Leitsatz (amtlich)

1. Die Übertragung des ideellen Miteigentums an einem Grundstück zwischen Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft unterliegt der GrESt. Die Befreiungsvorschriften des § 3 Nrn. 4 und 5 GrEStG sind nicht anwendbar.

2. Die Frage, ob das Grundstücksmiteigentum unentgeltlich im Sinne der Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 2 GrEStG oder entgeltlich übertragen worden ist, ist nach den Vereinbarungen zwischen den Ehegatten über die - sofortige oder künftige - Verrechnung der aus Anlaß der Errichtung eines Gebäudes geleisteten "Beiträge" zu beantworten.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1, § 3 Nrn. 2, 4-5, §§ 10-12

 

Tatbestand

Der Ehemann der Klägerin war Alleineigentümer eines Grundstücks, auf dem ein im Dezember 1959 bezugsfertig gewordenes Wochenendhaus errichtet worden ist, das den in Zugewinngemeinschaft lebenden Eheleuten nach deren Angaben als Alterssitz dienen soll. Der Ehemann überließ seiner Ehefrau durch notariell beurkundeten Vertrag im Oktober 1960 "schenkungsweise" den halben Miteigentumsanteil am Grundstück.

Das FA (Beklagter) verneinte eine Schenkung und zog die Klägerin aus ihrem "Beitrag zu den Baukosten" als Gegenleistung von zunächst 25 000 DM, in der Einspruchsentscheidung zusätzlich aus einem weiteren geschätzten Baukostenanteil von 2 500 DM, zur Grunderwerbsteuer heran.

Die Klägerin meint, der Erwerb des Grundstücksmiteigentumsanteils unterliege nicht der Grunderwerbsteuer, da der Erwerb lediglich der Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten durch Zusammenführung (Umschichtung) gemeinsamen Vermögens gedient habe.

Auch die Berufung war erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Rechtsbeschwerde - jetzt Revision - ist, wenn auch aus anderen als den vorgetragenen Gründen (§ 118 Abs. 3 Satz 2 FGO, vgl. § 296 Abs. 2 Satz 2 AO a. F.), begründet. Sie führt unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Die Revision rügt, die Entscheidung des FG gehe - wie die Einspruchsentscheidung - "an den tatsächlichen Gegebenheiten vorbei". Der Kauf mehrerer Grundstücke im gemeinsamen Vorhaben beweise, daß "auf diesen Grundstücken ... die Eheleute ein Eigenheim errichtet" hätten, so daß "Bauherren und Eigentümer auf der aufstehenden Gebäulichkeit ... die Eheleute" gewesen seien; nur der halbe Anteil am Grund und Boden sei Gegenstand des Schenkungsvertrags gewesen. Das FG dagegen hat festgestellt, daß der Ehemann der Klägerin auf dem streitbefangenen Grundstück ein Wochenendhaus errichtet habe.

Es kann dahinstehen, ob in der Rüge der Klägerin eine wirksame Verfahrensrüge (etwa der mangelnden Sachaufklärung) zu erblicken ist (§ 288 Nr. 2, § 290 Abs. 1, § 296 Abs. 1, 2 AO a. F.; vgl. § 118 Abs. 1, 2, § 120 Abs. 1, 2 Satz 2 FGO). Denn die Vorentscheidung muß - auch ohne Verfahrensrüge - bereits deshalb aufgehoben werden (Urteil des BFH II R 36/67 vom 5. März 1968, BFH 92, 416, 418 BStBl II 1968, 610), weil die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht ausreichen, um seine Entscheidung zu rechtfertigen, es liege keine Schenkung (§ 3 Nr. 2 GrEStG) vor, vielmehr seien die finanziellen Beiträge der Klägerin zum Bau des Hauses dem Grund und der Höhe nach Gegenleistung für den Erwerb des Miteigentumsanteils am Grundstück gewesen.

In tatsächlicher Hinsicht hat das FG insoweit lediglich festgestellt, daß die Klägerin zum Bau des Hauses 25 000 DM aus eigenen Mitteln beigetragen habe, während weitere 20 000 DM aus gemeinsamen Ersparnissen beider Ehegatten hierfür verwendet worden seien. Tatsächliche Feststellungen darüber, auf Grund welcher konkreten Vereinbarungen zwischen den Ehegatten - mit welchem Ziel und zu welchen Bedingungen die Klägerin ihre "Mittel" (wie?, wem?, als was?) zur Verfügung gestellt hat, sind nicht getroffen. Wenn das FG in den Gründen seiner Entscheidung ausführt, die Klägerin habe den halben Miteigentumsanteil "offensichtlich" als Ausgleich für ihre nicht unerheblichen Beiträge zum Bau des Hauses erhalten, so ist dies eine nicht durch Tatsachen belegte Vermutung, die - selbst wenn man unterstellt, sie träfe zu -, für sich, wie noch darzulegen ist, nicht ohne weiteres den sicheren rechtlichen Schluß gestattet, die Klägerin habe auf einen ihr bereits zur Zeit des Erwerbs des Grundstücksmiteigentums zustehenden Rückforderungsanspruch verzichtet.

