BMF, 20.7.2009, IV B 9 - S 7172/09/10002

 

1. Allgemeines

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(1) Durch die Neufassung des § 4 Nr. 16 UStG zum 1.1.2009 werden – neben einer Fortführung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. a UStG a.F. für die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betriebenen Einrichtungen – die in § 4 Nr. 16 Buchst. d und e UStG a.F. genannten Einrichtungen in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b bis j UStG unter Verzicht auf eine ausdrückliche Benennung einzelner Einrichtungen aufgenommen sowie in § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG die Kriterien für die Anerkennung als Einrichtung mit sozialem Charakter für Einrichtungen, deren Leistungen nicht schon nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a bis j UStG befreit sind, vereinheitlicht.

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(2) Gemeinschaftsrechtliche Grundlage der Neuregelung ist Artikel 132 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie – MwStSystRL). Danach befreien die Mitgliedstaaten „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden”.

 

2. Umfang der Steuerbefreiung

 

2.1. Hilfsbedürftige Personen

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Die Steuerbefreiung erfasst sowohl Betreuungs- als auch Pflegeleistungen für hilfsbedürftige Personen. Hilfsbedürftig sind alle Personen, die aufgrund ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Betreuung oder Pflege bedürfen. Der Betreuung oder Pflege bedürfen Personen, die krank, behindert oder von einer Behinderung bedroht sind. Dies schließt auch Personen mit ein, bei denen ein Grundpflegebedarf oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz, § 45a des Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI – Soziale Pflegeversicherung), besteht. Hilfsbedürftig sind darüber hinaus auch Personen, denen Haushaltshilfe nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989), dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) oder dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII – Gesetzliche Unfallversicherung) gewährt wird, etwa im Fall der Arbeitsunfähigkeit nach § 16 Satz 2 KVLG 1989.

 

2.2. Betreuungs- und Pflegeleistungen

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(1) Die Steuerbefreiung umfasst die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Umsätze, unabhängig davon, ob diese Leistungen ambulant oder stationär erbracht werden. Werden die Leistungen stationär erbracht, kommt es zudem nicht darauf an, ob die Personen vorübergehend oder dauerhaft aufgenommen werden.

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(2) Unter den Begriff der Betreuung oder Pflege fallen z.B. die in § 14 Abs. 4 SGB XI – bzw. § 61 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe) aufgeführten Leistungen für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens, bei teilstationärer oder stationärer Aufnahme auch die Unterbringung und Verpflegung. Auch in den Fällen, in denen eine Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 16 UStG für eine hilfsbedürftige Person ausschließlich Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringt, handelt es sich um mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege eng verbundene und somit steuerfreie Leistungen.

 

3. Begünstigte Leistungen

 

3.1. Allgemein

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(1) § 4 Nr. 16 UStG selbst enthält nur eine allgemeine Definition der Betreuungs- und Pflegeleistungen. Welche Leistungen letztlich im Einzelnen in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung fallen, ergibt sich aus der Definition der nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a bis k UStG begünstigten Einrichtungen. Soweit diese im Rahmen ihrer sozialrechtlichen Anerkennung Betreuungs- und Pflegeleistungen ausführen (vgl. auch Rz. 36 „Beschränkung der Steuerbefreiung”), fallen ihre Leistungen in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung.

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(2) Die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen sind nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen des öffentlichen Rechts erbracht werden.

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(3) Ferner sind die Betreuungs- oder Pflegeleistungen nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b bis k UStG steuerfrei, wenn sie von anderen anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter i.S.d. Artikels 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL erbracht werden. Dabei umfasst der Begriff „Einrichtungen” unabhängig von der Rechts- oder Organisationsform des Leistungserbringers sowohl natürliche als auch juristische Personen. Als andere Einrichtungen sind auch Einrichtungen anzusehen, die in der Form privatrechtlicher Gesellschaften betrieben werden, deren Anteile nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehalten werden.

 

3.2. Haushaltshilfeleistungen (§ 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b, d, i oder k UStG)

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(1) Haushaltshil...

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