Entscheidungsstichwort (Thema)

Einzelrichter; kein Übertragungsbeschluss

 

Leitsatz (NV)

Entscheidet ein Einzelrichter über einen Rechtsstreit, ohne dass ein Übertragungsbeschluss nach § 6 FGO gefasst worden ist, beruht das Urteil des FG (Einzelrichterentscheidung) auf einem Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters. Dies gilt auch dann, wenn in einem Parallelverfahren eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter beschlossen worden ist.

 

Normenkette

GG Art. 101; FGO §§ 6, 115, 119 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Urteil vom 22.01.2008; Aktenzeichen 2 K 2210/05)

 

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet.

Die Klage der X-KG (Klägerin und Beschwerdeführerin --Klägerin--) gegen den Bescheid zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1994 ist von Richter Y als Einzelrichter gemäß § 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgewiesen worden, ohne dass der zuständige Senat (des Finanzgerichts --FG--) den für eine Einzelrichterentscheidung erforderlichen Übertragungsbeschluss gefasst hätte (§ 6 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 und 3 FGO).

Das finanzgerichtliche Urteil (Einzelrichterentscheidung) beruht demnach auf dem besonders schwerwiegenden Verfahrensverstoß der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts (§§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. 119 Nr. 1 FGO), der zudem dazu führt, dass die Klägerin ihrem gesetzlichen Richter entzogen worden ist (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes; vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Dezember 1998 VIII R 74/97, BFHE 187, 404, BStBl II 1999, 300; vom 5. Mai 1999 XI R 44/98, BFH/NV 1999, 1485; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Oktober 1992 II ZR 171/92, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 600). Anderes ist nicht daraus abzuleiten, dass für das --gleichfalls erfolglose-- Parallelverfahren (betreffend Gewinnfeststellung 1994; vgl. hierzu Beschluss vom heutigen Tage, Az.: IV B 24/08) am 17. April 2007 eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter beschlossen worden ist. Letzterer Beschluss betrifft ausschließlich das Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Gewinnfeststellungsbescheids und damit nicht den vorliegenden Rechtsstreit (i.S. von § 6 FGO), in dem --in einem selbständigen Hauptsacheverfahren-- über die Rechtmäßigkeit des Bescheids zur Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 1994 zu entscheiden ist (vgl. zu selbständigen Neben- und Zwischenverfahren BFH-Beschluss vom 26. August 1997 VII B 80/97, BFH/NV 1998, 463; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 6 Rz 19, m.w.N.).

Das Urteil der Vorinstanz war deshalb aufzuheben und die Sache an das FG (Vollsenat) zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2144448

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