Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte

 

Leitsatz (NV)

Die Prüfung, ob eine zur Aussetzung der Vollziehung führende ,,unbillige nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte" (§ 69 Abs. 2 FGO) vorliegt, ist nicht erforderlich, wenn der Rechtsbehelf gegen den angefochtenen Bescheid offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger) war bis 1972 Gesellschafter einer Personengesellschaft, die die Bezeichnung ,,. . ." (im folgenden: A-GbR) trägt. Weitere Gesellschafter waren B sowie die Beteiligten zu 2 bis 5. B ist am 26. Juni 1977 verstorben; seine Rechtsnachfolgerin ist die Beteiligte zu 1.

Die A-GbR verpachtete im Rahmen einer Betriebsaufspaltung insbesondere Grundstücke an eine andere Gesellschaft.

Das Wirtschaftsjahr der A-GbR läuft vom 1. März bis zum 28. Februar. Die Umstellung auf dieses vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr hat der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt - FA - ) durch Verfügung vom 7. November 1966 genehmigt; die Genehmigung wurde bisher nicht widerrufen.

Am 7. August 1972 verkaufte der Kläger seinen Anteil an der A-GbR an B.

Im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung des im Wirtschaftsjahr vom 1. März 1972 bis zum 28. Februar 1973 erzielten Gewinns der A-GbR stellte das FG einen Gewinnanteil des Klägers in Höhe von . . . DM fest. Hiervon entfielen . . . DM auf den in der Zeit vom 1. März bis zum 7. August 1972 erzielten laufenden Gewinn und . . . DM auf den tarifbegünstigten Veräußerungsgewinn. Der Gewinnfeststellungsbescheid enthält folgenden Vermerk: ,,Der Gesellschafter . . . (Kläger) hat seinen Gesellschaftsanteil am 7. August 1972 veräußert. Der laufende Gewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. März bis 7. August 1972 sowie der Veräußerungsgewinn sind bei der Einkommensteuerveranlagung 1972 anzusetzen."

Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger. Er ist der Auffassung, der von ihm in der Zeit vom 1. März bis 7. August 1972 erzielte Gewinn hätte nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung 1973 erfaßt werden dürfen. Im Hinblick auf sein Ausscheiden aus der A-GbR hätte ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet und der in diesem Rumpfwirtschaftsjahr erzielte Gewinn in einem gesonderten Bescheid für 1972 festgestellt werden müssen.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Im Revisionsverfahren rügt der Kläger weiterhin, daß die von ihm im Jahre 1972 erzielten Einkünfte zu Unrecht in dem Gewinnfeststellungsbescheid für 1973 festgestellt worden seien.

Während des Revisionsverfahrens beantragte der Kläger beim Bundesfinanzhof (BFH), die Vollziehung des angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids unter Ausschluß einer Sicherheitsleistung auszusetzen, nachdem zuvor das FA und die Oberfinanzdirektion die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatten. Der Kläger ist der Auffassung, daß an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ,,ernstliche Zweifel" i. S. des § 69 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bestünden. Die Aussetzung sei außerdem auch deshalb geboten, weil die Vollziehung des angefochtenen Bescheids eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 2 Satz 2 FGO).

Das FA beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die Beteiligten haben sich nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist nicht begründet.

Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 FGO soll das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Bescheids aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel bestehen, wenn eine summarische Prüfung ergibt, daß neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfrage auslösen (BFH-Beschluß vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182).

Derartige Zweifel an der Rechtmäßigkeit des hier angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheids bestehen nicht. Daß bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer mehrgliedrigen Personengesellschaft während eines Wirtschaftsjahres grundsätzlich kein Rumpfwirtschaftsjahr auf den Zeitpunkt des Ausscheidens zu bilden ist, hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 14. September 1978 IV R 49/74 (BFHE 126, 262, BStBl II 1979, 159) entschieden. Die Richtigkeit dieser Entscheidung ist von der Rechtsprechung bisher nicht bezweifelt worden. Dies hat der Senat schon in seinem - ebenfalls die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids betreffenden - Urteil vom 21. Mai 1981 IV R 160/80 (nicht veröffentlicht) ausgesprochen (vgl. ferner die Zusammenstellung bei Söhn in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 180 AO 1977 Anm. 133 ff.). Nach erneuter Prüfung der Frage hält der Senat an seiner bisherigen Auffassung fest. Zur näheren Begründung wird auf den in der Hauptsache ergangenen Vorbescheid vom heutigen Tage (Az. IV R 252/84) nunmehr: Urteil vom 24. November 1988 IV R 252/84, BFHE 155, 255, BStBl II 1989, 312 verwiesen.

2. Eine zur Aussetzung der Vollziehung führende ,,unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte" i. S. des § 69 Abs. 2 FGO liegt vor, wenn dem Steuerpflichtigen durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids wirtschaftliche Nachteile drohen, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer wiedergutzumachen sind oder wenn die Vollziehung zur Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz führen würde (BFH-Beschluß vom 31. Januar 1967 IV S 9/66, BFHE 87, 600, BStBl III 1967, 255). Einer Prüfung der Billigkeitsfrage bedarf es allerdings nicht, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat; denn dann ist die Aussetzung der Vollziehung in jedem Fall zu versagen (BFH-Beschluß vom 19. April 1968 IV B 3/66, BFHE 92, 314, BStBl II 1968, 538).

Bei dieser Sachlage erübrigt sich im Streitfall ein Eingehen auf die vom Kläger dargestellte wirtschaftliche Situation. Wie aus der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung IV R 252/84 im einzelnen entnommen werden kann, besteht unter den gegebenen Umständen keine Aussicht, daß der Kläger in der Hauptsache obsiegen kann.

 

Fundstellen

BFH/NV 1990, 295

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