Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Doppelbesteuerungsabkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergütungen einer Hypothekenbank für die Tätigkeit der auf Grund des Hypothekenbankgesetzes bestellten staatlichen Kommissare unterliegen nicht der Aufsichtsratsteuer.

 

Normenkette

EStG § 45; OECD-MA 16

 

Tatbestand

Der Streit geht um den Steuerabzug der Bezüge, die die Steuerpflichtige (Stpfl.), eine Hypothekenbank, an die auf Grund der Vorschriften des Hypothekenbankgesetzes zur überwachung ihrer Geschäftstätigkeit bestellten Kommissare zahlt. Nur hinsichtlich der Bezüge ihres Aufsichtsrats hat die Beschwerdegegnerin (Bgin) den Steuerabzug vorgenommen, im übrigen aber davon abgesehen, weil sie der Ansicht ist, daß es sich insoweit nicht um abzugspflichtige Beträge handle; die Empfänger würden von der Staatsaufsichtsbehörde bestellt und auf die Höhe der ihnen gewährten Vergütungen habe die Bank keinen Einfluß.

Das Finanzamt hat für die an die staatlichen Aufsichtspersonen im Jahre 1953 entrichteten Beträge insgesamt 525 DM als Steuerabzug von Aufsichtsratsvergütungen angefordert.

Auf die Sprungberufung der Stpfl. hat das Finanzgericht den Bescheid des Finanzamts ersatzlos aufgehoben mit der Begründung, daß nur die Vergütungen an Mitglieder von Aufsichtsratsorganen, deren Stellung auf handels- oder gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruhten, dem Steuerabzug unterlägen, während es sich hier um Personen handle, die zur Erledigung öffentlich-rechtlicher Aufgaben von einer gesellschaftsfremden Stelle, der staatlichen Aufsichtsbehörde, berufen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts ist unbegründet. Die Besteuerung der Vergütungen der Aufsichtsratsmitglieder hat eine lange Entwicklung durchlaufen. Sie war zuerst im Reichsstempelgesetz enthalten, wurde später in das Kapitalverkehrsteuergesetz (KapVStG) eingearbeitet, wo sie in § 63 KapVStG von 1922 geregelt war. Der Kreis der Personen, deren Vergütungen zur Steuer herangezogen werden sollten, umfaßt dort eindeutig nur die Personen, denen Vergütungen auf Grund verfassungsmäßiger Bestallung gewährt wurden. Da unter Verfassung in diesem Zusammenhang nur die Satzung verstanden werden kann, die sich die in Betracht kommenden Unternehmungen selbst gegeben haben, schieden damit die Vergütungen der von Amts wegen über ein Unternehmen gesetzten Aufsichtsorgane aus.

In der Folgezeit wurde die Besteuerung der Aufsichtsratsvergütungen aus dem KapVStG herausgenommen und in das Einkommensteuerrecht verwiesen und zwar:

in das Körperschaftsteuergesetz (KStG) durch Verbot der Geltendmachung als Betriebsausgaben sowie als Grundlage der Mindestbesteuerung,

in das Einkommensteuergesetz (EStG), wo die Bezüge der Empfänger dem Steuerabzug unterworfen werden.

Nach dem Zusammenbruch übernahm die Gesetzgebung der Besatzungsmächte die Vorschriften für die Körperschaften unverändert und regelte in Artikel I § 45 des Gesetzes der Militärregierung Nr. 64 die Einkommensteuerpflicht der Empfänger neu. Diese Bestimmung ist unverändert geltendes Recht. § 45 EStG schreibt den Steuerabzug von den Vergütungen (als Aufsichtsratsteuer) vor.

Die §§ 12, 17 des geltenden KStG bzw. § 45 des geltenden EStG stimmen mit den früheren Fassungen nicht völlig überein. Während § 17 KStG 1925 noch dem KapVStG folgend das Erfordernis verfassungsmäßiger Bestallung aufgestellt hatte, bezeichnen die geltenden Bestimmungen als Gegenstand der Steuer allgemein die Vergütungen, die von den Unternehmungen an dort bezeichnete Personen gewährt werden.

