Leitsatz (amtlich)

1. Die Rechtsprechung des BFH zur steuerrechtlichen Anerkennung einer im Ausland errichteten Basisgesellschaft eines inländischen Steuerpflichtigen findet keine Anwendung, wenn zwischen der ausländischen Gesellschaft und dem inländischen Steuerpflichtigen keine gesellschaftsrechtliche Verflechtung besteht.

2. Zur Steuerumgehung bei der Gestaltung von Rechtsverhältnissen mit einer ausländischen Gesellschaft.

 

Normenkette

StAnpG § 6; AO 1977 § 42

 

Tatbestand

Streitig ist, ob eine stille Beteiligung einer schweizerischen Kapitalgesellschaft an einer inländischen GmbH steuerrechtlich anzuerkennen ist.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb die Herstellung und den Vertrieb von ... erzeugnissen und den Handel mit solchen Artikeln. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 2. April 1965 mit Wirkung vom 1. April 1965 gegründet. An ihrem Stammkapital in Höhe von 20 000 DM waren im Streitjahr H mit 15 000 DM und dessen Tochter I mit 5 000 DM beteiligt. Beide hielten ihre Anteile treuhänderisch für Frau G, da im Zeitpunkt der Gründung der Klägerin der Ehemann der Frau G, G, an einer Familiengesellschaft beteiligt und verpflichtet war, seine ganze Arbeitskraft diesem Unternehmen zu widmen. Die Gesellschaftsanteile wurden später auf Frau G übertragen. G wurde zum 1. Januar 1968 zum Geschäftsführer der Klägerin bestellt. Mit notariellem Vertrag vom 13. Dezember 1969 wurde das Stammkapital der Klägerin auf 50 000 DM erhöht.

Bereits vor Gründung der Klägerin hatte G am 19. Februar 1965 bei einem schweizerischen Unternehmen eine Maschine zum Preise von 15 000 DM gekauft. Es handelte sich dabei um ein Gerät, mit dem die Klägerin nach ihrer Gründung gearbeitet hat.

Am 2. August 1965 schloß die Klägerin mit der Firma X-GmbH (GmbH), B (Schweiz), einen notariellen Vertrag über eine stille Beteiligung dieser GmbH am Unternehmen der Klägerin. Im Vertrag ist u. a. vereinbart, daß die GmbH der Klägerin 50 000 DM "sowie ihre Erfahrungen beim Vertrieb der von der Klägerin gehandelten Produkte und bei der Beschaffung von ausländischen Lizenzen" zur Verfügung stelle.

Die GmbH war am 28. Dezember 1964 im Handelsregister von ... eingetragen worden. Als Gesellschaftszweck ist die "Finanzierung des Einkaufs von Waren, Roh- und Vorprodukten" angegeben. Einzige Gesellschafterin der GmbH ist die X-AG B (Schweiz). Geschäftsführer sowohl der GmbH als auch der AG ist Rechtsanwalt A.

Im Jahre 1970 fand bei der Klägerin eine Prüfung durch die Steuerfahndung statt. Während dieser Prüfung erklärte G im Zusammenhang mit der stillen Beteiligung der GmbH folgendes:

Die GmbH erhalte die Gewinnanteile nicht nur für die erbrachte Einlage, sondern auch für die Ausnutzung eines zur Verfügung gestellten know-how. Bei dem know-how handle es sich um ein Verfahren zur gesteuerten und ständig genau reproduzierbaren Herstellung von ..., das vorwiegend bei der Herstellung von ... Verwendung finde. Für die Durchführung des Verfahrens sei nur das bei einem anderen schweizerischen Unternehmen am 19. Februar 1965 angeschaffte Gerät erforderlich gewesen. Das know-how-Verfahren sei ihm in B (Schweiz) durch den Geschäftsführer der GmbH mündlich erklärt worden. Wer Eigentümer des know-how sei und ob Schutzrechte irgendwelcher Art bestünden, wisse er nicht. Schriftliche Unterlagen über das know-how-Verfahren seien nicht vorhanden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat angenommen, bei der stillen Beteiligung der GmbH am Unternehmen der Klägerin handle es sich um eine reine Domizilgesellschaft, die keine eigene wirtschaftliche Funktion ausübe und nur für den Zweck gegründet worden sei, inländische Einkünfte auf sie zu verlagern und sie der deutschen Besteuerung zu entziehen. Es rechnete den Gewinnanteil der GmbH von 97 741 DM dem steuerpflichtigen Einkommen der Klägerin hinzu.

Die Sprungklage der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das FG erblickte in der Beteiligung der GmbH als stille Gesellschafterin am Unternehmen der Klägerin eine Steuerumgehung (§ 6 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -, § 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -). Bei der GmbH handle es sich aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes um eine Gesellschaft mit der Funktion einer Briefkastenfirma. Auch werde von der Klägerin als Grund für die Einräumung der stillen Beteiligung ein ungewöhnlicher Sachverhalt behauptet, der in den vertraglichen Abmachungen nicht eindeutig und klar zum Ausdruck komme.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin unrichtige Anwendung des § 42 AO 1977 (§ 6 StAnpG).

Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 1965 insoweit abzuändern, als in ihm das Einkommen der stillen Beteiligung der GmbH in Höhe von 97 741 DM dem Einkommen der Klägerin zugerechnet wurde.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Annahme des FG, daß die der GmbH eingeräumte stille Beteiligung nicht durch die Überlassung eines know-how bedingt sei, ist nicht frei von Rechtsirrtum.

a) Der erkennende Senat folgt den Grundsätzen, die das FG bei der Auslegung des § 6 StAnpG (§ 42 AO 1977) angewandt hat, jedenfalls im Ergebnis.

Das FG hat es dahingestellt sein lassen, ob es sich bei der GmbH um eine sogenannte Basisgesellschaft in dem Sinne handelt, daß hinter ihr über ihre Alleingesellschafterin, die AG, Gesellschafter der Klägerin oder den Gesellschaftern nahestehende Personen stehen. Sei jedoch - so das FG - eine ausländische Kapitalgesellschaft, unter deren Anschriften gleichzeitig eine Vielzahl anderer Kapitalgesellschaften domizilierten, an einem inländischen Unternehmen beteiligt, so lägen dem äußeren Anschein nach für eine Beteiligung keine wirtschaftlich vernünftigen Gründe vor. Werde die Notwendigkeit der Einschaltung einer solchen ausländischen Gesellschaft mit einem ungewöhnlichen Sachverhalt erklärt, so setze die steuerliche Anerkennung dann mindestens voraus, daß über den behaupteten ungewöhnlichen Tatbestand eindeutige und klare vertragliche Abmachungen vorlägen, wie sie im Geschäfts- und Wirtschaftsleben üblich seien, und daß diese auch tatsächlich durchgeführt würden. Fehle es daran und könnten dafür keine vernünftigen wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe angegeben werden, so liege eine zu dem behaupteten Vertragszweck der Beteiligung unangemessene Vertragsgestaltung vor, die den Tatbestand des Rechtsmißbrauchs erfülle und somit steuerlich nicht anerkannt werden könne.

Gegenüber der Auffassung des FG ist klarzustellen, daß die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur sogenannten Basisgesellschaft inländischer Steuerpflichtiger nicht angewendet werden kann, wenn es sich um eine ausländische Gesellschaft handelt, an der weder der Steuerpflichtige noch eine ihm nahestehende Person beteiligt ist.

aa) Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Errichtung von sogenannten Basisgesellschaften im Ausland steuerrechtlich nur dann anzuerkennen, wenn dafür wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe vorliegen und wenn sie eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit entfalten (Urteile vom 29. Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; vom 16. Januar 1976 III R 92/74, BFHE 118, 277, BStBl II 1976, 401; vom 29. Juli 1976 VIII R 142/73, BFHE 120, 116, BStBl II 1977, 263). In allen vom BFH entschiedenen Fällen bestand eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen den an der ausländischen Basisgesellschaft beteiligten Personen und inländischen Steuerpflichtigen. Fehlt es an einer solchen gesellschaftsrechtlichen Verflechtung, so kann ein Rechtsgeschäft grundsätzlich nicht schon dann als Steuerumgehung gewertet werden, wenn das ausländische Unternehmen im Verhältnis zu Personen, die gegenüber dem inländischen Vertragspartner fremde Dritte sind, als Basisgesellschaft zu beurteilen wäre. Dieser Umstand kann dem inländischen Vertragspartner, der vernünftige wirtschaftliche Gründe haben kann, nur mit dem ausländischen Unternehmen das Geschäft abzuschließen - z. B. weil er nur auf diesem Wege ein bestimmtes Wirtschaftsgut erwerben kann -, nicht angelastet werden.

bb) Sind - wie im Streitfall - Umstände, die auf eine gesellschaftsrechtliche Beziehung der beiden Vertragspartner hindeuten könnten, nicht festgestellt, so kommen für die steuerrechtliche Beurteilung eines Rechtsgeschäfts die allgemeinen Grundsätze über den Mißbrauch des bürgerlichen Rechts zur Steuerumgehung in Betracht. Ein solcher Mißbrauch liegt vor, wenn eine Gestaltung gewählt wird, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist und wenn die Rechtsordnung das Ergebnis mißbilligt (BFH-Urteile I R 135/70, III R 92/74). Diese Voraussetzungen sind jedenfalls dann gegeben, wenn ein Inländer aufgrund von ihm behaupteter Rechtsverhältnisse Gewinne in das Ausland verlagert, ohne daß beachtliche Gründe für diese Gestaltung angeführt werden können. Die objektive Beweislast dafür, daß die tatsächlichen Voraussetzungen eines Mißbrauchs vorliegen, trägt das FA (BFH-Urteil I R 135/70). Das schließt indessen nicht aus, daß das FG bei Prüfung der Merkmale einer Steuerumgehung zu Lasten des Steuerpflichtigen berücksichtigt, daß ein ungewöhnlicher Sachverhalt behauptet wird und es an eindeutigen und klaren Vereinbarungen zwischen den Beteiligten fehlt.

b) Die Würdigung des FG, daß im Streitfall ein ungewöhnlicher Sachverhalt behauptet worden sei und es an eindeutigen und klaren Vereinbarungen zwischen den Beteiligten fehle, ist in einzelnen Punkten rechtlich nicht haltbar und außerdem unvollständig.

(... wird im einzelnen ausgeführt).

 

Fundstellen

BStBl II 1979, 586

BFHE 1979, 61

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