Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung der Erhöhung des Steuersatzes aufgrund des Progressionsvorbehalts wegen steuerfreier Einkünfte (hier: Entschädigung) auch bei negativem zu versteuernden Einkommen

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Besteuerung einer Entschädigung nach der sog. Fünftelregelung muss die Erhöhung des Steuersatzes aufgrund des Progressionsvorbehalts wegen steuerfreier Einkünfte auch dann berücksichtigt werden, wenn das nach Abzug der außerordentlichen Einkünfte verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ ist.

 

Normenkette

EStG § 32a Abs. 1, § 32b Abs. 2 Nr. 1, § 34 Abs. 1 Sätze 1-3

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.10.2006; Aktenzeichen XI R 48/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechnung der Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz - EStG -.

Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. In der Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger u.a. einen Betrag von 280.000,00 DM als Entschädigung für die Beendigung des Anstellungsverhältnisses des Klägers bei der „S-GmbH”. Die Kläger beantragten, den nach Abzug des Freibetrages nach § 3 Nr. 9 EStG und des Werbungskostenpauschbetrags nach § 9a Satz 1 Nr. 1 EStG verbleibenden Betrag von 242.000,00 DM ermäßigt zu besteuern (Zeile 9 der Anlage N, Kz. 47.33). Daneben erklärten die Kläger negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 34.519,00 DM sowie den Bezug von Arbeitslosengeld in Höhe von 36.091,00 DM.

Mit Einkommensteuerbescheid vom 7. August 2000 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf insgesamt 36.325,00 DM fest. Dem lag folgende Berechnung zugrunde:

zu versteuerndes Einkommen

196.825,00 DM

zu versteuern nach § 34 Abs. 1 EStG

196.825,00 DM

davon 1/5

39.365,00 DM

zuzüglich Einkünfte § 32b EStG

36.091,00 DM

ergibt

75.456,00 DM

ESt lt. Splittingtabelle

13.932,00 DM

entspricht Steuersatz in %

18,4681%

1/5 der ermäßigten Einkünfte auf nächste Tabellenstufe abgerundet

39.312,00 DM

39.312,00 DM x 18,4681%

7.265,00 DM

x 5

36.325,00 DM

Mit Schreiben vom 17. August 2000 legten die Kläger Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid vom 7. August 2000 ein. Sie beantragten, die Berechnung der Einkommensteuer gemäß § 34 Abs. 2 Satz 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung in der folgenden Weise vorzunehmen:

zu versteuerndes Einkommen

196.825,00 DM

./. Einkünfte § 34 EStG

242.000,00 DM

verbleibendes zu versteuerndes. Einkommen

./. 45.175,00 DM

Nach § 34 Abs. 1 Satz 3: 1/5 von 196.825,00 DM

39.365,00 DM

Steuer lt. Splittingtabelle

3.448,00 DM

x 5

17.240,00 DM

Am 2. Juli 2001 wurde der angefochtene Bescheid geändert und ein Verlustrücktrag in Höhe von ./. 13.996,00 DM berücksichtigt. Das zu versteuernde Einkommen belief sich danach auf 182.829,00 DM und die festgesetzte Einkommensteuer auf 32.860,00 DM.

Mit Einspruchsentscheidung vom 7. November 2001 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Er hielt an seiner Auffassung fest, die Steuer sei zutreffend berechnet worden. Es entspreche den gesetzlichen Regelungen, zunächst die außerordentlichen Einkünfte zu fünfteln und dann die Progressionseinkünfte hinzuzurechnen. Der danach errechnete Steuersatz sei auf die außerordentlichen Einkünfte anzuwenden. Daher sei die Einkommensteuer wie folgt zu berechnen:

zu versteuerndes Einkommen

182.829,00 DM

./. außerordentliche Einkünfte

242.000,00 DM

= verbleibendes zu versteuerndes Einkommen

./. 59.171,00 DM

+ Progressionsvorbehalt

36.091,00 DM

= bereinigtes verbleibendes zu versteuerndes Einkommen

./. 20.080,00 DM

zu versteuerndes Einkommen

182.829,00 DM

davon 1/5

36.565,00 DM

+ Progressionsvorbehalt

36.091,00 DM

=

72.656,00 DM

Abrundung auf nächste Tabellenstufe

72.576,00 DM

ESt lt. Splittingtabelle

13.068,00 DM

entspricht Steuersatz in %

18,0060%

1/5 des auf nächste Tabellenstufe abgerundeten Betrags

36.504,00 DM

36.504,00 DM x 18,0060%

6.572,91 DM

x 5

32.865,00 DM

festzusetzende Einkommensteuer

32.865,00 DM

Dagegen richtet sich die am 5. Dezember 2001 erhobene Klage. Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Sie sind weiterhin der Ansicht, die Berechnung des Beklagten führe zu einer überhöhten Steuer. Der Gesetzgeber bestimme ausdrücklich die auf 1/5 des zu versteuernden Einkommens entfallende Einkommensteuer als Berechnungsgrundlage für die Einkommensteuer der ermäßigt zu besteuernden Einkünfte. Dadurch werde deutlich, dass eine Erhöhung um Progressionseinkünfte oder andere Tarifbesonderheiten nicht erfolgen dürfe.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 2. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 7. November 2001 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 13.440,00 DM festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die von ihm vorgenommene Berechnung weiterhin für zutreffend. Bei der Ermittlung der Mindeststeuer im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG seien die Einkünfte, die dem Prog...

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