Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtzulassungsbeschwerde; mangelnde Sachaufklärung; grundsätzliche Bedeutung; Divergenz

 

Leitsatz (NV)

1. Die Aufklärung eines erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung bekanntgewordenen, dem bisherigen Sachvortrag widersprechenden Sachverhalts konnte sich dem FG nicht aufdrängen.

2. Eine Rechtsfrage, die sich in dem vom Beschwerdeführer angestrebten Revisions verfahren nicht stellt, rechtfertigt keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

3. Zu den Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) betrieb in den Streitjahren (1981 und 1982) den Handel mit Münzen, Medaillen, Marken, Abzeichen, Orden, Ehrenzeichen, Gold, Silber, Edelmetallen, Briefmarken, zugehöriger Literatur und verschiedenen Zubehörartikeln.

Im Rahmen einer 1984 durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, daß der Kläger in den Streitjahren Weihnachtsteller, Auktionskataloge, Stiche, Karten und Studentenzirkel veräußert, die Verkäufe aber nicht in seinen Umsatzsteuererklä rungen erfaßt hatte. Der Kläger berief sich darauf, es habe sich um private Verkäufe gehandelt. Demgegenüber nahm der Prüfer Steuerbarkeit an und schätzte die Bemessungsgrundlagen in Anlehnung an zwei vom Kläger über einen "Verkauf von Privat an Privat" gefertigte Angebotslisten.

Einspruch und Klage gegen die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide bleiben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung u. a. aus: Der Kläger habe die Verkäufe im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit ausgeführt. Es habe sich um antiquarische Objekte gehandelt, bei deren Verkauf die besondere geschäftliche Sachkunde des Klägers als Händler, der mit ähnlichen Gegenständen handele, von Vorteil gewesen sei. Er habe auch nachhaltig gehandelt, indem er durch mehrere Verkaufsvorgänge über einen längeren Zeitraum eine erhebliche Zahl von Objekten antiquarischer Art veräußert und dabei Einnahmen in einer beträchtlichen Höhe erzielt habe.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger sämtliche Zulassungsgründe i. S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend.

 

Entscheidungsgründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die vom Kläger (in erster Linie) erhobene Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) mangelnder Sachaufklärung erfüllt nicht die formellen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, wonach in der Beschwerdeschrift der Verfahrensmangel bezeichnet werden muß.

Eine Verfahrensrüge genügt nur dann den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, wenn der Rechtsmittelführer schlüssig Tatsachen bezeichnet, aus denen sich ergibt, daß ein Verfahrensmangel vorliegt und darlegt, daß das angefochtene Urteil auf ihm beruhen kann. Wird -- wie hier -- ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sach verhalt weiter aufklären müssen, so ist (genau) anzugeben, wo Tatsachen vorgetragen wurden, denen das FG auch ohne Beweisantritt hätte nachgehen müssen; außerdem ist die genaue Angabe der Beweismittel erforderlich, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich ihm aber auch ohne besonderen Antrag als noch erforderlich hätte aufdrängen müssen. Schließlich ist darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich aus diesen Beweismitteln für den festgestellten Sachverhalt noch ergeben hätten und inwiefern das angefochtene Urteil auf der unterlassenen Sachaufklärung beruhen kann (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Rz. 65 i. V. m. § 120 Rz. 38, 40 m. w. N.).

Der Kläger macht geltend, sein Prozeßbevollmächtigter sei in der mündlichen Verhandlung vom FG u. a. gefragt worden, in welcher Weise er, der Kläger, die Verkäufe vorbereitet habe. Da er selbst nicht anwesend gewesen sei, habe sein Prozeßbevollmächtigter, der hierzu keine Ausführungen habe machen können, angeregt, ihn persönlich zu diesen Einzelheiten zu befragen. Dieser Anregung sei das FG, das den Rechtsstreit für entscheidungsreif gehalten habe, nicht nachgekommen. Daraufhin habe sein Prozeßbevollmächtigter den Sachverhalt mit ihm nochmals erörtert. Dabei habe sich herausgestellt, daß ihm die später verkauften Gegenstände entgegen seinem bisherigen Vorbringen von seiner Mutter nicht geschenkt, sondern ihm nur zur Verwahrung überlassen worden seien. Aufgrund des fortbestehenden Eigentums der Mutter habe er die Verkäufe als deren Stellvertreter vorgenommen, so daß er nicht Steuerschuldner gewesen sei. Dieser Sachverhalt hätte aufgeklärt werden können, wenn das FG ihn zu einem neuen Termin zur mündlichen Verhandlung geladen hätte.

