzimmer benutzt worden sei.

Die Kläger stützen ihre vom BFH zugelassene Revision sinngemäß auf eine Verletzung der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und machen geltend, die private Nutzung des Arbeitszimmers sei nur von untergeordneter Bedeutung. Sie hätten ihr Einverständnis mit der Aufklärung der tatsächlichen Nutzung gegeben, so daß diese zu ihren Lasten nicht deshalb unterbleiben könne, weil der Sachverhalt nur durch Nachforschungen in den verfassungsrechtlich geschützten Bereichen der Familie bzw. der Wohnung aufzuhellen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Der erkennende Senat hat nach Erlaß des angefochtenen Urteils entschieden, es stehe der steuerlichen Anerkennung eines Raumes als Arbeitszimmer nicht von vornherein entgegen, daß es sich um ein Durchgangszimmer zum Schlafzimmer handelt (Urteile vom 19. August 1988 VI R 69/85, BFHE 154, 128, BStBl II 1988, 1000; VI R 99/87, BFH/NV 1989, 219). Liegt ein Durchgangszimmer zu nur einem Raum vor, ist nicht das Urteil in BFHE 139, 518, BStBl II 1984, 110 einschlägig, sondern entsprechend den Grundsätzen in der Entscheidung vom 26. April 1985 VI R 68/82 (BFHE 144, 31, BStBl II 1985, 467) nach den Umständen des Einzelfalles zu gewichten, ob der Raum so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird.

2. Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG von anderen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit es die zur Entscheidung des Streitfalles maßgeblichen Tatsachen feststellt. Es wird neben der noch zu ermittelnden Intensität der beruflichen Nutzung des Raumes durch den Kläger in seine Gesamtwürdigung auch die Möblierung des Raumes einbeziehen und ggf. aufklären müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418238

BFH/NV 1992, 459

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