Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erwerb eines Grundstücks, das nach dem Bebauungsplan als Gartenland eines anderen Grundstücks benötigt wird, dient nicht der besseren Gestaltung von "Bauland", wenn die Bebauung auf dem anderen Grundstück bereits abgeschlossen ist.

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG i. d. F. des rheinland- pfälzischen Gesetzes zur änderung des

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStGRP 4/1/3/b; StAnpG § 3 Abs. 1, 5

 

Tatbestand

Die Klägerin, ein Wohnungsunternehmen, hat mehrere Kaufeigenheime (Reihen- oder Doppelhäuser) in einem geschlossenen Bauvorhaben errichtet. Für eine Hälfte eines Doppelhauses konnte die Klägerin den Bebauungsplan nicht einhalten, weil die Eigentümerin des Grundstücks, das zu einem Teil für die Gartenanlage dieses Eigenheims und den angrenzenden Straßenbau vorgesehen war, zunächst nicht zur Veräußerung bereit war. Auf Grund einer Ausnahmebewilligung der Baubehörde hat die Klägerin das Eigenheim bezugsfertig erstellt. Erst danach konnte die Stadt das für den Garten und die Straße benötigte angrenzende Grundstück erwerben; sie verkaufte eine Teilfläche, die dem eben erwähnten Grundstück zugemessen wurde, an die Klägerin. Die Außenanlage der in einer Straßenbauflucht gelegenen Doppelhäuser hat die Klägerin in einem Zuge angelegt. Sie hat die Planierung und Einfriedigung des hinzuerworbenen Gartenlandes in diese Arbeiten einbezogen und den Zaun und den Garten entsprechend dem Bebauungsplan und den mit dem Eigenheimerwerber abgeschlossenen Vertrage fertiggestellt.

Das FA hat von der Klägerin wegen des Grundstückserwerbs auf Grund des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 153,65 DM Grunderwerbsteuer verlangt.

Nach Ansicht der Klägerin hat der Erwerb des Grundstücks der besseren Gestaltung von Bauland gedient und ist von der Besteuerung nach dem GrEStG ausgenommen.

Das zuständige Katasteramt hat im Einspruchsverfahren anerkannt, daß der Grundstückserwerb der Klägerin in vollem Umfange der besseren Gestaltung von Bauland im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG diene.

Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. Das FG hat die Rb. wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache gemäß § 286 Abs. 1 AO a. F. zugelassen.

Mit der Rb. - jetzt Revision - rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie meint, das Grundstück sei Bauland gewesen, solange es nicht den sowohl im Bebauungsplan und in der Baugenehmigung wie auch im privat-rechtlichen Vertrage mit dem Eigenheimerwerber vorgesehenen Umriß gehabt habe. Ohne seine Außenanlagen sei ein Haus noch nicht fertiggestellt. In ihrem Falle könne es nicht darauf ankommen, daß das Haus fünf Monate vor dem streitigen Erwerb bezugsfertig geworden sei; denn sie sei verpflichtet gewesen, das angrenzende Grundstück zu erwerben, um das Eigenheim in dem nach der Baugenehmigung vorgesehenen Zustande weiter zu verkaufen. Sie habe ihre Absicht, das fehlende Grundstück zu erwerben, nicht eher verwirklichen können.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der streitige Grundstückserwerb unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Eine Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b GrEStG in der Fassung des rheinland- pfälzischen Gesetzes zur änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 4. April 1951 (GVBl 1951, 92) kommt nicht in Betracht. Der Erwerb des angrenzenden Grundstücks hat nicht der "besseren Gestaltung von Bauland" gedient.

Das Katasteramt hat zwar anerkannt, daß der Erwerb der besseren Gestaltung von Bauland diene. Diese Anerkennung ist aber kein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der die Finanzverwaltung und Steuergerichte bindet. Diese haben vielmehr selbständig über das Vorliegen der in den Befreiungsgesetzen genannten Tatbestandsmerkmale zu entscheiden (vgl. die Urteile des BFH II 70/56 U vom 16. Dezember 1959, BFH 71, 58, BStBl III 1960, 270, und II 153/56 U vom 16. Dezember 1959, BFH 71, 62, BStBl III 1960, 271).

