Leitsatz (amtlich)
1. Ein Pflegekindschaftsverhältnis kann auch zwischen Geschwistern bestehen, wenn die allgemein für die Anerkennung eines solchen Verhältnisses geforderten Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Der von Versorgungsbezügen nach § 19 Abs. 3 EStG 1974 steuerfrei bleibende Betrag (Versorgungsfreibetrag) gehört nicht zu den Bezügen eines Kindes, die bei Berechnung der Grenze von 7 200 DM nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 zu berücksichtigen sind.
Normenkette
EStG 1974 § 32 Abs. 2 Nr. 2 und zwar Buchst. a Doppelbuchst. aa, Abs. 2 letzter S. Nr. 3 Buchst. f., § 33a Abs. 1 S. 3; EstG 1974 § 33a Abs. 2 S. 3
Tatbestand
Im Lohnsteuerermäßigungsverfahren für 1974 lehnte es der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) ab, auf der Lohnsteuerkarte des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) einen Kinderfreibetrag und einen Freibetrag wegen auswärtiger Unterbringung für seinen fast 14 Jahre jüngeren, am 3. Juni 1955 geborenen Bruder einzutragen. Der Bruder ist seit dem 19. Oktober 1969 Vollwaise; seit dem 28. Oktober 1969 ist der Kläger Vormund seines Bruders. Die Vormundschaft erstreckt sich nicht nur auf die gesetzliche Vertretung und Vermögenssorge, sondern auch auf die Personensorge. Der Bruder besuchte im Streitjahr 1974 das Gymnasium und war in dem dortigen Internat untergebracht. Soweit er sich nicht im Internat aufhielt, lebte er im Haushalt des ledigen Klägers. Der Bruder bezog Waisengeld von monatlich 593,59 DM (= 572,69 DM netto) als Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 3 EStG 1974 und nach § 3 Nr. 6 EStG 1974 steuerfreie Hinterbliebenengrundrente nach dem Bundesverscrgungsgesetz (BVG) von monatlich 136 DM netto.
Das FA ließ es - auch in seiner ablehnenden Einspruchsentscheidung - dahingestellt, ob zwischen dem Kläger und seinem Bruder ein Pflegekindschaftsverhältnis vorlag. Es sah jedenfalls die Grenze von 7 200 DM für die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 als überschritten an, indem es bei der Überprüfung dieser Grenze den steuerfreien Teil der Versorgungsbezüge, den Weihnachtsfreibetrag und den Arbeitnehmerfreibetrag mitrechnete.
Auch die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG entschied zwar, daß ein Pflegekindschaftsverhältnis des Klägers zu seinem Bruder anzuerkennen sei. Es versagte den Kinderfreibetrag jedoch, weil auch nach seiner Auffassung die Grenze von 7 200 DM des § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 überschritten sei. Die Einkünfte des Bruders, die nach der Rechtsprechung des BFH im systematischen Zusammenhang des EStG zu sehen seien (Urteile vom 8. November 1972 VI R 257/71, BFHE 107, 436, BStBl II 1973, 143, VI R 24/72, BFHE 107, 441, BStBl II 1973, 145, VI R 8/71, BFHE 107, 444, BStBl II 1973, 142, und vom 10. November 1972 VI R 314/70, BFHE 107, 457, BStBl II 1973, 147), betrügen 4 883 DM (Waisengeld 7 716,67 DM abzüglich Versorgungsfreibetrag 1 929,17 DM, Weihnachtsfreibetrag 100 DM, Arbeitnehmerfreibetrag 240 DM). Dazu kämen die Bezüge, die im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt und geeignet seien, und zwar die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz von 1 632 DM sowie der Versorgungsfreibetrag von 1 929,17 DM. Eine Erhöhung des Grenzbetrages von 7 200 DM wegen der seit 1965 eingetretenen inflationären Entwicklung komme nicht in Betracht. Durch die Nichterhöhung sei das dem Einkommensteuerrecht zugrunde liegende Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht ausgehöhlt worden. Da hiernach kein Anspruch auf Gewährung eines Kinderfreibetrages bestehe, komme auch die Berücksichtigung eines Freibetrages wegen auswärtiger Unterbringung nicht in Betracht.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 32 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 und des § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1974. Er trägt u. a. vor: Die Auslegung des Begriffs "Bezüge" durch das FG stehe ebenso wie die Auslegung dieses Begriffs im Erlaß des BdF vom 19. November 1973 IV B 3 - S 2281 - 44/73 II (BStBl I 1973, 690) mit der Rechtsprechung des BFH nicht in Einklang. Der bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigende Versorgungsfreibetrag dürfe aus Gründen der Gleichbehandlung schon deshalb nicht als "Bezug" angesehen werden, weil bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit nur der "Gewinn" angesetzt werde, der unter Berücksichtigung von Abschreibungen jeglicher Art, von Rückstellungen und Teilwertabschreibungen usw. ermittelt werde und deshalb ebenfalls nicht das Spiegelbild dessen sei, was dem Kind zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehe.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und im Lohnsteuerermäßigungsverfahren 1974 den Kinderfreibetrag und den Freibetrag für auswärtige Unterbringung zu gewähren.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es vertritt die Auffassung, daß im Zusammenhang mit den sog. Gewinneinkünften Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 auch insoweit vorlägen, als Abschreibungen jeglicher Art, Rückstellungen, Teilwertabschreibungen usw. den für steuerliche Zwecke ermittelten Gewinn vorab gemindert hätten.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet.
