Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Vergütungen im Sinne des § 17 Abs. 1 Ziff. 2 KStG - Aufsichtsratsvergütungen -, die eine Körperschaft gewährt, unterliegen der Mindestbesteuerung auch dann, wenn die Körperschaft Organ eines anderen Unternehmens ist und die Mittel aus dem Vermögen des herrschenden Unternehmens stammen.

 

Normenkette

KStG § 17

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.) ist eine GmbH, deren sämtliche Anteile sich in der Hand der X KG befinden. Unstreitig besteht zwischen beiden Gesellschaften ein Organverhältnis dergestalt, daß die KG die herrschende Gesellschaft, die GmbH das Organ derselben ist. Die letztere ist verpflichtet, ihren Gewinn die KG abzuführen, wie umgekehrt die KG die Verluste der GmbH auszugleichen hat.

In dem Veranlagungszeitraum II / 1948 und 1949 hat die Bgin. einen Gewinn nicht erzielt. Da sie jedoch 5 687 DM als Aufsichtsratsvergütungen ausgezahlt hat, hat das Finanzamt sie mit diesen zur Mindeststeuer herangezogen - und zwar für II / 1948 mit 945 DM und für 1949 mit 1 895 DM -. Um die Berechtigung dieser Heranziehung geht der Streit.

Die Bgin. erkennt an, daß nach der bisherigen Rechtsprechung der Steuergerichte, insbesondere des Reichsfinanzhofs, einer Organgesellschaft die Eigenschaft einer subjektiv steuerpflichtigen Körperschaft verbleibt. Sie ist aber der Meinung, daß eine weniger formalistische und mehr wirtschaftliche Auffassung geboten sei, wenn zu den für das Bestehen eines Organverhältnisses notwendigen Voraussetzungen eine Vereinbarung betreffend Gewinnabführung und Verlustübernahme hinzutrete. Dieses letztere Erfordernis sei erst im Laufe der Fortentwicklung der Organtheorie aufgestellt worden und damit sei für die Anwendung der Bestimmungen über die Mindestbesteuerung kein Raum mehr, und zwar insbesondere deswegen nicht, weil die Gewährung von Vergütungen an den Aufsichtsrat des Organs letzten Endes aus Mitteln der herrschenden Gesellschaft erfolge und darum kein Ausdruck der eigenen Leistungsfähigkeit, sondern der Leistungsfähigkeit der herrschenden Gesellschaft sei. Demgegenüber hält das Finanzamt an der bisherigen Rechtsprechung fest. In einem Falle wie dem vorliegenden, in dem die herrschende Gesellschaft eine Personen-Gesellschaft sei, könnten andernfalls die Vergütungen von der Steuer überhaupt nicht erfaßt werden. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Das Finanzgericht hat der Berufung stattgegeben. Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückweisung der Berufung.

Es ist auszugehen von dem anerkannten, das Steuerrecht allgemein beherrschenden Grundsatz, daß es jedem freisteht, zwischen sich und den Verkehr eine besondere Gesellschaft zu setzen, daß er aber dann die steuerlichen Folgen zu seinem Nachteil wir zu seinem Vorteil tragen müsse.

Im Streitfall ist die Bgin. eine Kapitalgesellschaft, sie unterliegt daher den Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), sofern sie trotz der engen Verbindung mit der KG noch als selbständiges steuerliches Rechtssubjekt anzusehen ist. Daß eine Organgesellschaft diese Eigenschaft nicht verliert, ist bisher in Rechtsprechung und Schrifttum nicht streitig gewesen. Wenn sich die Bgin. auf Bühler "Steuerrecht der Gesellschaften und Konzerne" beruft, der die Ansicht vertrete, ein Gewinnabführungsvertrag müsse zu einem Wandel in den bisherigen Anschauungen führen, so legt sie der Bemerkung von Bühler (Auflage 1952 S. 169), die der Verfasser nicht näher begründet, eine größere Bedeutung bei, als ihr offenbar zukommt. In der Auflage 1953 führt Bühler (S. 199) bei der Untersuchung, inwieweit die Organtheorie bei der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer zur Filialtheorie fortentwickelt sei, wörtlich aus:

"Die Austilgung der eigenen Rechtspersönlichkeit geht (zu ergänzen bei der Körperschaftsteuer) etwas weniger weit als bei der Gewerbesteuer. Die Fortbildung zur Filialtheorie wird weniger entschieden bejaht werden können".