2. Unzutreffend ist allerdings die Auffassung der Klägerin, die Übertragung eines Grundstücks (Miteigentums) zwischen Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zur Regelung güterrechtlicher Beziehungen unterliege überhaupt nicht der Grunderwerbsteuer. Bei der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 ff. BGB) gibt es - wie bereits das FG insoweit zutreffend ausgeführt hat - gemeinschaftliche Vermögensmassen nicht, also auch keine Auseinandersetzung wie bei der Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtgutes (§§ 1471 ff. BGB). Vielmehr sind das Vermögen des Mannes und das der Frau getrennte Vermögensmassen (§ 1363 Abs. 2 BGB). Dementsprechend unterliegen Grundstücksübertragungen (auch des ideellen Miteigentums; § 1008 BGB; Boruttau/Klein, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 9. Aufl. § 1 Tz. 30) zwischen Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft - ohne Anwendbarkeit der Befreiungstatbestände des § 3 Nrn. 4 und 5 GrEStG - der Grunderwerbsteuer, es sei denn, daß ein anderer Befreiungstatbestand, etwa nach § 3 Nr. 2 GrEStG, eingreift (BFH-Urteil II 132/65 vom 13. Januar 1970, BFH 98, 453, BStBl II 1970, 440).

Die Klägerin meint, Gegenstand des Vertrags sei nur der Grund und Boden als bisheriges Alleineigentum ihres Ehemannes gewesen, während das darauf (auf diesem Alleineigentum) in BGB-Gesellschaft gemeinsam errichtete Gebäude bereits gemeinsames Eigentum der Eheleute gewesen sei. Da weder dargetan noch sonst ersichtlich ist, daß das nach Angabe der Eheleute als Alterssitz vorgesehene Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zweck oder in Ausübung eines Rechts an einem Grundstück errichtet worden wäre (§ 95 BGB), ist mit dem FG davon auszugehen, daß das Gebäude - falls auf dem Alleineigentum des Ehemannes errichtet - als dessen wesentlicher Bestandteil (§§ 93, 94 BGB) im bürgerlich-rechtlichen Sinn Alleineigentum des Ehemannes geworden war (§§ 903 ff., § 946 BGB) und somit notwendig auch Gegenstand des notariellen Vertrags vom Oktober 1960 sein mußte (vgl. BFH-Urteil II 55/64 vom 21. Juni 1971, BFH 103, 11, 13, BStBl II 1971, 692). Selbst wenn man mit der Klägerin unterstellen will, daß die Eheleute gemeinsam - etwa in Gesellschaft bürgerlichen Rechts - die Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 GrEStG) nur am Gebäude (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG) erworben hätten (vgl. BFH-Urteil II 30/63 vom 27. April 1966, BFH 86, 165, 168), schlösse dies nicht aus, daß als grunderwerbsteuerbarer Erwerbsvorgang (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) die Übertragung des sachenrechtlichen Miteigentums am Grundstück mit aufstehendem Gebäude in Betracht kam (§ 1 Abs. 5 GrEStG; BFH-Beschluß II B 1/67 vom 30. Mai 1967, BFH 89, 68, 69).

3. Die weitere Frage, ob das Grundstücksmiteigentum unentgeltlich (im Sinne des § 3 Nr. 2 GrEStG) oder gegen Gegenleistung (§ 10 Abs. 1, § 11 GrEStG) oder ohne bzw. gegen nicht zu ermittelnde (geldwerte) Gegenleistung (§ 10 Abs. 2 Nr. 1, § 12 GrEStG; vgl. auch BFH 89, 69; Urteil II 72/63 vom 28. November 1967, BFH 91, 104, 106, 108, 110, BStBl 1968 II, 239) übertragen worden ist, beantwortet sich entscheidend nach den - bisher nicht geklärten - Vereinbarungen zwischen den Eheleuten über die - sofortige oder künftige - Verrechnung der "Beiträge" der Klägerin aus Anlaß der Errichtung des Gebäudes.

