Leitsatz (amtlich)

Die Gewinnbeteiligung eines stillen Gesellschafters an der stillen Gesellschaft ist kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustausches.

 

Normenkette

UStG 1951 § 1

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) hat mit ihrem Ehemann, der Alleininhaber der Firma ... ... war, am 1. Juli 1957 einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag geschlossen. Nach § 1 des Vertrages beteiligt sich die Steuerpflichtige an dem von ihrem Ehemann betriebenen Handelsgewerbe "als atypische stille Gesellschafterin, indem sie der Firma neben ihrer persönlichen Arbeitskraft eine Einlage von 20 000 DM ... zur Verfügung stellt". In § 5 des Vertrages sind die Gewinn- und Verlustbeteiligung und die Entnahmen wie folgt geregelt: "Vom jährlichen Reingewinn der Gesellschaft werden der stillen Gesellschafterin 33 1/3 % gutgeschrieben; an einem etwaigen Verlust ist sie ebenfalls mit 33 1/3 % beteiligt und wird im Verlustfalle mit ihrem Verlustanteil belastet. In Anrechnung auf ihren Gewinnanteil kann die stille Gesellschafterin monatlich neben den aus der stillen Beteiligung entstehenden Personensteuern bis zu 750 DM entnehmen." Die Geschäftsführung hat der Ehemann der Steuerpflichtigen; zur Vornahme von Handlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsverkehr hinausgehen, bedarf er jedoch der vorherigen Zustimmung der Steuerpflichtigen; diese hat Einzelprokura (§ 3 des Vertrages). Der Vertrag enthält ferner u. a. Vereinbarungen über die Dauer und Auflösung der Gesellschaft, die Auseinandersetzung, über das Geschäftsjahr und über die Aufstellung der Jahresbilanz.

Der Beklagte und Revisionskläger (FA) hat die Steuerpflichtige wegen der ihr in den Jahren 1962 bis 1965 zugeflossenen Gewinnanteile mit 4 v. H. zur Umsatzsteuer herangezogen. Es vertrat im Gegensatz zur Steuerpflichtigen die Auffassung, eine atypische stille Gesellschaft sei eine umsatzsteuerrechtlich unbeachtliche Innengesellschaft; an ihr könne es daher auch keine Gewinnbeteiligung geben.

Mit der Sprungklage hatte die Steuerpflichtige Erfolg. Das FG hob die Umsatzsteuerfestsetzung ersatzlos auf.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des FA, das im wesentlichen folgende Auffassung vertritt: An einer atypischen stillen Gesellschaft sei der stille Gesellschafter nicht gesellschaftsrechtlich beteiligt; deshalb könne ihm auch aus einer solchen kein Gewinn zufließen. Die Steuerpflichtige werde vielmehr gegenüber ihrem Ehemann unternehmerisch tätig. Gegen ihn habe sie schuldrechtliche Ansprüche. Der an sie gezahlte "Gewinn" sei Entgelt für ihre Mitarbeit und ihre Einlage. Die zu den sogenannten Meta-Verbindungen ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung gelte auch für den vorliegenden Fall.

Das FA beantragt,

das Urteil des FG aufzuheben.

Die Steuerpflichtige beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie teilt im wesentlichen die Ansicht des FG.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Mit Recht hat das FG die Umsatzsteuerpflicht der Steuerpflichtigen verneint.

Wenn das FA aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den sogenannten Meta-Verbindungen und insbesondere aus der Tatsache, daß eine nicht nach außen auftretende Gesellschaft nicht Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein kann, die Umsatzbesteuerung der Steuerpflichtigen ableiten will, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Die Rechtsprechung zu den sogenannten Meta-Verbindungen und anderen stillen Gesellschaften befaßt sich mit Sachverhalten, bei denen Waren- oder sonstige -Umsätze mit Dritten vorlagen und es um die Frage ging, wer der Unternehmer ist, der diese Umsätze ausgeführt und zu versteuern hat, da der Innengesellschaft mangels eines Auftretens nach außen die Unternehmereigenschaft fehlt.

Der Senat hat hierzu entschieden, daß in solchen Fällen eine Leistung des Innengesellschafters an die Innengesellschaft nicht vorliege, da diese nicht Unternehmer und daher umsatzsteuerrechtlich unbeachtlich sei, daß die Leistung vielmehr an den anderen Innengesellschafter ausgeführt werde, der an den (außenstehenden) Dritten leiste und daß schließlich die Erlösverteilung durch den nach außen leistenden Gesellschafter keine Gewinnausschüttung der Innengesellschaft, sondern Leistungsentgelt sei (Urteile des BFH V R 50/66 vom 3. Februar 1970, BFH 98, 518, BStBl II 1970, 477, und V 146/63 S vom 11. November 1965, BFH 84, 81, BStBl III 1966, 28). Der Senat hat jedoch in beiden Fällen darauf hingewiesen, daß diese Gesichtspunkte nicht in solchen Fällen gelten, in denen es auf die Qualifikation der Innengesellschaft als Unternehmer nicht ankomme. Das ist nach den genannten Urteilen dann der Fall, wenn die Innengesellschaft "das letzte Glied der Umsatzkette" (BFH-Entscheidung V R 50/66, a. a. O.) ist, da in diesem Fall auch ein Nichtunternehmer Leistungsempfänger sein könne. So aber liegen die Verhältnisse im vorliegenden Fall. Die von der Steuerpflichtigen der stillen Gesellschaft gegenüber erbrachten Leistungen (Kapitaleinlage und Zurverfügungstellung der Arbeitskraft) werden von dieser nicht weitergegeben. Sie ist also letztes Glied in der Liefer-(Leistungs-) Kette. Die stille Gesellschaft als solche ist daher im vorliegenden Fall trotz Fehlens der Unternehmereigenschaft Leistungsempfänger der von der Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen.

Unter diesen Umständen kommt es, wie der Senat in dem Urteil V R 132/67 vom 20. November 1970 (BFH 100, 426) erneut ausgeführt hat, allein darauf an, ob die Leistungen der Steuerpflichtigen durch Leistungsentgelt abgegolten werden (Leistungsaustausch im Sinne des § 1 UStG 1951) oder ob die Steuerpflichtige lediglich am Gewinn der stillen Gesellschaft beteiligt ist und daher eine Gegenleistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts nicht vorliegt. Die Beurteilung dieser Frage wiederum hängt grundsätzlich von den Vereinbarungen der Gesellschafter untereinander und deren tatsächlicher Durchführung ab.

Hiernach kann aber im vorliegenden Falle nicht zweifelhaft sein, daß die Steuerpflichtige lediglich am Gewinn (und Verlust) der Gesellschaft beteiligt werden sollte und worden ist. Das ergibt sich eindeutig aus der in § 5 des Gesellschaftsvertrages zwischen den Gesellschaftern getroffenen Regelung, deren tatsächliche Durchführung nicht streitig ist.

Soweit das FA die Auffassung vertritt, daß ohne eine gesellschaftsrechtliche Vermögensbeteiligung des Gesellschafters für diesen eine Gewinnbeteiligung ausgeschlossen sei, wird verkannt, daß gemäß § 335 HGB gerade für diesen Fall ausdrücklich eine Gewinnbeteiligung (und, falls nicht durch den Gesellschaftsvertrag ausdrücklich ausgeschlossen, auch eine Verlustbeteiligung) vorgesehen ist.

 

Fundstellen

BStBl II 1972, 922

BFHE 1973, 72

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