Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Darlehen einer Stadtgemeinde an ihre Stadtwerke in der DM-Eröffnungsbilanz, insbesondere ihre Umstellung über den Nennbetrag der RM-Schlußbilanz hinaus.

 

Normenkette

DMBG § 30

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewertung eines Darlehens in der DM-Eröffnungsbilanz, das die Stadtgemeinde ihren Stadtwerken, der Beschwerdeführerin (Bfin.), in der RM-Zeit gewährt hat. Die Bfin. hatte in der RM-Schlußbilanz ein Eigenkapital (Stammkapital + Reserven + Gewinn) von 678.395,02 RM und Schulden bei der Stadt in Höhe von 743.663,38 RM ausgewiesen. Die Schulden stammten mit 650.000 RM aus einem mit 8 % verzinslichen Darlehen der Stadt, das nach Darstellung des Finanzgerichts am 11. Mai 1948 mit 500.000 RM und am 31. Mai 1948 mit 150.000 RM gegeben worden sei. In der Bilanz der Bfin. zum 31. März 1948 waren an Schulden bei der Stadt 93.663,38 RM ausgewiesen. Unter Einrechnung dieser Schuld betrugen die Schulden bei der Stadt lt. RM-Schlußbilanz insgesamt 743.663,38 RM. In der DM-Eröffnungsbilanz hat die Bfin. das Eigenkapital mit 634.589,71 DM und die Schulden bei der Stadt mit 700.000 DM ausgewiesen.

Das Finanzamt erkannte in der Einspruchsentscheidung den Betrag von 700.000 DM Schuld an die Stadt nicht in voller Höhe an. Es sei anzunehmen, daß das Darlehen von der Stadt an ihren Eigenbetrieb nur im Hinblick auf die bevorstehende Währungsreform gegeben worden sei. Die Bfin. habe am 20. Juni 1948 625.000 RM flüssige Mittel gehabt, von denen allein 582.299,60 RM in einem Guthaben bei der Stadtkasse bestanden und denen nur 9.594,76 RM Lieferer- und Leistungsschulden gegenübergestanden hätten. Unberücksichtigt seien hierbei noch 157.196,60 RM in der Zeit vom 31. März bis 20. Juni 1948 gegebene Anzahlungen, Forderungen mit rd. 14.290 RM und Steuervorauszahlungen mit 45.175 RM. Kein Privatunternehmer hätte in dem gleichen Zeitpunkt ein derartiges Darlehen aufgenommen und dieses Darlehen im Verhältnis 1 : 1 bei der Währungsreform umgestellt. Lediglich hinsichtlich des Betrages von 93.663 RM könne die Umwandlung im Verhältnis 1 : 1 anerkannt werden.

Dem gegenüber machte die Bfin. im Berufungsverfahren folgendes geltend:

Durch die überweisung der 650.000 Mark auf das Konto der Stadtwerke bei der Stadtkasse sei der Betrag aus dem Vermögen der Stadt ausgeschieden. Das Darlehen habe mit der Währungsumstellung nichts zu tun. Schon im Jahre 1947 sei zur durchgreifenden Neuregelung der Wasserversorgung der Stadt der Anschluß an eine Talsperre vorgeschlagen worden. Mitte Juli 1947 habe man mit den Planungsarbeiten begonnen. Unabhängig davon habe die Gemeindevertretung in der Sitzung vom 5. Februar 1948 ein Sofortprogramm beschlossen, das eine wesentliche Verbesserung der Wasserversorgung habe ermöglichen sollen. Das Gesamtprojekt habe etwa 2,8 Mill RM und das Sofortprogramm etwa 650.000 RM erfordert. Die Aufnahme des Darlehens sei zur Durchführung des Sofortprogrammes wirtschaftlich notwendig gewesen. Bis zum Währungsstichtag seien bereits 86.000 RM Kosten und 157.000 RM Anzahlungen auf in Arbeit befindliche Bauten angefallen. Die vom Finanzamt mitgeteilten Zahlen enthielten die aus dem Darlehen entstandenen Guthaben.

Die Berufung war zum Teil von Erfolg. Das Finanzgericht kam zu der überzeugung, daß das Darlehen nicht mit Rücksicht auf die Währungsreform gewährt worden sei, sondern in dem Sofortprogramm seine Grundlage gehabt habe. Es war aber der Auffassung, daß die Aufwertung in einem Ausmaße erfolgt sei, die in der Lage der Verhältnisse bei den Stadtwerken nicht begründet sei. Unter Würdigung aller Verhältnisse, insbesondere des Eigenkapitals vor und nach der Währungsreform, der in der RM-Bilanz enthaltenen stillen Reserven sah das Finanzgericht eine Aufwertung mit einem Betrage von 375.408 DM (einschließlich der Umstellung der oben mitgeteilten Schuld von 93.663,38 RM) als gerechtfertigt an.

