Entscheidungsstichwort (Thema)
Mehraktige Berufsausbildung, Anzeige
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine weiterführende Ausbildung in Form eines Masterstudiums kann noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein, wenn die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.
2) Ergibt sich die Absicht der Fortsetzung des Studiums bereits aus dem tatsächlichen Geschehensablauf und sind die Sachverhaltsumstände im Entscheidungszeitpunkt vollständig und glaubhaft dargelegt, führt die verspätete Anzeige der beabsichtigten Fortsetzung gegenüber der Familienkasse nicht zur Versagung des Kindergeldanspruchs (gegen V 6.1 Abs. 1 Satz 8 der Dienstanweisung des Bundeszentralamts für Steuern zum Kindergeld nach dem EStG, DA-KG 2017).
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 63 Abs. 1 S. 1; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die verspätete Anzeige der Fortsetzung einer mehraktigen Berufsausbildung zur Versagung des Kindergeldanspruchs für vor der Anzeige abgelaufene Berücksichtigungszeiträume führt.
Die Klägerin ist Mutter des am 00.00.19xx geborenen Sohnes K. Nach Beendigung der Gesamtschule im Juni 2012 nahm dieser ein duales Studium im Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik auf. Dabei absolvierte er die betriebliche Studienzeit bei der X-IT in N und die theoretischen Abschnitte bei der Hochschule Y in O. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag zwischen der X AG und dem Sohn der Klägerin vom 19.4.2012 (Bl. 15-27 der Kindergeldakte) Bezug genommen.
Die Beklagte gewährte der Klägerin für die Dauer dieser Ausbildung, die nach dem Vertrag am 31.12.2015 enden sollte, Kindergeld für ihren Sohn und hob die Festsetzung mit Bescheid vom 4.12.2015 ab Januar 2016 auf.
Im Januar 2018 beantragte die Klägerin rückwirkend Kindergeld für Ihren Sohn ab Januar 2016 und legte hierfür Immatrikulationsbescheinigungen der Hochschule Z F ab dem Sommersemester 2016 bis zum Wintersemester 2017/18 vor. Hierbei handelt es sich um den Studiengang … in Teilzeit zum Erwerb des Master of Science. Hierzu gab die Klägerin an, dass ihr Sohn vom 1.12.2015 bis zum 31.12.2017 wöchentlich 34 Stunden bei der X GmbH in C gearbeitet habe. Ferner reichte sie Unterlagen ein, aus denen sich ergibt, dass das Bachelorstudium bereits zum 30.11.2015 mit dem Bachelor of Science abgeschlossen worden war und sich ihr Sohn im Januar 2016 für das Masterstudium beworben hat. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die hierzu eingereichten Unterlagen (Bl. 75-96 der Kindergeldakte) Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 7.2.2018 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2016 bis Dezember 2017 ab, weil der Sohn der Klägerin bereits eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium abgeschlossen habe. Es fehle an einem engen zeitlichen Zusammenhang, weil der Sohn nicht spätestens im Folgemonat nach Abschluss seiner ersten berufsqualifizierenden Ausbildungsmaßnahme eine Bewerbung nachgewiesen habe bzw. keine schriftliche Erklärung abgegeben habe, sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt mit einem konkreten Berufsziel bewerben zu wollen. Da der Sohn neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei, könne er nicht mehr berücksichtigt werden.
Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, dass sich das Masterstudium als integrativer Teil einer einheitlichen Erstausbildung darstelle. Damit liege ein enger sachlicher Zusammenhang vor. Der enge zeitliche Zusammenhang ergebe sich daraus, dass sich der Sohn zum nächstmöglichen Zeitpunkt für das Masterstudium beworben habe. Bereits im Dezember 2015 sei er bei der Beklagten persönlich vorstellig geworden und habe mitgeteilt, dass das Bachelorstudium beendet worden sei und ein anschließendes Masterstudium aufgenommen werde. Hierbei sei ihm mitgeteilt worden, dass eine Antragstellung unnötig sei, da aufgrund der Erwerbstätigkeit ohnehin kein Anspruch auf Kindergeld bestehe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7.2.2018 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27.2.2018 zu verpflichten, Kindergeld für das Kind K für den Zeitraum Juli 2017 bis einschließlich Dezember 2017 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Einspruchsentscheidung.
In der Sache hat am 12.10.2018 ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter stattgefunden. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung, FGO).
Die Klage ist zulässig und begründet.
I. Die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Juli bis ...