BMF, 23.11.1990, IV B 2 - S 2242 - 57/90

Bezug: Sitzungen ESt II/90 zu TOP 15 und ESt V/90 zu TOP 35

Der BFH hat mit Urteil vom 20.4.1989 (IV R 95/87, BStBl 1989 II S. 863) entschieden, daß ein Steuerpflichtiger, der einen entgeltlich erworbenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht als Landwirt selbst bewirtschaftet, sondern ihn in unmittelbarem Anschluß an den Erwerb verpachtet, anders als bei der Verpachtung eines bislang selbst bewirtschafteten Betriebs kein Wahlrecht besitzt, den Betrieb als Verpachtungsbetrieb fortzuführen, statt ihn als Privatvermögen zu behandeln. Der BFH hat im Leitsatz des Urteils darauf hingewiesen, daß er von der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 139 Abs. 5 Satz 18 EStR 1987 abgewichen ist. Nach dieser Verwaltungsvorschrift, die über den Bereich der Land- und Forstwirtschaft hinausging, bestand das Wahlrecht zur Betriebsführung auch in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger einen erworbenen Betrieb in unmittelbarem Anschluß an den Erwerb verpachtet hat oder der Erwerber eines verpachteten Betriebs in ein bestehendes Pachtverhältnis eingetreten ist.

Zu der Frage, welche Folgerungen aus dem vorgenannten BFH-Urteil zu ziehen sind, wird unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wie folgt Stellung genommen:

Das BFH-Urteil vom 20.4.1989 ist grundsätzlich - also nicht nur im Bereich der Land- und Forstwirtschaft - anzuwenden. Deshalb ist der bisherige Abschn. 139 Abs. 5 Satz 18 EStR im Rahmen der Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 1990 durch folgenden Satz ersetzt worden:

"Eine Betriebsverpachtung setzt außerdem voraus, daß der Betrieb zuvor von dem Verpächter oder im Fall des unentgeltlichen Erwerbs von seinem Rechtsvorgänger selbst bewirtschaftet worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1989 - BStBl II S. 863)."

Künftig können deshalb unter der Voraussetzung der Ausübung des Verpächterwahlrechts nur noch in den vorstehend genannten Fällen die an einen Betrieb anknüpfenden Steuervergünstigungen gewährt werden (z.B. Rücklagen nach §§ 6 b, 6 c EStG, AfA nach § 7 Abs. 2 EStG, nach § 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG oder § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, erhöhte Absetzungen für Abnutzung u. Sonderabschreibungen).

Hat ein Steuerpflichtiger einen Betrieb aufgrund einer nach dem 31.12.1989 getroffenen Investitionsentscheidung erworben und hat weder er selbst, noch - im Fall es unentgeltlichen Erwerbs - sein Rechtsvorgänger den Betrieb zuvor selbst bewirtschaftet, so steht ihm das Verpächterwahlrecht nicht mehr zu.

Hat der Steuerpflichtige dagegen den Betrieb aufgrund einer vor dem 1.1.1990 getroffenen Investitionsentscheidung erworben, so darf er aus Gründen des Vertrauensschutzes auch ohne vorherige Eigenbewirtschaftung weiterhin den erworbenen Betrieb entsprechend der bisherigen Verwaltungsvorschrift des Abschnitts 139 Abs. 5 Satz 18 EStR als Betriebsvermögen behandeln. In diesem Fall ist der Steuerpflichtige auch für die nachfolgenden Besteuerungszeiträume an seine Entscheidung gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 15.3.1990, IV R 90/88, BStBl 1990 II S. 689). Dies bedeutet, daß die Wirtschaftsgüter des verpachteten Betriebs bis zu ihrer Veräußerung oder Entnahme bzw. bis zur Aufgabe des Betriebs als Betriebsvermögen zu behandeln sind. Entsprechendes gilt, wenn die Ausübung des Verpächterwahlrechts bereits in eine Steuerfestsetzung bzw. Gewinnfeststellung eingegangen ist.

Als Investitionsentscheidung für den Erwerb eines Betriebs ist auch die Veräußerung von Anlagegütern anzusehen, wenn sie nach §§ 6 b, 6 c EStG begünstigt ist und der zulässige Betrag insgesamt von den Anschaffungskosten der begünstigten Anlagegüter des erworbenen Betriebs abgezogen wird.

 

Normenkette

EStG § 6c

EStG § 6b

 

Fundstellen

BStBl 1990 , I, 770

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