Unbeschadet der sich aus der Zugewinngemeinschaft ergebenden güterrechtlichen Verhältnisse können die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten auch schuldrechtlicher, z. B. auch gesellschaftsrechtlicher Natur sein (vgl. Felgentraeger bei Staudinger, Kommentar zum BGB, 10./11. Aufl., § 1365 Tz. 5; Lange bei Soergel/Siebert, Kommentar zum BGB, 10. Aufl., § 1363 Tz. 8, 9; Thomas bei Palandt, Kommentar zum BGB, 31. Aufl., § 705 Anm. 8); sie können auch stillschweigend und ohne die Form des § 1410 BGB wirksam sein (vgl. Gaul bei Soergel/Siebert, a. a. O., § 1410 Tz. 2, § 1408 Tz. 7).

a) Es mag - angesichts des Vorbringens eines gemeinsamen Vorhabens mit Ausgleich der beiderseitigen Beiträge - naheliegen, daß die Klägerin die 25 000 DM und ihren Anteil an den gemeinsamen Ersparnissen ihrem Ehemann unter der Voraussetzung und in der Erwartung (unter stillschweigender Vereinbarung) zur Verfügung gestellt hatte, daß ihr Ehemann ihr Miteigentum am streitigen Grundstück (einschließlich Gebäude) übertragen werde und daß sie mit Erwerb des Miteigentums unter gegenseitiger Verrechnung (vgl. § 387 BGB) beiderseitiger Ansprüche auf einen bereits entstandenen Rückforderungsanspruch (vgl. § 607 Abs. 1 BGB) verzichtete. Dann wäre allerdings in dem (auch stillschweigend möglichen) Verzicht auf die Geltendmachung eines Rückforderungsanspruches die Gegenleistung für den bürgerlich-rechtlichen Erwerb des Grundstücksmiteigentums zu erblicken.

Bis zur Klärung des Gegenteils kann aber nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden, daß der Ehemann - dann in Übereinstimmung mit dem für die Auslegung des Vertrags allerdings nicht allein ausschlaggebenden Wortlaut der notariellen Urkunde - den Miteigentumsanteil in der Tat "schenkungsweise", in echter Bereicherungsabsicht, der Klägerin übertragen wollte und daß die Klägerin somit ihren Anspruch auf Rückerstattung ihrer Mittel nicht einbüßen sollte.

b) Auch bei güterrechtlicher Würdigung kann Grunderwerbsteuerpflicht nicht ohne weiteres unterstellt werden.

Nach § 1380 Abs. 1 Satz 1 BGB werden auf die später - erst mit Beendigung der Zugewinngemeinschaft - entstehende Ausgleichsforderung (§ 1378 Abs. 1 bis 3 BGB) die Zuwendungen angerechnet, bei denen dies der Zuwendende spätestens mit der Zuwendung ausdrücklich, wenn auch gegebenenfalls nur formlos, bestimmt hat (Felgentraeger, a. a. O., § 1380 Tz. 14, 16). Nach § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB ist dies im Zweifel - auch wenn der Zuwendende sich darüber keine Gedanken gemacht hat - bei Zuwendungen anzunehmen, die den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigen. Letzteres unterstellt, handelt es sich bei § 1380 Abs. 1 Satz 2 BGB jedoch nur um eine Auslegungsregel, die ebensowenig eingreift wie dessen Satz 1, wenn der Zuwendende ausdrücklich anderes bestimmt hat (Felgentraeger, a. a. O., Tz. 2, 19; Lange, a. a. O., § 1380 Tz. 11).

Sollte der Ehemann der Klägerin bestimmt haben, daß die Zuwendung des Miteigentumsanteils auf eine spätere (nur mögliche) Ausgleichsforderung nicht anzurechnen sei, könnte die Unentgeltlichkeit der Zuwendung jedenfalls aus diesem Grunde nicht verneint werden. Selbst wenn aber die Zuwendung später auf die Ausgleichsforderung anzurechnen wäre - wie die Klägerin, anscheinend als Erwiderung auf die Einspruchsentscheidung, beim FG vortrug -, könnte gegen die nachträgliche GrESt-Pflicht eingewendet werden, daß die seinerzeitige Zuwendung ihren Rechtscharakter auch durch spätere Ausgleichsansprüche nicht verlieren könne (siehe Boruttau/Klein, a. a. O., § 3 Tz. 94). Zu dieser Frage ist jedoch - wie auch im Fall des Urteils BFH 98, 453, 456 - nicht abschließend Stellung zu nehmen, hier schon deshalb nicht, weil bei Fortbestehen der Zugewinngemeinschaft eine Ausgleichsforderung noch nicht entstanden ist und weil der Senat nur über eine konkrete Rechtsfrage, und auch dies nur an Hand festgestellter Tatsachen zu entscheiden hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413155

BStBl II 1972, 588

BFHE 1972, 298

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