Richtlinien:

R B 180 ErbStR.

Hinweise:

H B 180 ErbStH.

1 Begriff (§ 180 Abs. 1 Satz 1 BewG)

1.1 Gebäude

 

Rz. 1

Bebaute Grundstücke sind Grundstücke, auf denen sich benutzbare Gebäude befinden (§ 180 Abs. 1 Satz 1 BewG). Die Abgrenzung zwischen bebauten und unbebauten Grundstücken bestimmt sich nach der tatsächlichen Zumutbarkeit der bestimmungsgemäßen Gebäudenutzung zum Bewertungsstichtag.

Grundstücke im Zustand der Bebauung erfahren eine eigene Bewertung nach § 196 BewG.

 

Rz. 2

Bebaute Grundstücke erfordern zunächst ein vorhandenes Gebäude. Für die bewertungsrechtliche Einordnung eines Bauwerks als Gebäude ist entscheidend, ob es alle Merkmale eines Gebäudes aufweist. Ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen:

  • wenn es Menschen oder Sachen durch räumliche Umschließung Schutz gegen Witterungseinflüsse gewährt,
  • den Aufenthalt von Menschen gestattet,
  • fest mit dem Grund und Boden verbunden,
  • von einiger Beständigkeit und
  • ausreichend standfest ist.

So stellen bspw. Wohngebäude, Fabrikhallen, Lagerhallen, Scheunen (dazu RFH vom 07.11.1940, RStBl 1941, 206) unstreitig Gebäude in diesem Sinne dar.

In einem umfangreichen Erlass hat die FinVerw insb. zur Abgrenzung eines Gebäudes von den BVO Stellung genommen (BVO-Abgrenzungserlass vom 05.06.2013, BStBl I 2013, 734). In Anlage 1 des BVO-Abgrenzungserlasses werden in einer alphabetischen Übersicht zahlreiche Einzelfälle aufgelistet. Bei diesen wird – auch unter Berücksichtigung der BFH-Rechtsprechung – entschieden, ob es sich um ein Gebäude oder um eine BVO handelt, z. B.:

  • Auto-Waschboxen = Gebäude.
  • Blockheizkraftwerk, das der Wärmegewinnung und Wasserversorgung eines Gebäudes dient = Gebäude.
  • Container bei fester Verbindung mit dem Grund und Boden oder bei individueller Zweckbestimmtheit zur dauernden Nutzung, z. B. Büro-, Wohn-, Hotelcontainer = Gebäude (BFH vom 25.04.1996, BStBl II 1996, 613).
  • Container ohne feste Verbindung mit dem Grund und Boden, z. B. Baustellencontainer = BVO (BFH vom 18.06.1986, BStBl II 1986, 787).
  • Garagen (Fertiggaragen mit vorgefertigter Bodenplatte oder Tiefgaragen) = Gebäude.
  • Kraftfahrzeug-Tower mit selbsttragender Stahl-Glas-Konstruktion = Gebäude.
  • Musterhäuser = Gebäude (BFH vom 23.09.2008, BStBl II 2009, 986).
  • Ställe = Gebäude.
  • Windkraftanlagen (Türme) = Gebäude (BFH vom 25.01.2012, BStBl II 2012, 403).

Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der Kommentierung zu § 176 BewG (s. § 176 BewG Rn. 19 ff.).

 

Rz. 3

vorläufig frei

1.2 Benutzbarkeit

 

Rz. 4

Die Benutzbarkeit beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Gebäude sind als bezugsfertig anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern nach objektiven Merkmalen zugemutet werden kann, die Wohnungen oder Räume zu benutzen; die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht entscheidend (§ 178 Abs. 1 Satz 2 und 3 BewG). Das Gebäude ist demnach bezugsfertig, wenn es fertiggestellt ist und es seiner Zweckbestimmung entsprechend genutzt werden kann. Zum Bewertungsstichtag müssen alle wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sein. So ist z. B. ein Gebäude noch nicht fertiggestellt, wenn Türen, Böden und der Innenputz noch fehlen. Geringfügige Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt werden (z. B. Malerarbeiten, Verlegen des Bodenbelags), schließen die Bezugsfertigkeit nicht aus. Ist das Gebäude zum Bewertungsstichtag bezogen, begründet dies die widerlegbare Vermutung der Bezugsfertigkeit.

 

Rz. 5

Bei der Entscheidung, ob ein Gebäude bezugsfertig ist, ist auf das ganze Gebäude und nicht auf einzelne Wohnungen oder Räume abzustellen (Betrachtung der wirtschaftlichen Einheit). Sind z. B. Wohnungen im Erdgeschoss vor dem Bewertungsstichtag, die übrigen Wohnungen jedoch erst danach bezugsfertig geworden, ist das Gebäude als nicht bezugsfertig anzusehen und nach § 196 BewG zu bewerten. Dies ist z. B. auch der Fall, wenn bei einem Bürogebäude mehrere Geschosse bereits bezugsfertig sind und bei anderen noch der vollständige Innenausbau fehlt. Wird ein Gebäude hingegen nur zum Teil fertiggestellt und der Innenausbau nach den Wünschen der künftigen Nutzer zurückgestellt, ist das Gebäude insgesamt als bezugsfertig anzusehen und als bebautes Grundstück zu bewerten (s. a. BFH vom 18.04.2012, BStBl II 2012, 874, zur Bezugsfertigkeit eines zur Vermietung vorgesehenen Bürogebäudes).

 

Rz. 6

Ein Grundstück, auf dem sich leer stehende, aber benutzbare Gebäude befinden, ist nicht allein deshalb als unbebautes Grundstück zu bewerten, weil zum Bewertungsstichtag eine Nutzung aus dem formalen Grund einer fehlenden Genehmigung oder aus bauplanungsrechtlichen Gründen nicht zulässig gewesen wäre (BFH vom 18.12.2002, BStBl II 2003, 228).

 

Rz. 7–8

vorläufig frei

2 Errichtung in Bauabschnitten (§ 180 Abs. 1 Satz 2 BewG)

 

Rz. 9

Wird ein Gebäude in Bauabschnitten errichtet, ist der fertiggestellte Teil als benutzbares Gebäude anzusehen. Bei Errichtung eines Gebäudes in Bauabschnitten ist die Entscheidung, ob ein bezugsfertiges Gebäude anzunehmen ist, nach der Verkehrsanschauung zu treffen. Eine solche Art der Errichtung ist gegeben, wenn ein Gebäude nicht in einem Zuge in planmäßig vorgesehenem Umfang bzw. i. R.d. behördliche...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel). Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge