Leitsatz (amtlich)

Will der Arbeitgeber den Arbeitnehmern auf Grund ihrer geleisteten Dienste eine zusätzliche Altersversorgung durch die Zusage gewähren, er werde ihnen nach Erreichen des 65. Lebensjahres, bei Invalidität oder im Todesfalle ihren Erben, einen bestimmten Kapitalbetrag auszahlen, so handelt es sich auch dann um eine Pensionszusage im Sinne des § 6a EStG, wenn die Erfüllung des Versprechens von keiner Bedingung, auch nicht von dem Verbleib des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers, abhängig ist.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3, § 6a

 

Tatbestand

Für die Jahre 1960 bis 1963 ist streitig, wie die an Arbeitnehmer zugesagten Gewinnbeteiligungen, die erst mit dem 65. Lebensjahr, bei Invalidität oder im Todesfalle an die Arbeitnehmer bzw. ihre Erben in monatlichen Raten auszuzahlen sind, in der Bilanz des Arbeitgebers passiviert werden müssen.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine OHG, gewährte Ende 1960 45 Arbeitnehmern eine Gewinnbeteiligung von 1 500 DM und 20 Arbeitnehmern eine Gewinnbeteiligung von 1 000 DM. Die Zusagen erhielten die Arbeitnehmer in folgender, als Vertragsurkunde bezeichneten schriftlichen Erklärung der Klägerin:

"In Anerkennung Ihrer bisherigen Leistungen für unser Werk und im Vertrauen auf Ihre zukünftige tatkräftige Mitarbeit haben wir uns entschlossen, Ihnen die folgende Zuwendung mit nachstehender Bedingung als Gewinnbeteiligung 1960 zu gewähren:

1 500 DM (1 000 DM) (Tausendfünfhundert Deutsche Mark) - (Tausend Deutsche Mark)

schreiben wir heute in unserer Buchführung einem für sie eingerichteten Konto, nach Abzug der darauf entfallenden Lohnsteuer, Kirchensteuer und Sozialabgaben gut. Vereinbarungsgemäß gilt dadurch der Betrag als Ihnen zugeflossen.

Der gutgeschriebene Nettobetrag bleibt gesperrt bis zu Ihrem 65. Lebensjahr. Er wird bis dahin mit jährlich 3 % verzinst.

Die Auszahlung Ihres bis zur Fälligkeit aufgelaufenen gesamten Guthabens und unter Einbeziehung evtl. bereits erhaltener Zuwendungen erfolgt nach Vollendung Ihres 65. Lebensjahres oder aber nach Eintritt einer vorzeitigen Invalidität, in monatlichen Teilbeträgen von DM 40,-.

Ohne Anerkennung eines Rechtsgrundes oder Gewohnheitsrechtes sind wir bestrebt, falls Sie weiterhin wie bisher tatkräftig mitarbeiten, falls unser Geschäftsergebnis dieses gestattet, ggf. auch in der Zukunft, ihrem Konto in der oben beschriebenen Weise, zu den gleichen Bedingungen, Gewinnbeteiligungsbeträge gutzuschreiben.

Wir betrachten diese freiwillige soziale Leistung als Rückhalt für Ihr Alter und die monatlichen Rückzahlungsbeträge bedeuten für Sie eine zusätzliche Altersversorgung neben der Sozialrente.

Im Falle Ihres Todes erfolgt die Rückzahlung Ihres gesamten bis dahin aufgelaufenen Guthabens ab sofort in monatlichen Teilbeträgen von DM 40,- an Ihre Erben. Wir bitten Sie, Ihre Einverständniserklärung zu dieser vertraglichen Regelung auf beigefügter Zweitschrift durch Ihre Unterschrift zu bestätigen. Durch Leistung der beiderseitigen Unterschriften ist dieser Vertrag rechtswirksam geworden und beide Parteien erkennen an, daß Nebenabreden nicht bestehen.

Wir hoffen und wünschen weitere gute gedeihliche Zusammenarbeit."

Die Zinsen in Höhe von 3 v. H. wurden auf den eingerichteten Konten jährlich gutgeschrieben. Für die zugesagten Gewinnbeteiligungsbeträge wurden im Streitjahr 1961 Lohnsteuer, Kirchensteuer und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

Nach einer 1964 durchgeführten Betriebsprüfung bewertete das FA in den berichtigten Gewinnfeststellungen für die Jahre 1960 bis 1963 diese Verpflichtungen der Klägerin in der Weise, daß die Nennbeträge mit einem Zinsfuß von 5,5 v. H. abgezinst wurden. Im einzelnen ergaben sich dadurch folgende Bewertungen:

31. Dezember 1960 31. Dezember 1961 31. Dezember 1962 31. Dezember 1963

DM DM DM DM

Werte lt.

Handels-

bilanz 87 500,00 70 851,30 72 489,54 73 271,85

Werte

lt. Prüfer 23 093,45 25 207,44 26 682,70 27 322,37.

Das FA aktivierte ferner für 1961 einen Anspruch der Klägerin gegen das FA auf Rückzahlung der abgeführten Lohnsteuer und Kirchensteuer in Höhe von 16 563,66 DM. Nach dem Einspruch der Klägerin vertrat das FA in der Einspruchsentscheidung die Ansicht, die oben bezeichneten Verpflichtungen seien ebenso wie Pensionszusagen nach versicherungsmathematischen Grundsätzen unter entsprechender Anwendung des § 6a EStG zu berücksichtigen. Die Passivposten für diese Verpflichtungen wurden daher auf folgende Beträge herabgesetzt:

31. Dezember 1960 2 364 DM

31. Dezember 1961 4 767 DM

31. Dezember 1962 7 132 DM

31. Dezember 1963 9 743 DM

Dagegen erhob die Klägerin Klage. Während des Klageverfahrens berichtigte das FA die angefochtene Einspruchsentscheidung durch die zusammengefaßten berichtigten Feststellungsbescheide 1960 bis 1963 vom 6. Mai 1968. In diesen Bescheiden übernahm das FA auf Weisung der Aufsichtsbehörde nunmehr wieder die im Betriebsprüfungsbericht vorgeschlagenen Werte für die Verpflichtungen. Auf Antrag der Klägerin wurden diese berichtigten Feststellungsbescheide vom 6. Mai 1968 Gegenstand des Klageverfahrens.

Mit der Klage vertrat die Klägerin die Meinung, eine Passivierung unter dem Nennwert sei nur bei Zinslosigkeit oder bei völlig unangemessener Verzinsung gerechtfertigt. In ihrem Falle seien die Verbindlichkeiten jedoch mit 3 v. H. angemessen verzinst. Höchstens könne aber bei einer Abzinsung ein Zinsfuß von 2,5 v. H. angesetzt werden, da die streitigen Verbindlichkeiten schon mit 3 v. H. verzinst worden seien. Auch die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge seien zu Recht abgeführt worden, da die Gewinnbeteiligungen den Arbeitnehmern auch tatsächlich zugeflossen seien.

Das FG hielt die Klage im wesentlichen für begründet: Es ging davon aus, daß nach § 6a EStG eine Rückstellung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen nur für eine sog. Pensionsanwartschaft, d. h. für einen Versorgungsanspruch einer Person, bei der der Versorgungsfall noch nicht eingetreten sei, zwingend vorgeschrieben worden sei. Zugesagte Gewinnbeteiligungen, die an die Arbeitnehmer erst in einer späteren Zukunft ausgezahlt werden sollten, seien von dieser gesetzlichen Regelung nicht erfaßt. Hiernach seien die Verpflichtungen der Klägerin, die sich aus den zugesagten Gewinnbeteiligungen ergäben, nach den Grundsätzen zu behandeln, die im Urteil des FG Münster vom 17. April 1963 VI-V a 382-383/60 (EFG 1963, 402) und im Urteil des BFH vom 3. Juli 1964 VI 262/63 U (BFHE 81, 225, BStBl III 1965, 83) vertreten worden sei. Die Verpflichtungen könnten also nicht mit dem Nennwert angesetzt werden, sondern nur mit den abgezinsten Beträgen. Dabei sei ein Abzinsungssatz von 5,5 v. H. als normal anzusehen. Da die Klägerin die zugesagten Gewinnbeteiligungen bereits mit 3 v. H. verzinst habe, wäre im vorliegenden Fall nur ein Abzinsungssatz von 2,5 v. H. zu berücksichtigen. Das FG teilte aber die Ansicht des FA, daß die Gewinnbeteiligungen den Arbeitnehmern Ende 1960 nicht zugeflossen seien und deshalb dafür auch keine Lohnsteuer abzuführen gewesen sei.