Dieses Vorbringen genügt den dargelegten Anforderungen nicht. Der Kläger räumt vielmehr ausdrücklich ein, daß er den Sachverhalt, um dessen Aufklärung es ihm geht, zunächst anders dargestellt und erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem FG festgestellt hat. Die Aufklärung eines erst nachträglich bekanntgewordenen, dem bisherigen Klägervortrag widersprechenden Sachverhalts konnte sich dem FG nicht aufdrängen. Überdies ist die Verfahrensrüge auch deswegen nicht schlüssig erhoben worden, weil für die Frage, wer Steuerschuldner ist, grundsätzlich das Auftreten nach außen entscheidet (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 1990 V R 75/85, BFHE 162, 497, BStBl II 1991, 191). Daß der Kläger bei den Verkäufen der angeblich im Eigentum seiner Mutter stehenden Gegenstände -- entgegen den bishe rigen Feststellungen -- nicht im eigenen Namen, sondern im Namen seiner Mutter aufgetreten ist, hat er selbst nicht vorgetragen.

2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat die Rechtssache nicht.

Die vom Kläger als von allgemeiner Bedeutung bezeichnete Rechtsfrage, "unter welchen Voraussetzungen der Erwerber von Kunstgegenständen bei deren entgeltlicher Veräußerung nachhaltig tätig und dadurch zum Unternehmer im umsatzsteuerrecht lichen Sinne wird", ist durch die Rechtsprechung des Senats bereits geklärt (vgl. Urteile vom 24. November 1992 V R 8/89, BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379, und vom 9. September 1993 V R 24/89, BFHE 172, 234, BStBl II 1994, 57). Danach ist die Nachhaltigkeit der Tätigkeit anhand einer Reihe verschiedener -- im Senatsurteil in BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379 beispielhaft aufgeführter -- Kriterien zu beurteilen, die je nach dem Einzelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen Nachhaltigkeit sprechen, wobei der tatsächlichen Würdigung der Einzelheiten durch die Tatsacheninstanz insoweit eine besondere Bedeutung zukommt.

Eine über den Einzelfall hinausgehende allgemeine Rechtsfrage, die angesichts dieser Rechtsprechung noch klärungsbedürftig wäre, hat der Kläger nicht dar gelegt. Dies gilt auch, soweit er in diesem Zusammenhang die Frage heraushebt, "ob eine nachhaltige Tätigkeit, die voll umfänglich der Umsatzsteuer unterliegt, auch dann anzunehmen ist, wenn eine Privatperson Unternehmer wird und private Gegenstände teilweise vor und teilweise nach Geschäftsübernahme veräußert". Abgesehen davon wäre diese Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht klärbar, weil sie sich nicht stellt. Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger die Gegenstände in den Streitjahren (1981 und 1982) verkauft und damit nach Geschäftsübernahme, die nach seiner Behauptung Ende 1980 erfolgt ist.

3. Soweit der Kläger Abweichung der Vorentscheidung vom Senatsurteil in BFHE 170, 275, BStBl II 1993, 379 rügt (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO), erfüllt sein Vorbringen ebenfalls nicht die formellen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Denn der Kläger hat nicht -- wie erforderlich -- dargetan, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der bezeichneten Senatsentscheidung nicht übereinstimmt (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 63).

4. Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne Angabe von Gründen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundes finanzhofs).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419871

BFH/NV 1995, 316

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