Entscheidungsstichwort (Thema)

Verspätungszuschlag bei Zusammenveranlagung in einem zusammengefaßten Bescheid

 

Leitsatz (NV)

Wird im Falle der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) wegen verspäteter Abgabe der Einkommensteuererklärung ein Verspätungszuschlag festgesetzt, so schulden die Ehegatten diesen als Gesamtschuldner.

Auch schon vor dem Inkrafttreten der Änderung des § 155 Abs. 3 AO 1977 durch Art. 1 Nr. 22 des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 (BGBl I 1985, 2436) konnte ein solcher Verspätungszuschlag in einem zusammengefaßten Bescheid festgesetzt werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 1 Abs. 3, § 44 Abs. 1, §§ 152, 155 Abs. 3; AO § 168; EStG §§ 26b, 32a Abs. 5; EStDV 1975 § 57a; GG Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist verheiratet. Er wurde für die Streitjahre (1973 bis 1975) mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Steuerfestsetzungen erfolgten im Schätzungswege, weil die Ehegatten keine Steuererklärungen abgegeben hatten. In den an ,,Herrn und Frau . . ." gerichteten Steuerbescheiden ist jeweils ein Verspätungszuschlag von 100 DM für 1973, 100 DM für 1974 und 200 DM für 1975, jeweils unter Hinweis auf § 152 der Abgabenordnung (AO 1977) festgesetzt worden. Die Steuerbescheide 1973, 1974 und 1975 sind dem Kläger und seiner Ehefrau jeweils in gesonderten Urkunden bekanntgegeben worden.

Nach erfolglosem Beschwerdeverfahren hat das Finanzgericht (FG) die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen.

Die Revision begründet der Kläger wie folgt: Die Festsetzungen der Verspätungszuschläge seien nichtig, weil sie die §§ 121 Abs. 1 und 119 AO 1977 verletzten. Nach § 121 Abs. 1 AO 1977 hätten diese Festsetzungen schriftlich begründet werden müssen. Das sei nicht geschehen, weil die in den Einkommensteuerbescheiden enthaltene Formulierung ,,Festsetzung eines Verspätungszuschlags § 152 AO" den für das Verständnis dieser Festsetzung erforderlichen Hinweis auf die verschuldete verspätete Abgabe der Steuererklärung nicht enthalte. Die Festsetzungen der Verspätungszuschläge seien auch inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, weil ihnen nicht entnommen werden könne, welchen Betrag der Kläger und welchen seine Ehefrau schulde. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gehe zu Unrecht von der Gesamtschuldnerschaft der Kläger aus. Eine Gesamtschuldnerschaft bestehe nicht, weil die Ehegatten den Verspätungszuschlag nicht nebeneinander als ,,dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis" (§ 44 Abs. 1 AO 1977) schuldeten. Für Verspätungszuschläge gäbe es keine den §§ 26, 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprechende Regelung. Eine Gesamtschuld entstehe, sobald die Personen, die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen seien, den Steuertatbestand erfüllten (§ 38 AO 1977). Der Verspätungszuschlag jedoch entstehe erst durch seine Festsetzung. Steuererklärungspflichten seien keine ,,Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis" (§ 37 AO 1977) und könnten deshalb nicht Gegenstand einer Gesamtschuld nach § 44 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 sein. Der Bescheid über die Festsetzung der Verspätungszuschläge habe nicht als zusammengefaßter Bescheid gegen den Kläger und seine Ehefrau ergehen dürfen, weil die Voraussetzungen des § 155 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 nicht vorgelegen hätten; denn die Ehegatten seien hinsichtlich des Verspätungszuschlags keine Gesamtschuldner. Die sinngemäße Anwendung des § 155 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 auf Verspätungszuschläge scheitere an § 1 Abs. 3 Satz 2 AO 1977.

Das FG habe seine Sachaufklärungspflicht in der Entschuldbarkeitsfrage unterlassen. Es habe sich in dem angefochtenen Urteil darauf beschränkt, die Gründe der Beschwerdeentscheidung zu bestätigen ohne den Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen.

Einen förmlichen Antrag hat der Kläger nicht gestellt.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

1. Die Revision ist zulässig, obgleich der Kläger ausdrücklich keinen Revisionsantrag gestellt hat. Aus seiner Revisionsbegründung ergibt sich aber, daß er die Aufhebung des angefochtenen FG-Urteils und der angefochtenen Festsetzungen von Verspätungszuschlägen begehrt.

2. Die Revision ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht nichtig. Zur Begründung verweist der Senat auf sein Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 39/83 (BFHE 149, 518).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415261

BFH/NV 1988, 210

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