Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Beschwerde gegen isolierte Kostenentscheidungen; Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten bei unrichtiger Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (NV)

1. Gegen isolierte Kostenentscheidungen ist die Beschwerde nicht statthaft. Besteht jedoch Streit darüber, ob übereinstimmende Erledigungserklärungen vorgelegen haben, ist die Beschwerde gegen eine den Fortgang des Verfahrens ablehnende Entscheidung eröffnet.

2. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 8 Abs. 1 GKG ist auch bei Erteilung einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung gegeben. Von der Erhebung der Gerichtskosten wegen offensichtlich unrichtiger Behandlung der Sache ist allerdings nicht abzusehen, wenn diese für die Entstehung der Kosten nicht ursächlich war.

 

Normenkette

FGO § 55 Abs. 2, § 128 Abs. 4; GKG § 8 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Der nach § 79a Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuständige Richter hat, nachdem der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden war, mit Beschluß vom 31. August 1993 dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Kosten des Verfahrens nach §§ 138 Abs. 2, 137 FGO auferlegt. Dem Beschluß war eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, wonach insgesamt Beschwerde gemäß § 128 Abs. 1 FGO an den Bundesfinanzhof (BFH) gegeben sei. Mit der vom Kläger eingelegten Beschwerde begehrte dieser ausschließlich, die Verfahrenskosten dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) aufzuerlegen.

Mit Schreiben vom 28. September 1993 wies der Berichterstatter auf die unzutreffende Rechtsmittelbelehrung hin und fragte beim Prozeßbevollmächtigten des Klägers an, ob er gleichwohl die Beschwerde aufrechterhalten wolle. Unter dem 8. November 1993 erließ der Berichterstatter einen Berichtigungsbeschluß hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung, wonach Beschwerde nur insoweit gegeben sei, als das Verfahren eingestellt worden sei. Im übrigen sei der Beschluß unanfechtbar.

Der Beschwerde half das FG nicht ab.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist nicht statthaft. Sie war deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 132 FGO).

1. Nach § 128 Abs. 4 Satz 1 FGO ist in Streitigkeiten über Kosten die Beschwerde abweichend von § 128 Abs. 1 FGO nicht gegeben. § 128 Abs. 4 FGO ist durch das FGO-Änderungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2109) nach Maßgabe des Art. 7 mit Wirkung vom 1. Januar 1993 an die Stelle des Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) getreten.

Danach ist die Beschwerdemöglichkeit bei sog. isolierten Kostenentscheidungen ausgeschlossen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 1988 I B 82/88, BFH/NV 1989, 653; vom 25. Mai 1988 I B 16/88, BFHE 153, 308, BStBl II 1988, 843, ständige Rechtsprechung zum BFHEntlG).

Beschwerde ist lediglich gegeben gegen eine den Fortgang des Verfahrens ablehnende Entscheidung, wenn Streit darüber entstanden ist, ob übereinstimmende Erledigungserklärungen vorgelegen haben (vgl. BFH-Beschluß vom 2. Dezember 1982 IV B 35/82, BFHE 137, 393, BStBl II 1983, 332). Ein derartiger Fall liegt nicht vor.

2. Die ursprünglich unrichtige Rechtsmittelbelehrung des Finanzgerichts - FG - (§ 55 Abs. 2 FGO) berührt die Wirksamkeit der angefochtenen Entscheidung nicht (vgl. Koch/Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 55 Tz. 27). Vielmehr wird lediglich die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt (vgl. Zwischenurteil des BFH vom 12. Februar 1987 V R 116/86, BFHE 149, 120, BStBl II 1987, 438). Hingegen wird nicht das unzutreffend genannte Rechtsmittel tatsächlich eröffnet (vgl. BFH-Beschluß vom 8. Januar 1991 III R 196/90, BFH/NV 1991, 547 m.w.N.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 i.V.m. § 143 Abs. 1 FGO.

Von der Erhebung der Gerichtskosten wegen offensichtlich unrichtiger Behandlung der Sache war gemäß § 8 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht abzusehen.

Der Senat ist für diese Entscheidung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 GKG zuständig (vgl. BFH-Beschluß vom 18. März 1991 V B 41/91, BFH/NV 1992, 128).

Eine unrichtige Sachbehandlung ist gegeben, wenn das Gericht eindeutig einen Verfahrensfehler begangen hat. Ein solcher ist auch bei Erteilung einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung gegeben (BFH/NV 1992, 128). Im Streitfall ist indes die unrichtige Sachbehandlung des Gerichts nicht für die Entstehung der Kosten ursächlich (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 14. Aufl., vor § 135 FGO Tz. 20).

Nach Anlage 1 Nr. 1371 zu § 11 Abs. 1 GKG fällt im Verfahren über die Beschwerde eine Gebühr nur an, wenn dieses Rechtsmittel verworfen oder zurückgewiesen wird (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., vor § 135 FGO Tz. 30). Der Kläger hat jedoch trotz des Aufklärungsschreibens des Berichterstatters vom 28. September 1993 und des Berichtigungsbeschlusses vom 8. November 1993 die Beschwerde aufrechterhalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 419627

BFH/NV 1994, 571

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