rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gesonderte Feststellung gem. § 138 Abs. 5 BewG zur Bewertung eines Nutzungsrechts an einer Wohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Wert eines durch Vermächtnis zugewandten Wohnrechts kann auf der Grundlage ortsüblicher Mietpreise ermittelt werden.

2. Die vorherige gesonderte Feststellung eines Grundbesitzwerts kommt nicht in Betracht, da ein Wohnrecht keine wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 70 Abs. 1 BewG darstellt.

3. Für die Begrenzung des Kapitalwerts des Nutzungsrechts nach Maßgabe des § 16 ErbStG hat der heranzuziehende Grundbesitzwert lediglich die Funktion einer unselbständigen Besteuerungsgrundlage.

 

Normenkette

ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1, §§ 12, 16; BewG § 19 Abs. 1, § 68 Abs. 1, § 70 Abs. 1, §§ 138, 146 Abs. 2 S. 1; AO §§ 39, 179 Abs. 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

2004

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin wird vom Antragsgegner (Finanzamt - FA -) mit Erbschaftsteuerbescheid auf Zahlung von Erbschaftsteuer - ErbSt - in Anspruch genommen. Über den dagegen eingelegten Einspruch ist noch nicht entschieden worden.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin gerichtlichen Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob für die Ermittlung des Grundbesitzwertes im Hinblick auf die Begrenzung des Höchstwerts nach § 16 des Bewertungsgesetzes - BewG - ein förmliches Feststellungsverfahren durchgeführt werden muss.

Dem Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die am 19.12.1941 geborene verwitwete Antragstellerin lebte mit Herrn X zusammen.

Am 19.02.2001 wurde ein Vertrag über die Einräumung eines Wohnrechts notariell beurkundet.

Nach dessen § 2 räumte Herr X der Antragstellerin an allen Räumen in der ersten Etage seines Hauses W-Str. 10 in K-Stadt - im Grundbuch als „Hof- und Gebäudefläche” verzeichnet - eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit (mietfreies Wohnrecht) sowie das alleinige Nutzungsrecht an Speicher und einer Garage (rechte Seite der Doppelgarage) ein, beginnend mit dem Tag seines Todes und unter der Bedingung, dass die zwischen den Vertragsparteien bestehende Lebensgemeinschaft an seinem Todestag noch besteht.

Das Wohnrecht sollte enden, wenn die Antragstellerin in einem Alten- und/oder Pflegeheim einzieht, bei einer Heirat oder Eingehung einer Partnerschaft mit einem neuen Lebensgefährten oder bei Auflösung der zwischen den Vertragsparteien bestehenden Lebensgemeinschaft aus anderen Gründen als durch Tod.

Am 23.02.2003 verstarb Herr X.

Das Grundstück in K-Stadt ging durch Erwerb von Todes wegen auf eine Verwandte des Erblassers über.

Die am 22.08.2003 beim FA eingegangene vereinfachte Erbschaftsteuererklärung der Antragstellerin vom 05.08.2003 enthielt folgende Angaben:

Unter der Position 4. „Höhe der Zuwendungen” ist bei „Sonstige Erwerbe” angegeben:

Wohnrecht bzw. Nießbrauch W-Str. 10…1. Etage, eingetragen im Grundbuch ...”

Eine Wertangabe fehlt.

In der Akte findet sich keine an die Antragstellerin gerichtete Anfrage nach dem Wert des Wohnrechts.

Am 15.04.2004 fragte das FA mit Vordruck bei der Bewertungsstelle des FA K-Stadt nach dem Grundbesitzwert für das Wohnrecht am Todestag 23.02.2003.

Daraufhin erging eine auf den 11.05.2005 datierte Mitteilung des FA K-Stadt über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 23.02.2003 „für Zwecke der Amtshilfe” an den Antragsgegner.

Darin wurde der Grundbesitzwert der wirtschaftlichen Einheit „Bebautes Grundstück”, ausgehend von der durchschnittlichen Jahresmiete (übliche Miete, da nicht vermietet) der letzten drei Jahre vor dem Stichtag von 15.192 €, im Ertragswertverfahren unter Anwendung des Vervielfältigers von 12,5, einer Alterswertminderung von 31.334 € und einem Zuschlag für Zweifamilienhäuser von 20 % (= 31.713 €) mit (abgerundet) 190.000 € ermittelt.

Der Antragsgegner errechnete daraus einen Wert des Wohnrechts von 60.073 €, indem er von der Hälfte des mitgeteilten Bedarfswertes (= 95.000 €) dessen Jahreswert von 5.107 € (1/18,6) ermittelte und hierauf den Vervielfältiger von 11,763 anwandte (Alter der Antragstellerin: 61 Jahre).

Unter dem 25.05.2004 erging sodann ein nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - vorläufiger Bescheid über eine Erbschaftsteuer von 10.240 € mit folgendem Inhalt:

Wert des Erwerbs (Vermächtnis)

60.073 €

Freibetrag

5.200 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb

54.800 €

ErbSt mit Härteausgleich

ErbSt nach vorhergehender Wertgrenze (52.000 €) 17% =

8.840 €

Differenz Bemessungsgrundlage zu vorhergehender Wertgrenze 54.800 €- 52.000 € = 2.800 €

davon 50 %

1.400 €

festgesetzte ErbSt

10.240 €

Hiergegen ließ die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigten Einspruch einlegen, verbunden mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, und vortragen:

Die für die Erbschaftbesteuerung erforderliche gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes liege nicht vor, so dass schon von daher der Erbschaftsteuerbescheid als Folgebescheid rechtswidrig sein dürfte.

Zudem fehle dem Bescheid eine Erläuterung,...

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