Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine einfache Beiladung des Gesellschafters eines geschlossenen Immobilienfonds zu einem Klageverfahren des Fonds gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid bei Nachschusspflicht und deswegen nur theoretischem Haftungsrisiko des Gesellschafters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Dem Antrag eines Gesellschafters eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR auf einfache Beiladung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO zu einem Klageverfahrens des Fonds gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid ist im Hinblick auf das Steuergeheimnis (§ 30 AO) nicht schon dann zu entsprechen, wenn ein Berühren der rechtlichen Interessen des Gesellschafters nur theoretisch oder entfernt möglich ist.

2. Vielmehr muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das tatsächliche „Berühren der Interessen” vor der Beiladungsentscheidung schon bestehen; diese Wahrscheinlichkeit ist nicht gegeben, wenn der Gesellschafter zwar bei einem ungünstigen Ausgang des Klageverfahrens eine Insolvenz des Fonds und eine dann mögliche persönliche Haftungsinanspruchnahme befürchtet, wenn aber im Gesellschaftsvertrag der GbR für den Fall der Notwendigkeit einer Nachfinanzierung des Fonds eine Nachschusspflicht der Gesellschafter in Höhe von 10 % ihrer Einlage vorgesehen ist und deswegen auch bei gerichtlicher Bestätigung der streitigen Grunderwerbsteuerforderung keine Insolvenz des Fonds zu erwarten ist.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 1 S. 1; HGB §§ 128, 130; AO §§ 191, 30

 

Tenor

Der Antrag, X, vertreten durch Rechtsanwalt …, zum Verfahren beizuladen, wird abgelehnt.

 

Tatbestand

I.

Mit notariellem Vertrag vom 30.05.1995 – URNr. … – wurde dem Kläger, bestehend aus der A – AG und der B – KG das Erbbaurecht an dem … m² großen Grundstück G.1. bestellt. Der Erbbauzins in Höhe von … DM sollte als einmaliges Entgelt innerhalb von acht Wochen nach Kenntnis von der Bildung des Erbbaugrundbuches gezahlt werden. Der Erbbauberechtigte war berechtigt und verpflichtet, auf dem Erbbaugrundstück eine Wohnanlage mit … Wohnungen im öffentlich geförderten Wohnungsbau (1. Förderungsweg) und eine gewerblich zu nutzende Fläche von ca. … m² nach Maßgabe einer Baugenehmigung vom 26.04.1995 zu errichten, zu betreiben und zu erhalten.

Unter dem Datum vom 07.07.1995 gab die A – AG den Prospekt dem Kläger zur Werbung von Kapitalanlegern heraus. Danach handelt es sich bei dem Kläger um einen geschlossenen Immobilienfonds in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit der A – AG als Grundbuchtreuhänder. Als Gegenstand des Beteiligungsangebotes wurde die Errichtung und Vermietung einer Mehrfamilienhausanlage im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau mit … Wohnungen sowie … Gewerbeeinheiten und … offenen Stellplätzen bezeichnet. Der Fonds sollte ein Nominalkapital von insgesamt … DM haben, die Investitionskosten wurden mit insgesamt … DM angegeben. Der interessierte Anleger musste seinen Beitritt auf einer vorformulierten Beitrittserklärung erklären, mit welcher er die C – GmbH beauftragen und bevollmächtigen sollte, für ihn die Allgemeinen Vertragsbedingungen anzuerkennen, alle Erklärungen für den Beitritt – auch den eigenen – und das Ausscheiden von Gesellschaftern zur Gesellschaft abzugeben und entgegenzunehmen sowie den Geschäftsbesorgungsvertrag und den Grundbuchtreuhandvertrag mit der A – AG und den Treuhandbankvertrag abzuschließen bzw. zu genehmigen. Ausdrücklich hingewiesen wurde auf die in dem Geschäftsbesorgungsvertrag zu erteilenden Vollmachten, vorbehaltlich der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung unter anderem im Namen des Klägers das Investitionsvorhaben durchzuführen, zu finanzieren und zu vermieten. Die Beitrittserklärung und die damit verbundene Vollmacht sollten nur bis zum Tag der notariellen Beurkundung frei widerrufbar sein. Weiter enthielt der Prospekt die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB), bestehend aus I. Auftrag, Vollmacht und Genehmigung, II. Gesellschaftsvertrag, III. Geschäftsbesorgungsvertrag, IV. Grundbuchtreuhand, V. Treuhandbankvertrag und VI. Schlussbestimmungen. Gemäß § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages war vorgesehen, so viele Gesellschafter in die GbR aufzunehmen, dass eine Gesamtbeitragspflicht (entspricht Nominalkapital) von 34.500.000 DM bestehe. Zu einer notwendigen Nachfinanzierung sollte das Nominalkapital um bis zu 10% durch Beitragserhöhung der Gesellschafter oder durch Aufnahme weiterer Gesellschafter erfüllt werden können.

Mit Bescheid vom 01.08.1995 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger für den Erwerb des Erbbaurechts gemäß §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 2 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Grunderwerbsteuer in Höhe von … DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Als Bemessungsgrundlage wurde der Erbbauzins zugrundegelegt.

Am 30.08.1995 – URNr. … – erfolgte die notarielle Schließungserklärung. Zugleich wurde beschlossen, die neu beigetretenen Gesellschafter am Vermögen des Klägers zu den Anteilen zu beteiligen, die sich aus dem Verhältnis ihrer Einlagen zur Summe aller Einlagen ergibt. In der anliege...

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