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts haben die Stadtwerke und der Vorsteher des Finanzamts Rechtsbeschwerde (Rb.) eingelegt. Die Stadtwerke bestreiten die Richtigkeit der vom Finanzgericht vorgenommenen Erwägungen und beantragen, die Umstellung des Darlehens, wie sie in der Handelsbilanz dargestellt sei, anzuerkennen. Das Finanzamt beantragt Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung. Hierbei macht das Finanzamt im wesentlichen folgendes geltend:

Die Stadtwerke hätten nicht bei der Stadtsparkasse, sondern bei der Stadtkasse selbst ein Guthaben von 582.299 RM besessen. Dieses Guthaben gehe zum größten Teil auf die Darlehnsgewährung in Höhe von 650.000 RM zurück. Das Finanzgericht habe diese Tatsache vollkommen verkannt und sei davon ausgegangen, daß das Guthaben bei der Stadtsparkasse bestanden habe. Im Ergebnis sei also der Tatbestand der, daß die Stadtwerke nur einen Teil der in Aussicht gestellten Darlehnsbeträge erhalten hätten. In der Bilanz habe man aber die von der Stadt noch nicht ausbezahlten Beträge bereits als Darlehen ausgewiesen und mit 1 : 1 umgestellt, während man gleichzeitig das Guthaben, das mit dem Darlehen auf das engste verbunden sei, 10 : 1 umgestellt habe. Ein derartiges Vorgehen sei nicht vertretbar.

Die Stadtwerke erkennen den vom Finanzamt mitgeteilten Tatbestand als zutreffend an. Sie sind jedoch der Auffassung, daß die Beträge als Forderungen und Schulden getrennt behandelt werden müßten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.

Es ist nicht zulässig, die bei der Stadtkasse gutgeschriebenen RM-Beträge in vollem Umfange von dem Darlehen loszulösen. Ein Darlehen und damit eine passivierungsfähige Verpflichtung liegt nur insoweit vor, als die auf Grund der Darlehnsverpflichtung an den Darlehnsnehmer zu zahlenden Beträge auch tatsächlich geleistet worden sind. Die Bfin. hat aus einem noch nicht erhaltenen Darlehnsbetrag ein Guthaben und eine Schuldverpflichtung gemacht und diese verschieden umgestellt. Im Ergebnis hat sie in der DM-Eröffnungsbilanz die stillen Reserven der RM-Schlußbilanz in eine Schuldverpflichtung gegen die Stadt umgewandelt. Das ist nicht zulässig. Es ist zwar zulässig, eine Darlehnsverpflichtung gegenüber einem Gesellschafter in der DM-Eröffnungsbilanz höher umzustellen als dem gesetzlichen Umstellungsverhältnis entsprechen würde (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 1/52 S vom 29. Januar 1952, Bundessteuerblatt (BStBl.) III S. 73, Slg. Bd. 56 S. 180; I 55/52 U vom 9. September 1952, BStBl. III S. 276, Slg. Bd. 56 S. 719). Die oberste Grenze ist jedoch die Umstellung 1 : 1. Ein darüber hinausgehender Betrag stellt eine Gewinnausschüttung in der DM-Zeit, also keinen Vorgang der Währungsumstellung dar. Siehe hierzu auch Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 152/32 vom 13. September 1932, Mrozek-Kartei, Einkommensteuergesetz 1925, § 108 Abs. 1 Rechtsspruch 29. Er kann deshalb in der DM-Eröffnungsbilanz nicht ausgewiesen werden. Hinsichtlich des mengenmäßigen Zusammenhanges der Wirtschaftsgüter der RM-Schlußbilanz und der DM-Eröffnungsbilanz wird auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs I 136/52 S vom 10. März 1953, BStBl. III S. 139, Slg. Bd. 57 S. 351; IV 232/52 U vom 12. März 1953, BStBl. III S. 155, Slg. Bd. 57 S. 394 und I 119/53 U vom 15. Dezember 1953, BStBl. 1954 III S. 33, verwiesen. Hieraus ergibt sich, daß hinsichtlich der Bewertung keine Bindung der DM-Eröffnungsbilanz an die RM-Schlußbilanz besteht, soweit nicht Sondervorschriften des D-Markbilanzgesetzes Abweichendes bestimmt haben. Das bestandsmäßig richtig ermittelte Betriebsvermögen für die RM-Schlußbilanz muß sich aber bestandsmäßig mit dem Betriebsvermögen der DM-Eröffnungsbilanz decken. Am 20. Juni 1948 noch nicht bestehende Schulden können deshalb auch in der DM-Eröffnungsbilanz nicht ausgewiesen werden.

Es erscheint zweckmäßig, die Angelegenheit zur nochmaligen Würdigung unter Berücksichtigung der oben dargestellten Gesichtspunkte an das Finanzgericht zurückzugeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407874

BStBl III 1954, 125

BFHE 1954, 562

BFHE 58, 562

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