BFH Kommentierung: Anrechnung der GewSt auf die ESt

Die Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags ist betriebsbezogen zu ermitteln.

Hintergrund: Mehrstöckige Mitunternehmerschaft

Der BFH hatte über die im Schrifttum umstrittene Frage zu entscheiden, ob bei der Begrenzung des Steuerermäßigungsbetrags nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG eine betriebsbezogene oder unternehmerbezogene Auslegung zutreffend ist.  

X war im Streitjahr 2008 mittelbar an mehreren Personengesellschaften beteiligt. Er war alleiniger Kommanditist der A KG. Diese war zu 65 % als Kommanditistin an der B KG beteiligt. Die B war Kommanditistin der C KG. Sowohl B als auch C hatten GewSt zu zahlen. Das FA berechnete die Steuerermäßigung nach § 35 EStG in der Weise, dass es die Begrenzung nach § 35 Abs. 1 Satz 5 EStG für jede der beiden Gesellschaften gesondert vornahm. X war dagegen der Auffassung, die Begrenzung sei nicht getrennt für jeden Betrieb, sondern auf der Ebene des Mitunternehmers zu berechnen.

Das FG bestätigte die Auffassung des FA. Es geht ebenfalls von der betriebsbezogenen Auslegung aus und wies die Klage ab.

Entscheidung: BFH vertritt betriebsbezogene Auslegung

Der BFH schließt sich mit dem FA und dem FG der betriebsbezogenen Betrachtungsweise an. Davon geht auch die Finanzverwaltung aus (BMF v. 24.2.2009 i. d. F. v. 3.11.2016, BStBl I 2016, 1187, Rzn. 9, 25). Zwar lässt sich dem Gesetzeswortlaut kein Hinweis auf eine bestimmte Methode entnehmen. Jedoch verlangt die Gesetzessystematik die betriebsbezogene Betrachtung. Wenn auch in § 35 EStG betriebsbezogene und personenbezogene Elemente zusammentreffen, so prägen doch die betriebsbezogenen Elemente den Charakter der Vorschrift. Das gilt auch für mehrstöckige Beteiligungen. Ein Grund, insoweit zu differenzieren, besteht nicht. Auch die verfahrensrechtliche Einbeziehung mehrerer GewSt-Messbeträge in eine einheitliche Feststellung (§ 35 Abs. 2 Satz 5 EStG) zwingt unabhängig von ihrer Gestaltung nicht zu einer materiell-rechtlichen Verschmelzung der einbezogenen Beträge. Die betriebsbezogene Grundstruktur wird auch durch die Gesetzgebungshistorie bestätigt. Schließlich vermeidet die betriebsbezogene Auslegung einkommensteuerliche Belastungsdifferenzen, die auf Umständen allein in der Person des Steuerpflichtigen beruhen. Denn § 35 EStG will nicht den Gewerbetreibenden, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb entlasten. Dem entspricht auch der Objektsteuercharakter der GewSt.

Für mehrstöckige Gesellschaften (Mitunternehmerschaften) bestimmt § 35 Abs. 2 Satz 5 EStG, dass bei der Feststellung nach Satz 1 anteilige GewSt-Messbeträge, die aus einer Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammen, einzubeziehen sind. Es sind sämtliche bei den Gesellschaften festgestellten Messbeträge beim "Schlussgesellschafter" anteilig zu berücksichtigen. Der GewSt-Messbetrag i. S. d. § 35 Abs. 2 EStG ist mithin zusammengefasst als einheitlicher Betrag festzustellen, auch wenn er aus verschiedenen Untergesellschaften gespeist wird.

Hinweis: Vermeidung von Ungleichbehandlungen

Wird die "tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer" auf den einzelnen Betrieb bezogen, ist der Ermäßigungsbetrag für jeden Betrieb getrennt zu ermitteln und entweder durch das 3,8-fache des jeweiligen Gewerbesteuer-Messbetrags oder bei niedrigeren Hebesätzen durch die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer begrenzt. Treffen in der Hand eines Steuerpflichtigen Betriebe bzw. Beteiligungen mit Sitz in Niedrighebesatz- und Hochhebesatzgemeinden zusammen, bleibt es für Niedrighebesatzgemeinden bei der Abziehbarkeit der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer. Für Hochhebesatzgemeinden ist die Differenz zwischen dem 3,8-fachen des Gewerbesteuer-Messbetrags und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer für die Steuerermäßigung nach § 35 EStG verloren.

Wird die "tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer" dagegen auf den Steuerpflichtigen bezogen (unternehmerbezogene Auslegung), ist der Höchstbetrag für alle Betriebe oder Mitunternehmeranteile des Steuerpflichtigen gemeinsam zu ermitteln. Die Addition der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer in Niedrighebesatz- und Hochhebesatzgemeinden kann Verrechnungsvolumen schaffen, das ggf. eine Entlastung bis hin zum 3,8-fachen aller Gewerbesteuer-Messbeträge erlaubt. Dadurch entstünden sowohl für die Einkünfte, um die es geht, als auch für den Steuerpflichtigen Ungleichbehandlungen, für die gemessen am Gesetzeszweck keine innere Rechtfertigung zu erkennen ist.

BFH, Urteil v. 30.3.2017, X R 12/15, veröffentlicht am 6.9.2017.