Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur Anspruch auf Teilkindergeld der im Inland lebenden Kindesmutter bei vorsätzlicher Nichtbeantragung von Schweizer Kindergeld durch den in der Schweiz arbeitenden und lebenden Ex-Ehemann

 

Leitsatz (redaktionell)

Einer zunächst selbständig und dann im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses „Minijob”) arbeitenden, mit ihren beiden Kindern im Inland lebenden Klägerin steht auch dann nicht das ungekürzte deutsche Kindergeld, sondern nur Teilkindergeld zu, wenn ihr geschiedener, in der Schweiz lebender und beschäftigter Ehemann zwar unstreitig Ansprüche auf Familienleistungen nach Schweizer Recht hat, diese Leistungen aber vorsätzlich nicht beantragt, um der Klägerin zu schaden. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse i.S. von § 27 Abs. 2 SGB III i.V.m. § 8 SGB IV können nicht als Arbeitnehmerverhältnis in dem Sinne angesehen werden, dass der Klägerin volles Kindergeld zu gewähren wäre.

 

Normenkette

EStG § 65 Abs. 1 Sätze 3, 1 Nr. 2; SGB III §§ 24-25, 27 Abs. 2, § 28 Nr. 1; SGB IV § 8; EWGV 1408/71

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.12.2010; Aktenzeichen III R 92/07)

BFH (Beschluss vom 30.10.2008; Aktenzeichen III R 92/07)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf 4.400 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob volle oder lediglich teilweise Kindergeldansprüche bestehen.

Die Klage richtet sich gegen den Bescheid vom 21.03.2006 in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom 08.05.2006. Mit der angefochtenen Entscheidung wurde die Kindergeldfestsetzung auf den Differenzbetrag zum Schweizer Kindergeldbetrag begrenzt und infolgedessen nur Teilkindergeld ausgezahlt. Begründet wurde dies damit, dass der in der Schweiz lebende Kindesvater in der Schweiz einen vorrangigen Anspruch auf Schweizer Familienleistung habe und die Klägerin daher nur die Differenz zu diesem Betrag beanspruchen könne.

Im Klageverfahren lässt die Klägerin insbesondere Folgendes vortragen:

Die Klägerin sei bereits seit 1997 von dem Vater der Kinder geschieden. Die beiden Kinder A. und F. würden bei der Klägerin leben. Der Vater der Kinder, Herr B., lebe in der Schweiz. Trotz Vorstelligwerden der Klägerin und des Prozessbevollmächtigten der Klägerin beantrage Herr B. bewusst kein Schweizer Kindergeld, geschweige denn, dass er beabsichtigen würde, dieses an die Klägerin weiterzuleiten. Da Herr B. nur sporadisch Unterhalt zahle und hohe Unterhaltsrückstände bestünden, hätte er wenigstens das Schweizer Kindergeld beantragen und sodann an die Klägerin abführen sollen. Nach eigenem Bekunden sei Herrn B. dies alles nicht nur gleichgültig, er habe auch ungeniert seine Schadenfreude darüber geäußert, dass seine verhasste Ex-Ehefrau, die Klägerin, kein bzw. nur geringes deutsches Kindergeld beziehe. Die Klägerin und Herr B. hätten seit der Trennung bzw. Scheidung praktisch keine Kontakte mehr miteinander.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin habe sich auch bereits an die Kindergeldstelle der Gemeinde U., Schweiz, gewandt, um eine direkte Auszahlung des Schweizer Kindergeldes an die Klägerin zu erreichen. Dies sei bislang ohne Erfolg geblieben.

Der Klägerin sei es nicht zuzumuten, gegen Herrn B. in irgendeiner Form Klage zu erheben. Jedenfalls würde eine Vollstreckung nur geringe Chancen auf Durchsetzung erwarten lassen, da Herr B. in den letzten neun Jahren immer alles unternommen habe, um Vollstreckungsversuche zu vereiteln. Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin lägen zwei dicke Leitzordner nur zur Vollstreckung betreffend Unterhalt vor.

Die Klägerin sei dringend darauf angewiesen, dass sie für die beiden Kinder A. und F. das volle Kindergeld bekomme. Es sei nicht einzusehen, dass die Klägerin für die beiden Kinder nur 88,60 EUR erhalte statt die vollen 308,– EUR, da Herr B. bewusst kein Schweizer Kindergeld beantragt habe bzw. bei dem früheren Bezug dieses nicht an die Klägerin weitergeleitet habe. Es sei in keinster Weise von Herrn B. zu erwarten, dass er das Schweizer Kindergeld, wenn er es doch beziehen würde, an die Klägerin abführen würde.

Für die Klägerin habe keine Rentenversicherungspflicht seit dem 01.01.2006 bestanden. Die Klägerin habe zunächst selbständig einen Hausmeister- und Reinigungsservice … betrieben. Insoweit bestünde keine gesetzliche Rentenversicherungspflicht. Die Klägerin arbeite mittlerweile bei der Firma X im Rahmen einer sog. „sozialversicherungsfreien Tätigkeit”, einem „Minijob”, und zwar seit dem 01.05.2006.

Die Klägerin beantragt,

das mit Bescheid vom 21.03.2006 festgesetzte Kindergeld unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 08.05.2006 auf EUR 308,– pro Monat heraufzusetzen, und zwar ab 1. Januar 2006. Es wird beantragt, die Zuziehung des Bevollmächtigten zum Vorverfahren auszusprechen und die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig und weist insbesondere darauf hin, dass...

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