Leitsatz (amtlich)

Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei der einem Nichtabhilfebeschluß beigefügten Begründung um eine (unzulässige) Auswechslung bzw. eine (die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids betreffende) wesentliche Ergänzung der bisherigen Begründung handelt (vgl. BFHE 119, 122), ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden.

 

Normenkette

FGO § 130

 

Gründe

Das FG hat den Nichtabhilfebeschluß mit einer Begründung versehen. Der Senat hat in seinem Beschluß vom 30. März 1976 VII B 105/75 (BFHE 119, 122, BStBl II 1976, 595) in einem solchen Falle den angefochtenen Beschluß aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Er hat ausgeführt, das FG müsse, wenn die ihm nach § 130 FGO obliegende Prüfung ergibt, daß die Beschwerde begründet und demnach die angefochtene Entscheidung zu Unrecht ergangen ist, es aber nunmehr diese Entscheidung aus einem neuen Gesichtspunkt für richtig hält, die mit Recht angefochtene Entscheidung aufheben und eine neue Sachentscheidung mit neuer Begründung erlassen. Nach dem diesem Beschluß zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das FG einen Aussetzungsantrag durch Beschluß abgelehnt und dies damit begründet, daß die Antragstellerin die den Antrag begründenden Tatsachen nicht dargelegt und nicht glaubhaft gemacht sowie auch die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht vorgelegt habe. Tatsächlich hatte aber die Antragstellerin diesen Erfordernissen bereits Genüge getan. Erst im Nichtabhilfebeschluß setzte sich das FG mit dem schriftsätzlichen Vorbringen der Antragstellerin auseinander. Der BFH hat in der Nichtberücksichtigung des im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung vorliegenden Schriftsatzes der Antragstellerin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gesehen, die das FG im Rahmen der Prüfung gemäß § 130 FGO hätte veranlassen müssen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und erneut in der Sache zu entscheiden.

Im Streitfalle liegen die Dinge aber anders. Die Beschwerdebegründung der Klägerin enthielt weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht neue Ausführungen oder wesentliche Ergänzungen des bisherigen Vortrags, welche die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hätten in Frage stellen können. Sie bot deshalb auch keinen Anlaß, eine auf neue Gesichtspunkte gestützte neue Sachentscheidung mit neuer Begründung zu erlassen. Das FG hat auch, soweit es überhaupt auf den Vortrag in der Beschwerdebegründung eingegangen ist, keine neuen Entscheidungsgründe nachgeschoben. Es hat in Absatz 2 der Gründe im wesentlichen die materiellen Ausführungen wiederholt, die es bereits im angefochtenen Beschluß gemacht hatte.

In Absatz 1 des Nichtabhilfebeschlusses hat das FG der neu vorgetragenen und vom HZA anerkannten Tatsache, daß die Herabsetzung der Mineralölsteuer auf einer einvernehmlichen Neuschätzung beruht (während es im angefochtenen Beschluß noch davon ausgegangen ist, daß die Herabsetzung der Mineralölsteuer nicht auf einer im Wege gegenseitigen Nachgebens erzielten Einigung beruht), zu Recht keine Bedeutung beigemessen. Denn für die Anwendung der Kostenregelung des § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO kommt es nicht darauf an, daß die teilweise Herabsetzung des nachgeforderten Steuerbetrages, ähnlich wie bei einem zivilrechtlichen Vergleich, im Wege des gegenseitigen einvernehmlichen Nachgebens erreicht worden ist. Die Beschwerdebegründung bot nach allem keinen Anlaß, die Beschwerde als begründet anzusehen und den angefochtenen Beschluß aufzuheben. Die Angabe von Gründen für die Nichtabhilfe, deren es nach allgemeiner Ansicht (vgl. z. B. Baumbach/Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 34. Aufl., § 571 Anm. 2; Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl., § 130 FGO Anm. 1) nicht bedurft hätte, stellt danach nicht eine neue Begründung, sondern lediglich eine Erläuterung der Nichtabhilfe dar.

 

Fundstellen

BStBl II 1977, 164

BFHE 1977, 460

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