Ermäßigter Steuersatz für Hochzeits- und Trauerredner

Ein Trauer- oder Hochzeitsredner ist "ausübender Künstler", wenn seine Leistungen eine schöpferische Gestaltungshöhe erreichen.

Hintergrund

A hat evangelische Theologie studiert und hält Hochzeits-, Geburtstags-, Trennungs- und Trauerreden. Im Anschluss daran erhalten die Auftraggeber ein ausformuliertes Redemanuskript. A erklärte die Vortragsumsätze mit dem ermäßigten Steuersatz. Das FA erfasste sie dagegen mit dem Regelsteuersatz.

Die Klage des A vor dem FG blieb erfolglos. Das FG meinte, die Übertragung des Urheberrechts an der schriftlichen Redefassung falle nicht unter die Begünstigung für Urheberrechtsübertragungen (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG), da es sich nur um einen begleitenden, unselbständigen Bestandteil der Rede als Hauptbestandteil handele. Das Halten der Rede sei auch nicht als künstlerische Darbietung begünstigt, weil davon - wegen des Merkmals "Eintrittsberechtigung" in § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG - nur Leistungen für die Allgemeinheit erfasst würden. Außerdem sei die Gestaltungshöhe der schöpferischen Leistung des A zweifelhaft.

Entscheidung

Der BFH folgt dem FG darin, dass sich der ermäßigte Steuersatz nicht auf die Begünstigung für die Übertragung von Rechten, die sich aus dem Urheberrechtsgesetz ergeben, stützen lässt (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. c UStG). Der BFH hat diese Frage bereits entschieden und verweist dazu lediglich auf sein zu einem Trauerredner ergangenes Urteil v. 21.10.2009, V R 8/08 (BFH/NV 2010, 476). Danach ist die Übertragung des Urheberrechts bei der Überlassung des Redemanuskripts nicht Hauptzweck der Tätigkeit des A, sondern das Halten der Rede. Die Rechteübertragung ist Nebenleistung zu der Rede als Hauptleistung und teilt deren steuerliches Schicksal.

Entgegen der Auffassung des FG hält der BFH die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für künstlerische Darbietungen nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG für möglich. Die Anwendung der Regelung scheitert nicht - wie das FG meinte - bereits an einer fehlenden "Eintrittsberechtigung", d.h. an einem von den Teilnehmern zu entrichtenden Eintrittspreis für die von A begleiteten Feiern. Dieses Merkmal ("Eintrittsberechtigung") bezieht sich nur auf den ersten Halbsatz ("Theater, Konzerte und Museen"), nicht aber auf den zweiten Halbsatz ("Darbietungen ausübender Künstler"). Die Steuerermäßigung für A - sofern es sich um eine Tätigkeit als "ausübender Künstler" handelt - scheitert daher nicht an der fehlenden Eintrittsberechtigung der Teilnehmer. Die Art der Vergütung ist unerheblich. Nach dem Neutralitätsgrundsatz sind die Voraussetzungen auch erfüllt, wenn A sein Entgelt nicht von den Zuhörern oder Zuschauern, sondern von einem Veranstalter (Hochzeitspaar oder den Angehörigen) erhält.

Hiervon ausgehend hat das FG hat die Steuerermäßigung zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, die Reden richteten sich nicht an die Allgemeinheit, sondern an einen geschlossenen Personenkreis. Ein Ausschluss von Privatveranstaltungen lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut noch dem Unionsrecht entnehmen.

Die Steuerermäßigung für die Auftritte des A als Redner hängt somit allein davon ab, ob sie als Tätigkeit eines "ausübenden Künstlers" anzusehen sind. Diese Frage hat das FG - von seinem Standpunkt konsequent - offen gelassen und insoweit lediglich Zweifel geäußert. Der BFH hob daher das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Dieses wird Feststellungen zur Art und Weise der Tätigkeit des A nachholen.

Hinweis

Die Tatbestände des § 12 Abs. 2 UStG sind Ausnahmeregelungen vom Grundsatz des Regelsteuersatzes. Sie sind daher eng auszulegen. Das FG muss feststellen, ob eine freie eigenschöpferische Gestaltung vorliegt, die die besondere Gestaltungskraft des A zum Ausdruck bringt. Gegen eine künstlerische Tätigkeit würde sprechen, wenn A sich im Wesentlichen auf eine schablonenartige Wiederholung anhand eines Redegerüst beschränkt. Entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Auftritte. Wegen der gebotenen engen Auslegung ist jedenfalls eine gewisse Gestaltungshöhe erforderlich.

BFH, Urteil v. 3.12.2015, V R 61/14, veröffentlicht am 17.2.2016

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Schlagworte zum Thema:  Urheberrecht, Steuersatz, Umsatzsteuer