Der Kläger hat ein Rechtsschutzinteresse an einer sachlichen Entscheidung, obwohl der Rechtsstreit um Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte geht, die sich bei der Lohnsteuereinbehaltung für das Streitjahr 1974 nicht mehr auswirken können. Der Senat hat im Urteil vom 8. November 1972 VI R 115/71 (BFHE 108, 92, BStBl II 1973, 223) ausgeführt, daß das FA die durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung im Lohnsteuerermäßigungsverfahren festgestellte rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts entweder in einem für das Streitjahr offenen Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren oder in einem aus dem Streitverfahren überzuleitenden Erstattungsverfahren zu berücksichtigen hat. Er hat ferner darauf hingewiesen, daß diese Erwägungen kraft der natürlichen Autorität eines im Lohnsteuerverfahren ergangenen Gerichtsurteils auch für das Veranlagungsverfahren gelten, obwohl die in einem Lohnsteuerverfahren getroffenen Entscheidungen für das Veranlagungsverfahren rechtlich nicht verbindlich sind. An dieser Beurteilung hält der Senat fest.
Die Vorinstanz hat zutreffend entschieden, daß zwischen dem Kläger und seinem Bruder ein Pflegekindschaftsverhältnis im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. f EStG 1974 besteht. Der Senat tritt der Auffassung des RFH im Urteil vom 1. Dezember 1938 IV 303/38 (RStBl 1939, 171), daß unter Geschwistern ein Pflegekindschaftsverhältnis nicht möglich sei, nicht bei. Schon im Urteil vom 24. April 1961 VI 297/60 U (BFHE 72, 695, BStBl III 1961, 254) hat der Senat es als zweifelhaft bezeichnet, ob es gerechtfertigt ist, Geschwister schlechter zu stellen als andere Verwandte oder Fremde, wenn das Obhuts- und Fürsorgeverhältnis zwischen Eltern und Kind durch den Tod der Eltern weggefallen ist und ein hinterlassenes Kleinkind nunmehr im Haushalt eines verheirateten Bruders wie ein eigenes Kind heranwächst. In diesem Urteil brauchte der Senat die Frage jedoch nicht zu entscheiden, weil ein Elternteil noch lebte und das Kind nur zu Ausbildungszwecken vorübergehend das Elternhaus verlassen hatte. Der Senat ist nunmehr der Auffassung, daß ein Pflegekindschaftsverhältnis zwischen Geschwistern unter den allgemein für die Anerkennung eines solchen Verhältnisses aufgestellten Voraussetzungen anzuerkennen ist. Ein Pflegekindschaftsverhältnis erfordert, wie der Große Senat des BFH im Beschluß vom 25. Januar 1971 GrS 6/70 (BFHE 101, 247, BStBl II 1971, 274) ausgeführt hat, einerseits, daß das Kind aus dem natürlichen oder rechtlich begründeten Obhuts- und Pflegeverhältnis zu seinen leiblichen Eltern ebenso wie zu nur rechtlichen Eltern (z. B. Adoptiveltern) ausgeschieden ist, und andererseits, daß zu den Pflegeeltern ein besonders enges familiäres Band besteht.