Mit der Revision rügt das FA die Nichtanwendung des § 6a EStG. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die berichtigten einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide vom 6. Mai 1968 wieder herzustellen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet:

Die von der Klägerin den Arbeitnehmern zugesagten "Gewinnbeteiligungen" wurden zwar nicht - wie es bei Pensionszusagen meist geschieht - von einem Verbleiben der Arbeitnehmer im Betrieb abhängig gemacht, sondern nur "im Vertrauen" auf die weitere Mitarbeit versprochen; sie lauteten auf Zahlung eines Kapitalbetrages, nicht auf Zahlung einer Rente. Es fehlten auch sonst die bei Pensionszusagen üblichen Voraussetzungen, bei deren Nichterfüllung die übernommenen Verpflichtungen wegfallen könnten. Es handelte sich also um schon mit der Zusage rechtsgültig entstandene Verbindlichkeiten auf Leistung eines bestimmten Kapitalbetrages.

Die auf das BFH-Urteil VI 262/63 U gestützte Meinung der Vorinstanz, auf solche Versprechen zur Zahlung eines Kapitalbetrages könne § 6a EStG nicht angewandt, werden, ist jedoch nicht haltbar. Denn andererseits sollten die "Gewinnbeteiligungen" erst nach Erreichen des 65. Lebensjahres, bei Invalidität oder im Todesfalle in monatlichen Raten von 40 DM ausbezahlt werden. Die also bis zum Eintritt des Versorgungsfalles hinausgeschobene Fälligkeit in Raten ergab sich aus dem von der Klägerin ausdrücklich angeführten Zweck der Zusage, eine freiwillige soziale Leistung als Rückhalt für das Alter in Form einer zusätzlichen Altersversorgung zu erbringen. Damit hängt auch zusammen, daß den Arbeitnehmern, "falls sie weiterhin wie bisher tatkräftig mitarbeiten", weitere derartige "Gewinnbeteiligungen" als zusätzliche Altersversorgung in Aussicht gestellt wurden. Diesen auf die Altersversorgung zugeschnittenen und nur durch sie verständlichen Regelungen der Auszahlung hat die Vorinstanz zu wenig Beachtung geschenkt. § 6a EStG auf derartige Kapitalzahlungsversprechen trotz ihres Zweckes der zusätzlichen Altersversorgung nicht anzuwenden, wäre nur richtig, wenn unter § 6a EStG nur echte Pensionsanwartschaften fielen, bei denen die tatsächliche Zahlung der Pension in Form einer Rente von der Erfüllung verschiedener Voraussetzungen, vor allem von dem weiteren Verbleib im Betriebe abhängig ist. Der Begriff der Pensionsanwartschaft im Sinne des § 6a EStG muß aber weiter gefaßt werden. Es ist zwar richtig, daß man von einer Anwartschaft im Rechtssinne grundsätzlich nur spricht, wenn es sich um einen vom Eintritt bestimmter Voraussetzungen abhängigen, also aufschiebend bedingten Anspruch im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB handelt. Für die Mehrzahl der Pensionszusagen trifft das sicherlich auch zu. Aus der gesetzlichen Definition des Begriffes Pensionsanwartschaft in § 6a EStG, die in der Klammer des Abs. 1 enthalten ist, ergibt sich jedoch, daß die Vorschrift nicht nur eine gesetzliche Regelung für die typischen Fälle der Pensionsanwartschaft im eigentlichen Sinne darstellen soll. Vielmehr sollen danach alle Versorgungsansprüche von Personen darunter fallen, bei denen der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist. Des weiteren muß nach Abs. 1 dieser Versorgungsanspruch auf einer vertraglichen Pensionsverpflichtung, auf einer Betriebsvereinbarung, einem Tarifvertrag oder einer Besoldungsordnung beruhen und seine Grundlage in der Tätigkeit eines Arbeitnehmers für den betreffenden Arbeitgeber haben. Es ist also für die Anwendung des § 6a EStG lediglich erforderlich, daß der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis Versorgungsleistungen nach Eintritt des durch die Vereinbarung näher bezeichneten Versorgungsfalles verspricht. Dabei kann es sich um eine einmalige Leistung oder um wiederkehrende Leistungen handeln. Die Übernahme einer Verpflichtung auf eine solche Pensionsanwartschaft nennt der Gesetzgeber in Abs. 2 des § 6a EStG Pensionszusage.

