Häusliches Arbeitszimmer für mehrere Nutzer
Hintergrund: Arbeitszimmer eines Lehrerehepaars
Die Eheleute sind beide Lehrer. Sie nutzten gemeinsam ein in ihrem Einfamilienhaus gelegenes Arbeitszimmer (Größe ca. 26 qm). Das Einfamilienhaus gehörte ihnen jeweils zur Hälfte. Die auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Kosten betrugen in den Streitjahren 2007/2008 jeweils ca. 2.800 EUR. Das FA berücksichtigte die Kosten für das Arbeitszimmer in beiden Jahren nur in Höhe des Höchstbetrags von 1.250 EUR und ordnete diesen Betrag den Eheleuten je zur Hälfte zu (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG). Das FG wies die dagegen gerichtete Klage mit der Begründung ab, der Höchstbetrag sei objektbezogen und nicht personenbezogen. Deshalb seien die abziehbaren Aufwendungen ungeachtet der Anzahl der nutzenden Personen auf den nur einmal zustehenden Höchstbetrag begrenzt.
Entscheidung: Personenbezogene statt objektbezogene Betrachtung
Im Streitfall lagen die Abzugsvoraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG bei beiden Eheleuten vor, da ihnen als Lehrer kein anderer Arbeitsplatz für ihre berufliche Tätigkeit zur Verfügung stand. In diesem Fall kann jeder der Nutzenden seine Kosten einkünftemindernd geltend machen. Für diese Auslegung spricht bereits der Wortlaut. Denn die Abzugsverbote für Betriebsausgaben in § 4 Abs. 5 EStG knüpfen an die Betriebsausgaben des einzelnen Steuerpflichtigen an, dessen Gewinn sie nicht mindern dürfen. Es ist daher personenbezogen auf die Ausgaben des einzelnen Steuerpflichtigen abzustellen und nicht auf das Objekt der Abzugsbeschränkung. Die Objektbezogenheit der Regelung betrifft nur die Frage, ob überhaupt ein häusliches Arbeitszimmer vorhanden ist. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Dem Gesetzeswortlaut ist nicht zu entnehmen, dass der Abzugsbetrag von 1.250 EUR nur bei alleiniger Nutzung des Arbeitszimmers in voller Höhe zustehen soll. Für diese Auslegung spricht auch die Gesetzessystematik. Denn der Grundsatz der Individualbesteuerung gilt auch im Rahmen der Zusammenveranlagung von Ehegatten. Außerdem wird die subjektbezogene Auslegung dem Sinn und Zweck des Gesetzes gerecht. Sie greift weniger in das objektive Nettoprinzip ein als ein objektbezogenes Normverständnis.
Eigener Arbeitsplatz für jeden Nutzer
Das hiervon abweichende FG-Urteil wurde aufgehoben. Der BFH wies die Sache an das FG zurück. Das FG muss noch feststellen, ob beiden Ehegatten in dem häuslichen Arbeitszimmer ein eigener Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Außerdem kommt, da die Ehefrau in 2008 nicht ganzjährig berufstätig war, ein Abzug der auf sie entfallenden Kosten für dieses Jahr nur unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Werbungskosten in Betracht.
Hinweis: Aufgabe der restriktiven Rechtsprechung
Der BFH hat bisher vertreten, der Höchstbetrag (1.250 EUR) könne nur einmal gewährt werden. Bei mehreren Nutzern sei der Höchstbetrag aufzuteilen und stehe jedem Nutzenden nur entsprechend seinem Nutzungsanteil zu (BFH-Urt. v. 20.11.2003, IV R 30/03, BStBl II 2004, 775, und v. 20.9.2009, IV R 21/08, BStBl II 2010, 337, ebenso BMF-Schreiben v. 2.3.2011, BStBl I 2011, 195, Rz. 21). An dieser Rechtsprechung hält der BFH nicht mehr fest. Die vom BFH nunmehr vertretene Auffassung deckt sich auch mit der Rechtsprechung, wonach der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der Raum (nahezu) ausschließlich betrieblich/beruflich genutzt wird (BFH v. 27.7.2015, GrS 1/14, BStBl II 2016, 265). Denn die betriebliche/berufliche Nutzung durch zwei Steuerpflichtige ist keine gemischte betriebliche/berufliche und private Nutzung, da die Mitbenutzung durch einen anderen in Bezug auf den Steuerpflichtigen keine Privatnutzung darstellt.
Ausstattung des Arbeitsplatzes
Der BFH betont, dass wegen des Erfordernisses der (nahezu) ausschließlich betrieblichen/beruflichen Nutzung dem jeweiligen Nutzer in dem Arbeitszimmer ein Arbeitsplatz in der Weise zur Verfügung stehen muss, dass er dort seine betriebliche/berufliche Tätigkeit tatsächlich so wie es nach Art und Umfang konkret erforderlich ist, verrichten kann. Das dürfte allerdings nicht so zu verstehen sein, dass stets zwei Schreibtische vorhanden sein müssten. Es muss genügen, dass jeder Nutzer in dem für ihn erforderlichen Umfang dort tätig sein kann. Das kann auch bei nur einem Arbeitsplatz der Fall sein, wenn z.B. zwei Nutzer bei zeitversetzter Tätigkeit an nur einem Schreibtisch abwechselnd arbeiten.
BFH, Urteil v. 15.12.2016, VI R 53/12, veröffentlicht am 22.2.2017
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