Einfuhrumsatzsteuer für wiederausgeführte Drittlandsware

Das FG Hamburg hat den EuGH in zwei Verfahren angerufen, in denen sich die Kläger gegen die Erhebung von Einfuhrumsatzsteuer wehren.

Kläger beider Verfahren sind Logistikdienstleister, die für ihre Auftraggeber Drittlandsware in der Union transportiert bzw. gelagert haben. In den Klageverfahren sind diese Drittlandswaren aus dem Gebiet der Union wiederausgeführt worden. Allerdings hatten die Kläger das externe gemeinschaftliche Versandverfahren nicht fristgerecht beendet bzw. den Warenabgang nicht rechtzeitig in ihrer Zolllagerbuchhaltung erfasst. Wegen dieser Pflichtverletzungen ist gegen sie gemäß Art. 204 Zollkodex Einfuhrzoll für die Waren festgesetzt worden.

Die Kläger wenden sich mit ihren Klagen dagegen, dass Sie neben dem Einfuhrzoll auch noch auf Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) in Anspruch genommen wurden. Weil nach bisher herrschender Ansicht Logistikdienstleister die EUSt, die ihnen für Gegenstände ihrer Kunden in Rechnung gestellt werden, mangels eigener Verfügungsmacht über die Gegenstände nicht als Vorsteuer abziehen dürfen, sehen sich die Kläger insoweit übermäßig belastet. Je nach Warenwert können beim Dienstleister auf diese Weise Einfuhrabgaben in zigfacher Höhe des Wertes der von ihm erbrachten Dienstleistung entstehen und unmittelbar existenzbedrohend wirken.

Der 4. Senat hat seine Zweifel an der Richtigkeit der EUSt-Erhebung in solchen Fällen zum Anlass für jeweils ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH genommen. Das anzuwendende Umsatzsteuergesetz, mit dem europäisches Richtlinienrecht – die Mehrwertsteuersystemrichtlinie bzw. ihr Vorläufer, die sog. Sechste Richtlinie – umgesetzt wird, ordnet für die EUSt schlicht eine sinngemäße Anwendung der zollrechtlichen Vorschriften an. Der 4. Senat sieht durch die Inanspruchnahme der Kläger das Neutralitätsprinzip und damit ein konstitutives Merkmal des europäischen Mehrwertsteuerrechts in Gefahr. Mit dem Recht auf Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Sollte der Logistikdienstleister mangels eigener Verfügungsbefugnis jedoch nicht wie ein Einführer für die EUSt vorsteuerberechtigt sein, sei fraglich, ob er Schuldner der EUSt sein könne. Im Vergleichsfall einer innereuropäischen Lieferung sei Umsatzsteuerschuldner auch nur der über den Liefergegenstand verfügende Lieferant, nicht aber der von ihm eingeschaltete Fuhrunternehmer oder Lagerhalter.

FG Hamburg, Beschlüsse v. 18.2.2014, 4 K 130/12 und 4 K 150/12; Az. des EuGH C- 228/14 und C-226/14. 

FG Hamburg, Newsletter v. 1.7.2014
Schlagworte zum Thema:  Einfuhrumsatzsteuer, Logistik