Schon daraus ergibt sich im Grunde, daß die "Gewinnbeteiligungszusage" der Klägerin trotz ihrer bedingungslosen Entstehung im Zeitpunkt der Zusage, und obwohl es sich um keine Rentenverpflichtungen, sondern um das Versprechen handelt, bei Eintritt des Versorgungsfalles einen bestimmten Kapitalbetrag zu zahlen, Pensionszusage im Sinne des § 6a Abs. 2 EStG sein kann. Die Alters- bzw. Invalidenrente ist zwar die häufigste, aber nicht die einzige Art der Pensionsverpflichtung (vgl. Heissmann, Die betrieblichen Ruhegeldverpflichtungen, 6. Aufl. S. 119 ff.). Davon geht auch das Arbeitsrecht aus (vgl. Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., § 52 IV; Handbuch der betrieblichen Altersversorgung, 5. Aufl. 1968 Bd. I S. 121 ff., und Heubeck, Der Betriebs-Berater 1965 S. 241 ff.; vgl. auch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Oktober 1962 1 AZR 8/61, DB 1963 S. 310). Ebenso ist in der Fachliteratur anerkannt, daß auch die Einräumung eines endgültigen, durch keinen Vorbehalt bedingten Anspruches auf Versorgungsleistungen eine möoliche Art der Pensionszusage darstellt (vgl. Heubeck, BB 1965 S. 241 ff. und S. 660, und Kloos, DB 1965 S. 378; Heissmann, a. a. O. S. 98 ff.; ebenso Urteil des BGH vom 27. Februar 1961 II ZR 292/59, BGHZ 34, 324). Daß der Gesetzgeber mit § 6a EStG nicht nur die bilanzielle Bewertung von Verpflichtungen zur Zahlung einer Alters- bzw. Invalidenrente regeln wollte, sondern auch von Zusagen einer zusätzlichen Altersversorgung der vorliegenden Art, ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift, auf die das FA mit Recht hinweist. In der Begründung zum Entwurf des Steuerneuordnungsgesetzes vom Jahre 1954 (Bundestags-Drucksache II/481 S. 77 ff.) ist ausgeführt, daß der Gesetzgeber durch die Einfügung des § 6a EStG für alle Arten von Versorgungszusagen die Möglichkeit einer "Einmalrückstellung" ausschließen wollte, die der BFH im Urteil vom 10. Februar 1953 I 113/52 U (BFHE 57, 254, BStBl III 1953, 102) für zulässig erklärt hatte. Der Gesetzgeber wollte also gerade durch § 6a EStG die Anwendung der Grundsätze dieses Urteils in der Praxis verhindern.

Auch der Zusammenhang des § 6a EStG mit anderen steuerrechtlichen Vorschriften bestätigt das aus der Begriffsinterpretation und aus der Entstehungsgeschichte gewonnene Ergebnis. Auf dem Gebiet des Bewertungsrechts umfaßt die Regelung der Bewertung von Versorgungsanwartschaften gemäß § 104 BewG 1965 (§ 62a BewG a. F.) sowohl Rentenleistungen als auch Kapitalleistungen.

Schließlich spricht auch nicht gegen die Einordnung der "Gewinnbeteiligungszusagen" der Klägerin unter die Pensionszusagen nach § 6a EStG, daß sie auf Grund des guten Geschäftsergebnisses des Jahres 1960 und in Anerkennung der von den betreffenden Arbeitnehmern bisher geleisteten Dienste gewährt wurden. Die Meinung der Vorinstanz, daß Pensionszusagen erst erdient werden müßten, während Gewinnbeteiligungszusagen für bereits geleistete Dienste gewährt würden, ist in dieser Ausschließlichkeit nicht richtig. Abgesehen davon, daß die Klägerin mit ihren Zusagen und den in Aussicht gestellten weiteren Zusagen auch die Bindung der betreffenden Arbeitnehmer an den Betrieb erstrebte, ist es für die rechtliche Einordnung derartiger Zusagen unter die Pensionszusagen nach § 6a EStG grundsätzlich nicht wesentlich, aus welchem Anlaß sie gegeben werden. Auch Pensionszusagen werden im allgemeinen für geleistete Dienste gewährt, sie können also durchaus Entgeltcharakter haben (vgl. BFH-Urteil vom 18. März 1965 IV 116/64 U, BFHE 82, 119, BStBl III 1965, 289). Wesentlich ist der Zweck solcher Zusagen und die danach ausgerichtete Gestaltung der Auszahlung erst bei Eintritt des Versorgungsfalles. Auf diese auf den Versorgungsfall ausgerichtete Gestaltung kommt es an. Denn sie gibt ihnen den spezifischen Charakter der Pensionsverpflichtung. Wie die Beteiligten solche Zusagen bezeichnen und welche Gründe sie für die Gewährung anführen, ist demgegenüber von untergeordneter Bedeutung.