Ob die Voraussetzungen der "besseren Gestaltung" im vorliegenden Falle gegeben sind, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls fehlt es im Zeitpunkt des Erwerbs am gesetzlichen Tatbestandsmerkmal des "Baulandes". Aus dem Gesetz, das den Erwerb angrenzender Grundstücke "zur" besseren Gestaltung von Bauland von der Grunderwerbsteuer ausnimmt, ergibt sich, daß das vorhandene Grundstück mit dem erworbenen zusammen als Bauland gestaltet werden soll (vgl. BFH-Urteil II 169/60 U vom 26. Oktober 1962, BFH 76, 601, BStBl III 1963, 219). Anders liegt es beim Tausch von Grundstücken zur besseren Gestaltung von Bauland, wo der Gesetzeszweck schon erfüllt ist, wenn eines der getauschten Grundstücke Bauland ist. Im vorliegenden Falle genügt es deshalb nicht, daß das hinzuerworbene Grundstück als Bauland dient.

Den Begriff Bauland umschreibt das GrEStG nicht näher. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist Bauland ein zur Bebauung vorgesehenes Gelände. Ein Grundstück kann auch dann zur Bebauung vorgesehen sein, wenn ein darauf befindliches Gebäude alsbald abgerissen und durch ein neues ersetzt werden soll. Ist jedoch keine weitere Bebauung vorgesehen, weil das geplante Gebäude schon errichtet worden ist, ist das Grundstück kein Bauland mehr. Das Land ist dann bereits gestaltet; der mit der Bebauung bezweckte Erfolg ist erreicht (vgl. dazu BFH-Urteil II 89/64 vom 16. Februar 1966, BFH 85, 302, BStBl III 1966, 319). Daher kann auch eine selbst nicht zur Bebauung vorgesehene Grundstücksfläche nicht dadurch Bauland werden, daß sie mit bebautem Land vereinigt wird.

Nach den Grundsätzen des Bewertungsrechts, die vorbehaltlich ausdrücklich abweichender gesetzlicher Regelung zur Auslegung der gemeinsamen Begriffe herangezogen werden können (vgl. BFH-Urteil II 94/58 vom 26. Juli 1961, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Grunderwerbsteuergesetz, § 4 Abs. 1 Nr. 3, Rechtsspruch 13, auch zitiert in Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 8. Aufl., § 4 Tz. 82 b) ergibt sich dasselbe: Bauland ist im Bewertungsrecht eine Untergruppe der unbebauten Grundstücke. Ein Grundstück verwandelt sich spätestens von einem unbebauten in ein bebautes, wenn sich ein bezugsfertiges Gebäude darauf befindet (vgl. Gürsching-Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 53 des Bewertungsgesetzes Anm. 1).

Gärtnerische Gestaltung und Einfriedung des Grundstücks sind Arbeiten, von denen die Bezugsfertigkeit des Gebäudes nicht abhängt. Da sie keine Baumaßnahmen sind, bestimmen sie nicht darüber, ob die vorgesehene Bebauung abgeschlossen ist oder nicht, und somit auch nicht über die Baulandeigenschaft eines Grundstücks.

Unerheblich ist es ferner, daß das mit dem Eigenheim bebaute Grundstück erst wenige Monate vor dem streitigen Erwerb die Baulandeigenschaft verloren hat. Eine Steuerschuld entsteht, wenn der gesetzliche Tatbestand des Steuergesetzes verwirklicht ist (§ 3 Abs. 1 StAnpG, vgl. § 3 Abs. 5 StAnpG).

Die Zwangsläufigkeit des nach der Bezugsfertigkeit des Eigenheims für die Klägerin anfallenden Erwerbs des fehlenden Grundstücks hindert nicht die Entstehung der Grunderwerbsteuerschuld.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412624

BStBl III 1967, 632

BFHE 1967, 314

BFHE 89, 314

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