Im Streitfall besteht für den Bruder als Waise kein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu anderen Personen als dem Kläger. Es lebt, anders als im Falle des BFH-Urteils, VI 297/60 U, kein Elternteil mehr. Von dem Sachverhalt dieses Urteils unterscheidet sich der Streitfall außerdem dadurch, daß nicht nur ein vorübergehender Aufenthalt des Bruders im Haushalt des Klägers zu Ausbildungszwecken vorliegt. Auch ein besonders enges familiäres Band zwischen dem Kläger und seinem Bruder ist gegeben. Dieses Band muß, wie der Große Senat ausgeführt hat, den anderen im Gesetz genannten Kindschaftsverhältnissen (eheliche Kinder, eheliche Stiefkinder, für ehelich erklärte Kinder, Adoptivkinder und uneheliche Kinder im Verhältnis zur leiblichen Mutter) ähnlich sein, weil das Gesetz Pflegekinder in eine Reihe mit diesen Kindern stellt. Ein solches enges familiäres Band besteht zwischen dem Kläger und seinem Bruder dadurch, daß der Kläger rechtlich zum Vormund bestellt ist, daß ihm nicht nur die Vermögenssorge, sondern auch die Personensorge übertragen ist und daß er seinen Bruder in seinen Haushalt aufgenommen hat, soweit er sich nicht im Internat aufhält. Der Altersunterschied zwischen den Geschwistern, der fast 14 Jahre beträgt, schließt nicht wie im Falle des BFH-Urteils vom 4. April 1975 VI R 218/72 (BFHE 115, 477, BStBl II 1975, 636) ein Eltern-Kind-Verhältnis aus; in jenem Falle betrug der Altersunterschied lediglich 1 1/4 Jahre. Der Senat ist mit der Vorinstanz der Auffassung, daß die Annahme eines Pflegekindschaftsverhältnisses auch nicht daran scheitern kann, daß der Kläger ledig ist. Denn auch ein Lediger kann wie der Kläger im Streitfall einen eigenen selbständigen Haushalt führen, der Lebensmittelpunkt für Kinder sein kann. Allerdings muß, wenn zwei ledige Personen in demselben Haushalt leben, besonders sorgfältig geprüft werden, ob die Voraussetzungen für ein Pflegekindschaftsverhältnis vorliegen. Denn, wie der Senat bereits im Urteil VI R 218/72 hervorgehoben hat, kann nicht jedes Pflegeverhältnis zwischen zwei Personen zugleich auch ein Pflegekindschaftsverhältnis begründen. Derartige Zweifel bestehen indessen im Streitfall nicht.
Der am 3. Juni 1955 geborene Bruder hatte zu Beginn des Streitjahres das 18. Lebensjahr vollendet, so daß dem Kläger ein Kinderfreibetrag auf Antrag nach Maßgabe des § 32 Abs. 2 Nr. 2 EStG 1974 gewährt werden kann. Die Gewährung des Kinderfreibetrages scheitert nicht an der Vorschrift des § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974. Hiernach ist Voraussetzung für die Gewährung des Kinderfreibetrages, daß die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, im Veranlagungszeitraum nicht mehr als 7 200 DM betragen haben dürfen. Der Senat hat hierzu in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß zwischen "Einkünften" und "Bezügen" unterschieden werden muß (zuletzt Beschluß vom 20. Juni 1974 VI B 29/74, BFHE 113, 28, BStBl II 1974, 682). Danach sind Einkünfte im Sinne dieser Vorschrift die Einkünfte nach § 2 Abs. 4 EStG. Der Relativsatz "die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind" bezieht sich allein auf den Begriff Bezüge. Hieran hält der Senat fest.
Zutreffend hat die Vorinstanz die Einkünfte des Bruders des Klägers mit 4 883 DM errechnet (Waisengeld von 7 716,67 DM abzüglich Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 3 EStG 1974 von 1 929,17 DM abzüglich Weihnachtsfreibetrag nach § 3 Nr. 17 EStG 1974 von 100 DM abzüglich Arbeitnehmerfreibetrag nach § 19 Abs. 2 EStG 1974 von 240 DM abzüglich Werbungskostenpauschbetrag nach § 9 a EStG 1974 von 564 DM). Das FG hat auch zu Recht die steuerfreie Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz von 1 632 DM als "Bezüge" angesetzt. Der Senat vermag der Vorinstanz indessen nicht zu folgen, wenn sie bei der Errechnung der Bezüge auch noch den Versorgungsfreibetrag nach § 19 Abs. 3 EStG 1974 von 1 929,17 DM berücksichtigt hat. Im Urteil VI R 257/71 hat der Senat ausgeführt, unter "Bezügen" seien solche Einnahmen usw. zu verstehen, die nicht im Rahmen der einkommensteuerlichen Einkunftsermittlung erfaßt werden, also nichtsteuerbare oder im einzelnen (z. B. in den §§ 3 bis 3 b EStG 1974) für steuerfrei erklärte Einnahmen usw. Der Teil der Versorgungsbezüge, der nach § 19 Abs. 3 EStG 1974 steuerfrei bleibt (Versorgungsfreibetrag) wird aber in diesem Sinne im Rahmen der einkommensteuerlichen Einkunftsermittlung erfaßt. Entscheidend ist, daß Versorgungsbezüge dem Grunde nach zu den steuerpflichtigen Einnahmen gehören und daß der Versorgungsfreibetrag erst bei der Einkunftsermittlung berücksichtigt wird. Es obliegt der Entscheidung des Gesetzgebers, an welchem Punkte der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens er Freibeträge berücksichtigt wissen will. Erklärt der Gesetzgeber eine bestimmte Einnahme (wie z. B. Heirats- und Geburtsbeihilfen nach § 3 Nr. 15 EStG 1974, Reisekosten nach § 3 Nr. 13 und 16 EStG 1974 oder auch den Weihnachtsfreibetrag nach § 3 Nr. 17 EStG 1974) für steuerfrei, so scheiden diese Einnahmen bei der Einkunftsermittlung (§ 2 Abs. 4 i. V. z. B. mit § 19 EStG 1974) aus. Insoweit liegen dann im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 keine "Einkünfte" sondern "Bezüge" vor, bei denen zu prüfen ist, ob sie zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Der Versorgungsfreibetrag dagegen ist ebenso wie z. B. der Arbeitnehmerfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG 1974) erst bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen; dies ergibt sich eindeutig daraus, daß der Freibetrag im Zusammenhang mit der Einkunftsermittlung geregelt ist. Soweit sich aus dem Schreiben des BdF vom 19. November 1973 Gegenteiliges ergibt, tritt der Senat dem nicht bei. Schon aus dem Urteil des Senats VI R 257/71 ist erkennbar, daß der Senat auch im Falle der sog. Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 EStG 1974) keine Ausnahme für gerechtfertigt hält, soweit es sich etwa um Abschreibungen, Rückstellungen, Teilwertabschreibungen usw. handelt, die zulässigerweise den für steuerliche Zwecke ermittelten Gewinn gemindert haben. In diesem Urteil hat der Senat den Gewinn des Sohnes der Kläger aus einem ererbten Kommanditanteil voll als "Einkünfte" angerechnet, ohne Gewinnminderungen der bezeichneten Art zu berücksichtigen. Der Auffassung des FA, daß derartige Gewinnminderungen als "Bezüge" zu beurteilen seien, kann hiernach nicht beigetreten werden. Der Senat hat bereits im Urteil VI R 257/71 darauf hingewiesen, daß die steuerlichen Einkünfte grundsätzlich auch nicht zuungunsten des Kindes um bei der Einkunftsermittlung zu berücksichtigende Freibeträge, Pauschbeträge oder sonstige Steuervergünstigungen (z. B. Sonderabschreibungen) erhöht werden dürften. Diese Auslegung vermeidet eine Ungleichbehandlung zwischen Personen, die sog. Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 4 Nr. 1 EStG 1974) beziehen, und Personen mit sog. Überschußeinkünften (§ 2 Abs. 4 Nr. 2 EStG 1974). Im Streitfall wird die Grenze von 7 200 DM nach § 32 Abs. 2 Nr. 2 letzter Satz EStG 1974 hiernach durch die Einkünfte des Bruders von 4 883 DM zuzüglich Weihnachtsfreibetrag von 100 DM zuzüglich steuerfreie Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz von 1 632 DM nicht überschritten. Die Vorentscheidung, die von anderen Voraussetzungen ausgegangen ist, war deshalb aufzuheben.
Die Gewährung des Kinderfreibetrages hängt nunmehr im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, aa EStG 1974 davon ab, ob der Bruder überwiegend auf Kosten des Klägers unterhalten und für einen Beruf ausgebildet worden ist und ob diese Voraussetzungen im Jahr 1974 mindestens vier Monate erfüllt waren. Feststellungen hierzu hat das FG bisher - von seinem Standpunkt aus zu Recht - nicht getroffen. Die Sache ist nicht entscheidungsreif und muß deshalb an das FG zurückverwiesen werden, das den festzustellenden Sachverhalt unter Berücksichtigung der Grundsätze des Urteils des Senats vom 10. Januar 1964 VI 72/63 U (BFHE 79, 10, BStBl III 1964, 237) zu prüfen hat. Wegen der Prüfung, ob ein Freibetrag wegen auswärtiger Unterbringung nach § 33 a Abs. 2 Satz 3 EStG 1974 in Betracht kommt, verweist der Senat auf sein Urteil vom 7. Dezember 1976 VI R 7/76 (BFHE 121, 41, BStBl II 1977, 240).
Fundstellen
BStBl II 1977, 832 |
BFHE 1978, 380 |