Der Senat hat daher keine Zweifel, daß der Gesetzgeber durch § 6a EStG auch die vorbehaltlosen echten Kapitalzahlungsverpflichtungen erfassen wollte, die vom Arbeitgeber den Arbeitnehmern auf Grund ihrer geleisteten Dienste als zusätzliche Altersversorgung mit auf den späteren Versorgungsfall hinausgeschobener Fälligkeit zugesagt werden. Daß der Arbeitnehmer schon vor Eintritt des Versorgungsfalles über seinen erlangten Anspruch als solchen - mit Ausnahme der Auszahlung - verfügen kann, steht dieser Eingruppierung nicht entgegen. Ein solches Verfügungsrecht besteht auch bei anderen Pensionsverpflichtungen, wenn es nicht ausdrücklich durch Vereinbarung oder durch das Pfändungsverbot der §§ 850 ff. ZPO ausgeschlossen ist.

Die gegenteiligen Auffassungen des VI. Senats im Urteil VI 262/63 U und der Vorinstanz wurden zu sehr von den typischen Fällen der Pensionszusagen bestimmt. § 6a EStG soll aber nicht nur die Bilanzierung typischer Pensionszusagen oder Pensionszusagen im engeren Sinne regeln, sondern eine Regelung für alle Arten von Versorgungsverpflichtungen darstellen, und zwar dergestalt, daß diese nur durch eine Rückstellung berücksichtigt werden können, die nach versicherungsmathematischen Grundsätzen gleichmäßig auf die Zeit von der Entstehung der Pensionsverpflichtung bis zu dem vertraglich vorgesehenen Eintritt des Versorgungsfalles verteilt wird.

Zu einer anderen Beurteilung müßte man nur gelangen, wenn die den Arbeitnehmern zugesagten Tantiemen im Streitjahr schon als zugeflossen angesehen werden müßten. Denn dann würde es sich bei den Verbindlichkeiten um Darlehen der Arbeitnehmer handeln, die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit dem vollen Nennbetrag zu passivieren wären. Das hat aber die Vorinstanz - in Anlehnung an das Urteil VI 262/63 U - mit zutreffender Begründung verneint.

Die dargelegte Auffassung steht zwar im Widerspruch zu der Auslegung, die § 6a EStG im Urteil VI 262/63 U durch den VI. Senat des BFH erfahren hat. Da aber der VI. Senat, soweit er für Fragen der Gewinnermittlung gemäß §§ 4, 5 f. EStG zuständig war, im Jahre 1971 seine Zuständigkeit an den I. Senat abgegeben hat, und sich der I. Senat in dem Urteil vom 29. November 1972 I R 207/67 (BStBl II 1973, 213) aus im wesentlichen gleichen Gründen wie der erkennende Senat der Auffassung des VI. Senats nicht angeschlossen hat, bedarf es keiner Anrufung des Großen Senats (§ 11 Abs. 3 FGO).

Der Senat gelangt daher zu dem Ergebnis, daß die "Gewinnbeteiligungszusagen" der Klägerin unter den Begriff der Pensionszusagen im Sinne des § 6a EStG einzuordnen sind und deshalb für ihren Ansatz in der Bilanz 1960 und ebenso in den folgenden Jahren nur eine Rückstellung nach § 6a Abs. 2 EStG zutreffend ist. Das FA hat jedoch in den berichtigten Gewinnfeststellungsbescheiden vom 6. Mai 1958 die von ihm zunächst nach § 6a EStG angesetzten Rückstellungen wieder aufgegeben und statt dessen die mit einem Zinsfuß von 5,5 v. H. abgezinsten Kapitalbeträge passiviert. Bei diesem Ansatz muß es verbleiben, da das Gericht die Klägerin nicht schlechter stellen kann als in den angefochtenen Bescheiden selbst.

Das Urteil des FG war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl II 1973, 359

BFHE 1973, 227

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