Ausgewählter Literaturhinweis:

Zauner/Berg, Die Zuständigkeitsregelung des § 35 Abs. 3 ErbStG n. F., ZEV 2009, 63.

1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 35 ErbStG regelt, welches FA für die Besteuerung des Erb- oder Schenkungsfalles zuständig ist.

Aus Sicht des Erben, des Beschenkten oder des Schenkers mag dies – abgesehen vom Beginn der Festsetzungsfrist gem. § 170 AO mit Eingang der Anzeige (s. § 30 Rn. 92) beim zuständigen FA – unerheblich sein. Jedoch gilt dies nicht für die FinVerw, da die Steuereinnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer dem jeweiligen Bundesland zustehen (Art. 106 Abs. 2 GG).

§ 35 ErbStG ergänzt nun die Zuständigkeitsvorschriften der Abgabenordnung (§§ 19 Abs. 1, 20, 25 AO) um die speziellen Verhältnisse des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts (z. B. Erbfall mit mehreren beteiligten Erwerbern und damit potenziellen Steuerschuldnern).

 

Rz. 2

Sofern eine örtlich unzuständige FinBeh tätig wird, ist der Bescheid nur rechtswidrig, jedoch nicht nichtig. Eine Aufhebung kann verlangt werden, wenn das zuständige FA in der Sache eine andere Entscheidung hätte treffen können, was allerdings nur bei Ermessensentscheidungen, nicht aber bei gebundenen Entscheidungen wie Steuerbescheiden der Fall ist (s. AEAO zu § 127 Nr. 2).

 

Rz. 3–5

vorläufig frei

2 Die einzelnen Zuständigkeitsregelungen

2.1 Erwerb von einem inländischen Erblasser oder Schenker (§ 35 Abs. 1 ErbStG)

 

Rz. 6

Grundprinzip der Zuständigkeitsregelung des Abs. 1 ist die Anknüpfung an den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt (§§ 8, 9 AO) des Erblassers bzw. Schenkers zum Besteuerungszeitpunkt.

Befindet sich dieser zur Zeit des Todes bzw. bei Ausführung der Schenkung im Inland, ist entsprechend § 2 ErbStG die unbeschränkte Steuerpflicht gegeben und zugleich kann das örtlich zuständige FA anhand des inländischen Wohnsitzes bzw. des gewöhnlichen Aufenthalts bestimmt werden. Sind mehrere Wohnsitze vorhanden, entscheidet der überwiegende Aufenthalt des EL bzw. Schenkers über die Zuständigkeit.

 

Rz. 7

Ohne Bedeutung ist der Wohnsitz/gewöhnliche Aufenthalt des Erben bzw. Beschenkten, was vor allem bei mehreren Erwerbern der Verwaltungsvereinfachung dient. Möglicherweise nicht im Zuständigkeitsbereich des FA liegendes Vermögen entgeht der FinVerw trotz der Zuständigkeitszentralisierung selten. So sollen sich z. B. die Finanzämter bei Übergang von Grundbesitz durch Erbfolge gegenseitig unterrichten (s. FinMin Baden-Württemberg vom 11.05.2004, ZEV 2004, 505).

 

Rz. 8

Fraglich ist die Zuständigkeit in Fällen von Nacherbschaften (s. § 6), wo der Nacherbe das übergehende Vermögen nicht vom ursprünglichen EL, sondern als vom Vorerben zu versteuern hat. Sinnvoll erscheint hier die Weiterführung der Zuständigkeit des FA des ersten Erbfalls (EL auf Vorerbe) zu sein, zumindest, wenn kein Vermögen des Vorerben mitübergeht (s. M/W, § 35 Rn. 3a). Andernfalls dürfte das FA des Vorerben maßgeblich sein.

Für die Fälle der erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht bei Wegzug ins Ausland (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG) verbleibt es ebenfalls bei einer Zuständigkeit nach dem letzten inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des EL oder Schenkers. Das FG München hatte mit Urteil vom 03.07.2019, EFG 2020, 684 diese Steuerpflicht als mit dem Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar angesehen. Der Ausgang des Revisionsverfahrens beim BFH unter dem Az. II R 5/20 bleibt abzuwarten.

 

Rz. 9–10

vorläufig frei

2.2 Erwerb durch eine inländische Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse (§ 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ErbStG)

 

Rz. 11

Ist bei einer Schenkung oder einer Zweckzuwendung unter Lebenden der Erwerber eine (inländische) Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, greift die Sonderzuständigkeitsregelung des § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ein. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich dann nach den Verhältnissen des Erwerbers zur Zeit des Erwerbs. Entsprechend § 20 AO nach dem Ort der Geschäftsleitung bzw. des Betriebssitzes.

 

Rz. 12–13

vorläufig frei

2.3 Erwerb von einem ausländischen Erblasser oder Schenker (§ 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ErbStG)

 

Rz. 14

Ist bei einem Erbfall oder bei einer Schenkung zum Zeitpunkt des Todes bzw. der Ausführung der Zuwendung kein inländischer Erblasser oder Schenker vorhanden, greift die Zuständigkeitsregelung des Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ein. Dann bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach den Verhältnissen (d. h. nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt) des Erwerbers bzw. bei Zweckzuwendungen nach den Verhältnissen des Beschwerten zum Zeitpunkt des Erwerbs.

Sind bei einem Erbfall mehrere inländische Erwerber aus unterschiedlichen FA-Bezirken beteiligt (z. B. eine Erbengemeinschaft), ist das FA zuständig, das sich zuerst mit dem Erbfall befasst hat. Um hier Differenzen zwischen den einzelnen Bundesländern aufgrund der Steuerertragshoheit der Länder zu vermeiden, kann die FinVerw mit Zustimmung des Steuerpflichtigen jedoch auch eine hiervon abweichende Vereinbarung treffen (§ 27 AO).

 

Rz. 15–16

vorläufig frei

2.4 Erwerbe von einer Erbengemeinschaft (§ 35 Abs. 3 ErbStG)

 

Rz. 17

Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 ErbStG ist bei Schenkungen und Zweckzuwendungen unter Lebenden von einer Erbengemeinschaft das FA zuständig, das für die Bearbeitung des die Erbengemeinschaft überhaupt erst begründenden Erwerbs zuständig ist oder wäre. Dabei wird aus Zweckmäßigkeitsgründen das FA mit der Aufgabe betraut, welches sowieso schon über Kenntnisse im Zusammenhang mit dem Erwerb d...

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