Der Senat sieht keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung, die der Vereinbarung zwischen der herrschenden und dienenden Gesellschaft hinsichtlich der Behandlung von Gewinn und Verlust rein schuldrechtlichen Charakter beilegt, abzugehen. Es sei auf das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des Senats (109/53 U vom 24. November 1953) verwiesen.

Bleibt die Organgesellschaft als Steuersubjekt erhalten, so bleibt sie auch den Vorschriften des KStG hinsichtlich der Durchführung der Besteuerung unterworfen. Sofern sie eigenes Einkommen bezieht - unter welchen Umständen dies der Fall sein kann, ist hier nicht zu untersuchen -, unterliegt dies der Besteuerung. Fehlt es an steuerpflichtigem Einkommen, dann ist zu prüfen, inwieweit die Vorschriften über die Mindeststeuer Platz greifen müssen. Die Bgin. hat Aufsichtsratsvergütungen gewährt. Aus welchen Mitteln ihr dies möglich war, spielt keine Rolle. Dem eine Begründung vermissen lassenden Urteil des Reichsfinanzhofs I A 477/31 vom 12. Juli 1932, Reichssteuerblatt (RStBl.) S. 946, das zu der Entscheidung I A 262/31 vom 28. Januar 1932, RStBl. S. 302, in Widerspruch steht, vermag der Senat nicht zu folgen.

Die Besteuerung der Aufsichtsratsvergütungen ist in § 17 KStG zwingend vorgeschrieben. Sie muß erfolgen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind, und sie kann nicht aus dem Gesichtspunkt abgelehnt werden, daß die Gewährung aus Mitteln der herrschenden Gesellschaft kein Beweis für die eigene Leistungsfähigkeit des die Vergütung zahlenden Organs sei. Es mag zutreffen, daß bei der Einführung der Mindestbesteuerung in das Einkommensteuergesetz und in das KStG der Gedanke der Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit, die in freiwillig geleisteten Aufwendungen zum Ausdruck gelangt, eine Rolle gespielt hat. Hier handelt es sich nicht um die Ausschüttung von Gewinnanteilen oder Verausgabung von Mitteln zu einer reicheren Lebenshaltung (Verbrauch), sondern um Vergütungen, hinsichtlich deren anderen Gesichtspunkten der Vorrang gebührt. Die Vorschrift hat durch die Novelle 1934 die gegenwärtige Fassung erhalten. Sie findet sich erstmals im KStG 1925 (§ 10 Abs. 2b). Hand in Hand mit der Aufnahme der Vorschrift in das Gesetz 1925 ging die Beseitigung der besonderen Aufsichtsratsteuer, die das Kapitalverkehrsteuergesetz (KapVStG) vorgesehen hatte (§ 32 Abs. 2 KStG 1925). Es wurde also die Belastung der Aufsichtsratsvergütungen aus dem KapVStG in das KStG verlegt. An dem Willen des Gesetzgebers, die Vergütungen der Besteuerung zu unterwerfen, hat sich nichts geändert. Unter diesen Umständen ist es unmöglich, unter Zuhilfenahme des in der Gesetzgebung 1925 auftauchenden Gesichtspunkts der Leistungsfähigkeit zu einer Freistellung von der Besteuerung zu gelangen. Die Veranlagung der Bgin. ist zu Recht erfolgt, weil ihre eigene Rechtspersönlichkeit fortbesteht und darum die Vorschriften des KStG uneingeschränkt auf sie angewendet werden müssen, ohne das es einer Prüfung der Leistungsfähigkeit bedarf. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407816

BStBl III 1954, 22

BFHE 1954, 284

BFHE 58, 284

BB 1953, 19

DB 1954, 55

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