Vollzug einer formunwirksamen Schenkung
Hintergrund
Der Vater (V) und die Mutter (M) des Sohnes (S) unterhielten ein Gemeinschaftskonto bei einer Bank, für das sie Einzelvollmacht hatten. V verstarb am 25.11.2003. Alleinerbin war M. M hatte unter dem 10.11.2003, also noch zu Lebzeiten des V, einen Überweisungsauftrag erstellt, das Guthaben des Gemeinschaftskontos auf ein Konto des S zu überweisen. Die Gutschrift erfolgte allerdings erst nach dem Tod des V am 9.1.2004. Zu entscheiden war, ob in der (vor dem Tod erteilten) Überweisung eine Schenkung des V und der M zu sehen ist, oder ob der Anteil des V an dem Gemeinschaftsguthaben zunächst auf M übergegangen ist und erst danach eine Schenkung allein der M an S vorliegt.
Das FA ging davon aus, 1/3 des Guthabens sei S bereits vor der Überweisung auf sein eigenes Konto zuzurechnen gewesen. Das restliche Guthaben habe ihm allein M mit der Gutschrift am 9.1.2004 zugewendet, da V zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben war und sein Vermögen, also auch dessen Anteil an dem Guthaben, bereits auf M übergegangen sei. Ein wirksames Schenkungsversprechen der Eltern gegenüber S habe es bis dahin nicht gegeben.
Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, eine Schenkung von Kontoguthaben sei erst mit der Gutschrift auf dem Konto des Beschenkten und nicht bereits mit dem Ausfüllen und Absenden des Überweisungsträgers ausgeführt. Mit der Absendung des Überweisungsauftrags durch M vor dem Tod des V habe die Verfügungsgewalt noch nicht bei S gelegen. Dagegen wandte S ein, er habe das Guthaben vor dem Ableben des V durch Schenkungen des V und der M erhalten.
Entscheidung
Ein Schenkungsversprechen ist nur bei notarieller Beurkundung gültig. Allerdings wird der Mangel der Form durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt (§ 518 BGB). Der Heilung eines formnichtigen Schenkungsversprechens steht nicht entgegen, wenn die Leistung erst nach dem Tode des Schenkers aus dessen Vermögen bewirkt wird. Insoweit ist von einer Zuwendung des verstorbenen Schenkers auszugehen. Dementsprechend ist auch der verstorbene Schenker (Erblasser) schenkungsteuerrechtlich Zuwendender, wenn er vor seinem Ableben ein formnichtiges Schenkungsversprechen abgegeben hat und dieses erst nach seinem Tod durch Bewirken der Leistung aus dem von ihm stammenden Vermögen geheilt wird.
Dementsprechend kann im Streitfall V (durch die Bevollmächtigte M) seinen Teil des Guthabens dem S zugewendet haben, soweit die von M veranlasste Umbuchung des Guthabens auf einem dem S gegenüber mündlich erklärten Schenkungsversprechen des V beruht und als Bewirken der von V versprochenen Leistung anzusehen ist.
Der BFH verwies die Sache an das FG zurück. Dieses muss noch prüfen, ob und in welcher Höhe V vor seinem Tod dem S die Übertragung des Guthabens versprochen hat. Ein Indiz dafür könnte das Ausfüllen und Absenden des Überweisungsträgers (10.11.2003) durch M an die Bank vor dem Tod des V (25.11.2003) sein. Das FG wird dazu die Zeugenaussage der M zu werten haben, sie habe den Überweisungsträger schon im September 2003 erstellt und vor dem Tod des V zusammen mit Überweisungsaufträgen an weitere Banken abgesandt. Bei der Würdigung wird das FG aber auch zu berücksichtigen haben, dass ein entsprechender Auftrag an eine andere Bank erst am 9.1.2004 und damit sechs Wochen nach dem Ableben des V bei der Bank eingegangen ist.
Hinweis
Der BFH bekräftigt den Grundsatz, dass es sich ausschließlich nach der Zivilrechtslage bestimmt, welche Personen als Zuwendende und Bedachte an einer freiwilligen Zuwendung beteiligt sind. Daher ist eine Schenkung des verstorbenen Schenkers anzunehmen, wenn er vor seinem Tod ein Schenkungsversprechen ohne die dafür erforderliche notarielle Beurkundung erteilt hat und die Schenkung erst nach seinem Tod ausgeführt wird. Das formnichtige Schenkungsversprechen wird nach seinem Ableben durch Bewirken der versprochenen Leistung aus seinem Vermögen vollzogen (§ 518 Abs. 2 BGB). Reicht das Vermögen des Erblassers zum Vollzug seines Schenkungsversprechens aus, ist mit der Bewirkung keine Schenkung des Erben (hier M) verbunden.
Ergänzend weist der BFH darauf hin, dass das FA die Feststellungslast für die Annahme einer freigebigen Zuwendung trägt. Demgegenüber trägt der Bedachte (S) die Feststellungslast für die Tatsachen, die der Annahme einer freigebigen Zuwendung entgegenstehe, also auch für solche Tatsachen, die belegen, dass Zuwendender nicht die vom FA angenommene Person ist. Macht ein Bedachter geltend, die Zuwendung stamme von dem Erblasser, der die Leistung mündlich versprochen habe, und nicht von dem Erben, der die Leistung bewirkt hat, trägt der Bedachte die Feststellungslast dafür, dass die zu seinen Gunsten erfolgte Vermögensmehrung auf einem Schenkungsversprechen des Erblassers und einer den Formmangel heilenden Leistungserbringung des Erben beruht.
BFH, Urteil v. 23.6.2015, II R 52/13, veröffentlicht am 9.9.2015
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