Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Veräußerung eines Grundstücks zur Vermeidung der Enteignung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, welche im Zusammenhang mit der Veräußerung eines Teilgrundstückes zur Vermeidung der Enteignung geleistete Zahlungen des Erwerbers, in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.06.2005; Aktenzeichen II R 6/04)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob eine Entschädigung, die für eine freiwillige Veräußerung eines Teils eines Betriebsgrundstücks zwecks Vermeidung einer Enteignung wegen eines Ausbaus einer Eisenbahnstrecke vereinbart worden ist, nicht nur insoweit grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung ist, als diese auf die Eigentumsverschaffung entfällt, sondern auch insoweit, als damit gewerbliche Folgen für den Veräußerer in Form einer Betriebseinschränkung auf dem verbliebenen Restgrundstück und einer teilweisen Betriebsverlagerung ausgeglichen werden sollten.

Herr ... (Veräußerer) betrieb auf seinen Grundstücken ... einen Baustoffhandel - Rohbausortiment -, einen Werkzeugfachmarkt, einen Kies- und Sandhandel sowie eine Betriebstankstelle für den betriebseigenen Fuhrpark. Ferner betrieb er bis 1997 auf dem benachbarten Grundstück ... den Bereich ?Ausbausortiment" des Baustoffhandels. Für den Bau der ICE-Ausbaustrecke zwischen Berlin und Hannover wurden Teile der vorgenannten Grundstücke am ..., die eine wirtschaftliche Einheit bildeten, benötigt. Gemäß notariellem Grundstückskaufvertrag vom 7. April 2000 (Urkundenrolle Nr. ... des Notars ...) veräußerte der Eigentümer ... an die Klägerin zur Abwendung einer Enteignung die für die Bahnstrecke benötigten Teilflächen samt Gebäuden gegen einen Kaufpreis von 2 908 340,00 DM (Teil II Ziff. III des Kaufvertrages). Bereits am 1. Oktober 1996 war laut Kaufvertrag der Besitz an diesen Teilflächen auf die Klägerin übergegangen. Ferner wurde in einem gesonderten Teil I des Vertrages auf der Grundlage einer vorangegangenen Rahmenvereinbarung eine Vereinbarung zur abschließenden Regelung aller entschädigungsrechtlichen Fragen getroffen, die sowohl unmittelbar die Inanspruchnahme der veräußerten Grundstücksteile betrafen als auch weitere Folgen daraus. Letztere bestanden darin, dass der Betrieb

des Veräußerers auf dem ihm verbliebenen Restgrundstück eingeschränkt und umstrukturiert werden musste sowie ein Ersatzgrundstück für die Verlagerung des Betriebs im Übrigen zu finden und herzurichten war. Dieser zweite Standort wurde räumlich entfernt auf dem Grundstück ... installiert.

Die Gesamtentschädigungsleistung von 7 765 955,00 DM setzte sich laut Vereinbarung vom 7. April 2000 wie folgt zusammen:

Entschädigung für Erwerb der Teilfläche von 921 m2 (2 908 340,00 DM), die zeitlich begrenzte Inanspruchnahme von Flächen j18 048,00 DM) und die Einräumung von Nutzungsrechten/Dienstbarkeiten

(400 800,00 DM) 3 327 000,00 DM weitere bauzeitliche Inanspruchnahme 11 800,00 DM Provisorium ... 1 367 850,00 DM Folgekosten 1 339 000,00 DM sonstige Vermögensschäden 1 202 000,00 DM Einigung über streitige Entschädigungsposi tionen 164 150,00 DM Kosten der Rechtsverfolgung 354 155,00 DM

Zusätzlich zu diesem Betrag verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung von 178 467,50 DM Zinsen auf der Basis eines Entschädigungsbetrages von 6 043 950,00 DM.

Mit Bescheid vom Juli 2000 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer auf 265 659,00 DM fest. Dabei bezog er neben der gesamten Entschädigung von 7 765 955,00 DM auch die Zinsen von 178 467,50 DM in die Bemessungsgrundlage ein, minderte diese aber andererseits um die Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von 354 155,00 DM. Wegen der noch ausstehenden Vermessung der von der Klägerin erworbenen Fläche und der damit möglicherweise verbundenen Änderung des Entschädigungsbetrages, wegen einer dadurch eventuell bedingten Änderung des Zinsbetrages sowie einer unter Umständen nach Abschnitt A § 3 Ziffer 5 des Kaufver

trages zu erstattenden Umsatzsteuer erging der Bescheid nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung -AO- vorläufig.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung trug sie vor, dass der Kaufpreis gemäß Abschnitt B Teil III des notariellen Vertrages vom 7. April 2000 lediglich 2 908 340,00 DM betrage. Nur dieser Kaufpreis sei als Gegenleistung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz -GrEStG- anzusehen. Die Steuerberechnung sei, so die Klägerin, nicht nachvollziehbar. Ihr sei nicht bekannt, dass umsatzsteuerbare Vorgänge und vereinbarte Zinsleistungen der Grunderwerbsteuer unterworfen werden könnten.

Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom ... Juni 2001 als unbegründet zurückgewiesen, in der es heißt, dass der notarielle Kaufvertrag vom 27. April 2000 ein der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegender Rechtsvorgang sei. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 GrEStG gelte bei der Enteignung die Entschädigung als Gegenleistung...

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