Ein trockenes Brötchen mit Kaffee ist kein Frühstück

Hintergrund: Kostenloses Angebot von unbelegten Backwaren und Heißgetränken
Die Backwaren (verschiedene Arten von Brötchen und Rosinenbrot, sog. Kroamstuten) und Automaten-Heißgetränke standen in der Kantine den ganzen Tag für Mitarbeiter, Kunden und Gäste des Arbeitgebers (eine AG, Software-Unternehmen) zum unentgeltlichen Verzehr zur Verfügung. Einen Belag (wie Butter, Konfitüre, Käse oder Aufschnitt) für die Backwaren stellte die AG nicht bereit. Die Arbeitnehmer hatten vormittags während der Arbeitszeit eine etwa halbstündige Pause zum Zweck der der Kommunikation der einzelnen Abteilungen. Die Mitarbeiter sollten miteinander und auch mit den Führungskräften ins Gespräch kommen und stellenübergreifende Problemlösungen finden.
Die AG ging davon aus, die Überlassung der Backwaren und Getränke stelle eine nicht steuerbare Aufmerksamkeit dar. Das FA vertrat dagegen die Auffassung, es handele sich um ein Frühstück, das mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern sei. Dem widersprach das FG und gab der Klage mit der Begründung statt, es handele sich zwar um einen Sachbezug, der jedoch aufgrund der Freigrenze von 44 EUR monatlich nach § 8 Ab. 2 Satz 11 (bis 2013: Satz 9) EStG steuerfrei bleibe.
Entscheidung: Trockene Backwaren mit Heißgetränk sind kein Frühstück, sondern nicht steuerbare Aufmerksamkeiten
Der BFH teilt die Auffassung der AG, dass die kostenlose Überlassung der Backwaren und Getränke zwar für die Arbeitnehmer einen Vorteil darstellt. Bei diesem handelt es sich jedoch nicht um Arbeitslohn, also nicht um die Gegenleistung – im weitesten Sinne – für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft, sondern um Ausgaben des Arbeitgebers, die mit Aufwendungen zur Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und zur Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen vergleichbar sind.
Der BFH hat schon bisher die unentgeltliche Abgabe von Getränken an Arbeitnehmer zum Verbrauch im Betrieb als nicht steuerbare Aufmerksamkeiten angesehen (z.B. BFH Urteil vom 21.03.1975 - VI R 94/72, BStBl II 1975, 486). Dem entspricht auch die Auffassung der Finanzverwaltung in Abschn. 19.6 Abs. 2 Satz 1 LStR. Danach gehören Getränkte und Genussmittel, die der Arbeitgeber den Arbeitnehmern zum Verzehr im Betrieb unentgeltlich oder teilentgeltlich überlässt, nicht zum Arbeitslohn.
Keine Mahlzeit i.S. der Sozialversicherungsentgeltverordnung
Bei den von der AG zur Verfügung gestellten Backwaren und Heißgetränken handelte es sich insbesondere nicht um eine Mahlzeit, wie sie ein Frühstück, Mittagessen oder Abendessen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 der Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) darstellt. Eine Mahlzeit führt grundsätzlich zu Arbeitslohn und ist nach § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG mit den monatlichen Werten des § 2 Abs. 1 SvEV zu bewerten (ab 2019: Frühstück 53 EUR, Mittagessen 99 EUR, Abendessen 99 EUR). Der BFH ist der Auffassung, dass ein Heißgetränk mit unbelegten Backwaren kein Frühstück darstellt.
Nach der Verkehrsanschauung muss für ein (einfachen) Frühstücks jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten. Die Art der Brötchen ist dabei ohne Bedeutung. Es würde im Massenfallrecht der LSt auch der Praktikabilität widersprechen, wollte man für die Anforderungen an ein Frühstück nach der Art der dargereichten Brötchen differenzieren.
Keine geänderte Verkehrsauffassung zum Begriff eines Frühstücks
Der BFH widerspricht auch der Auffassung des FA, aufgrund veränderter Essgewohnheiten könne schon ein Kaffee ("to go") und ein unterwegs verzehrtes unbelegtes Brötchen als Frühstück angesehen werden. Es handelt sich hierbei vielmehr um einzelne Lebensmittel, die erst durch Kombination mit weiteren Lebensmitteln (z.B. Butter, Aufschnitt, Käse, Marmelade) zu einem Frühstück werden.
Hinweis: Unterscheidung von Mahlzeit, Kost und Aufmerksamkeiten
Die Gestellung von Verpflegung im Betrieb ist unter folgenden Aspekten zu beurteilen:
- Handelt es sich um eine "Mahlzeit" (Frühstück, Mittagessen, Abendessen) ist der Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 6 EStG mit den Werten nach der SvEV anzusetzen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SvEV). Die 44-EUR-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG greift nicht ein.
- Ist der Vorteil nicht als Mahlzeit anzusehen, kann "Kost" i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG vorliegen. Der Sachbezug kann nur dann außer Ansatz bleiben, wenn die mit den üblichen Endpreisen bewerteten Vorteile nach Anrechnung der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte die 44-EUR-Grenze nicht übersteigen (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).
- Ist der Vorteil – wie im Streitfall - als bloße Aufmerksamkeit zu qualifizieren, gehört er nicht zum Arbeitslohn (Abschn. 19.6 Abs. 2 Satz 1 LStR). Das gilt jedenfalls dann, wenn die zugewandten Vorteile – wie im Streitfall – nur ein geringes Ausmaß erreichen. Für Speisen anlässlich eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes gilt eine Grenze von 60 EUR (Abschn. 19.6 Abs. 2 Satz 2 LStR).
Die Entscheidung ist zudem in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: Zum einen wurden im Streitfall neben Brötchen verschiedenster Art auch "Kroamstuten" gereicht. Was unter diesem Backerzeugnis zu verstehen ist, ergibt sich erst durch einen Blick in den Tatbestand des FG-Urteils. Es handelt sich um Schnitten, und zwar um Rosinenschnitten. Zum anderen wurden neben verschiedenen Brötchenarten auch "Käsebrötchen" und "Käse-Kürbis-Brötchen" angeboten. Der BFH hat leider nicht kundgetan, aus welchen Gründen im Teig verbackene Rosinen oder auf dem Teig aufgebackener Käse nicht einem Marmeladeaufstrich bzw. Käsebelag gleichgestellt werden kann. Was gilt wohl für "Berliner" oder Krapfen, bei denen die Marmelade in das Gebäck eingefüllt wird, also nicht als Belag auf das Gebäck aufgetragen wird?
BFH Urteil vom 03.07.2019 - VI R 36/17 (veröffentlicht am 19.09.2019)
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