Der Senat ist nicht der Ansicht, daß die Ausmerzung des Wortes "verfassungsmäßig" aus dem § 17 KStG 1925 als anderweite Abgrenzung des Kreises der Empfänger zu verstehen ist. Mit dem Worte sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß nur die Vergütungen erfaßt werden sollten, die aus eigener Entschließung des Unternehmers gewährt werden. Dieser Zweck wird auch durch die gegenwärtige Fassung erreicht, wenn es dort heißt, daß die Vergütungen "von" den Unternehmungen "gewährt" werden müssen. Die ausdrückliche Betonung der verfassungsmäßigen Bestallung war überflüssig und konnte ohne Schaden fortbleiben. Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, daß der Aufgabenkreis der nach dem Hypothekenbankgesetz bestellten Aufsichtspersonen etwa dem des Aufsichtsrats im eigentlichen Sinne entspricht, so mag dies zutreffen, ebenso wie es richtig ist, daß die Aufzählung der Empfänger nur beispielhaft, aber nicht abschließend ist. Jedoch kommt es darauf nicht an. Entscheidend ist vielmehr, ob den Aufsichtsorgan Vergütungen von den Unternehmungen gewährt werden, was dort zutrifft, wo es sich um Aufsichtsorgane handelt, die das Unternehmen sich selbst geschaffen und für die es Vergütungen in von ihm bestimmter Höhe aus eigenem Recht festsetzt, nicht aber, wo im Zusammenhang mit der Erteilung der staatlichen Genehmigung zum Geschäftsbetrieb aus öffentlich-rechtlichem Interesse zusätzliche Aufsichtsorgane geschaffen werden.

Die Auffassung des Senats wird gestützt durch die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I A 250/30 vom 10. Oktober 1930, Reichssteuerblatt 1930 S. 761. Sie ist zwar zum KStG 1925 ergangen, kann aber auf die veränderte Fassung des geltenden Rechts unbedenklich angewendet werden. Dies ist auch die Meinung des Schrifttums; vgl. Kennerknecht, KStG 1934 S. 514, Mirre- Dreutter, Anmerkung 10 zu § 12 S. 586, und Herrmann-Heuer, Anmerkung 17 zu § 12, welch letzterer ausführt: "Da der Reichsfinanzhof das Erfordernis verfassungsmäßig bestellt immer sehr weit ausgelegt hat, ist durch den Wegfall im KStG 1934 sachlich keine wesentliche änderung eingetreten."

Dem schließt der Senat sich an. Es wäre auch schlechterdings unverständlich, wollte man einem Unternehmen die Geltendmachung von Ausgaben für Personen, die ihm von der staatlichen Aufsichtsbehörde aufgezwungen werden, und auf deren Vergütungen es selbst keinen Einfluß hat, als Betriebsausgaben verwehren und darüber hinaus als fiktives Einkommen der Mindestbesteuerung unterwerfen.

Kommen für die Besteuerung nach §§ 12, 17 KStG nur die Personen in Frage, die ihren Auftrag von dem Unternehmen selbst herleiten, mag es sich um eine Anordnung auf Grund der Satzung oder eines besonderen Gesellschaftsbeschlusses handeln, dann müssen die Vergütungen der Kontrollorgane, die die staatliche Aufsichtsbehörde im Zusammenhang mit der Erteilung der Genehmigung zum Geschäftsbetrieb nach den Vorschriften des Hypothekenbankgesetzes einsetzt, aus der Besteuerung nach §§ 12, 17 KStG und damit auch nach § 45 EStG ausscheiden, da der Kreis der Empfänger der Vergütungen dort nicht anders abgegrenzt ist.

Daher war die Rb. mit der Kostenfolge aus § 309 der Reichsabgabenordnung zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407973

BStBl III 1954, 249

BFHE 1955, 104

BFHE 59, 104

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge