Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Tatsache, daß nach allgemeiner Erfahrung bei einer Betriebsprüfung mit Steuernachforderungen zu rechnen sei, rechtfertigt nicht die Bildung einer Rückstellung.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 3

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1959, ob eine Rückstellung für Steuernachforderungen wegen einer zu erwartenden Betriebsprüfung vorgenommen werden darf.

Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger) betrieb einen Reifenhandel und Vulkanisierbetrieb. Seine Bilanz vom 31. Dezember 1959 enthielt eine Rückstellung "Fünf Jahre Betriebsprüfung" in Höhe von 1 500 DM für möglicherweise bei einer künftigen Betriebsprüfung nachzuzahlende Steuern. Das Finanzamt (FA) erkannte bei der Veranlagung diese Rückstellung nicht an. Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) versagte die Bildung einer allgemeinen Rückstellung für Betriebsprüfungsrisiken, da ein allgemeines Unternehmerrisiko vorliege, das einer selbständigen Bewertung in der Bilanz als negatives Wirtschaftsgut nicht fähig sei. Das Gericht habe keine auf den Besonderheiten des Betriebs liegende steuerliche Risiken feststellen können. Die Tatsache, daß die letzte Betriebsprüfung zu Steuernachforderungen geführt habe, lasse keinen Schluß auf konkrete Risiken in der Folgezeit zu. Hinsichtlich etwaiger Gewerbesteuerrückstellungen habe der Steuerpflichtige nur darauf hingewiesen, daß Unklarheiten wegen der Abschreibungssätze bei den umfangreichen Neuzugängen des Anlagevermögens bestünden, und zur Umsatzsteuer ausgeführt, daß erhebliche Umsätze mit 1 v. H. (Transportbänder) versteuert würden. Diese Ausführungen rechtfertigten die Annahme eines besonderen, über das allgemeine Betriebsprüfungsrisiko hinausgehenden Risikos nicht.

Mit der als Revision zu behandelnden Rb. rügt der Steuerpflichtige einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten sowie unrichtige Rechtsanwendung mit folgender Begründung. Die Wahrscheinlichkeit, bei mehreren ungeprüften Jahren von einer Steuernachforderung verschont zu bleiben, sei gering. Es handle sich um eine konkrete Beanspruchung, die nicht weniger konkret sei als das Risiko, das durch eine Delkredererückstellung erfaßt werde.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Eine Rückstellung kann nur anerkannt werden, wenn am Bilanzstichtag oder am Tag der Bilanzaufstellung erkennbar ist, daß Ereignisse eingetreten sind, auf Grund deren der Steuerpflichtige ernsthaft mit einer Inanspruchnahme rechnen muß (siehe die Grundsätze über die Bildung von Rückstellungen im Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - IV 95/63 S vom 12. März 1964, BStBl 1964 III S. 404, Slg. Bd. 79 S. 471). Der BFH (Urteil I 128/60 S vom 9. Mai 1961, BStBl 1961 III S. 336, Slg. Bd. 73 S. 187) fordert eine konkrete Möglichkeit der Inanspruchnahme als Voraussetzung für eine Rückstellungsbildung. Es kommt deshalb auch für die Bildung von Rückstellungen für Steuernachforderungen auf Grund künftiger Betriebsprüfungen darauf an, ob der Kaufmann am Bilanzstichtag auf Grund hinreichend konkreter Sachverhalte ernsthaft mit einer Inanspruchnahme wegen zuwenig bezahlter Betriebssteuern rechnen dürfte. Dazu genügt nicht, daß ganz allgemein und erfahrungsgemäß Betriebsprüfungen zu Beanstandungen und zu mehr oder weniger hohen Steuernachforderungen zu führen pflegen. Insofern handelt es sich um ein dem allgemeinen Unternehmer- oder Branchenrisiko vergleichbares Risiko, das erst dann zur Bildung einer Rückstellung berechtigt, wenn es sich in Gestalt konkreter und nachprüfbarer Einzelsachverhalte zu dem Risiko eines bestimmten einzelnen Geschäftsvorfalls verdichtet hat. Davon kann auch unter dem vom Steuerpflichtigen hervorgehobenen Gesichtspunkt der zweifelhaften Umsatzsteuerbehandlung der Reifenrunderneuerung keine Rede sein. Es ist nicht erkennbar, inwiefern dieser Sachverhalt für den Steuerpflichtigen die konkrete Gefahr einer Inanspruchnahme wegen zu niedriger Umsatzsteuerzahlung in höherem Masse ergab, als es allgemein unter dem Gesichtspunkt des Unternehmerrisikos für alle Unternehmen, bei denen branchenmäßig bedingte, schwierige Umsatzsteuerfragen auftauchen, der Fall ist.

 

Fundstellen

BStBl III 1966, 189

BFHE 1966, 517

BFHE 84, 517

BB 1966, 487

DB 1966, 605

DStR 1966, 345

StRK, EStG:6/1/3 R 133

NJW 1966, 1383

NWB, F. 17A S.1047 Nr. 17

BFH-N, Nr. 5 zu

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